Es muß nicht immer Kaviar sein
Angehörige der ärmeren Bevölkerungsschichten handelte. In Chören stießen diese Personen Schmährufe gegen England aus. Es wurden 4 (vier) Fensterscheiben eingeworfen und 3 (drei) Blumenkästen zur ebenen Erde abgerissen. Im Auftrage Seiner Exzellenz des Herrn Britischen Botschafters war der Herr Handelsattaché auf die Straße geeilt, um die Demonstranten zur Rede zu stellen.
Bei meinem Eintreffen teilte mir der Herr Britische Handelsattaché außerordentlich erregt mit: »Die Männer geben zu, daß sie von deutschen Agenten für diesen Aufruhr bezahlt wurden.«
Während der größte Teil der Demonstranten vor einer blitzschnell eingreifenden Abteilung der Polizei die Flucht ergriff, gelang es uns, drei Personen festzunehmen mit Namen: Luis Tamiro, Juan Mereira und Manuel Passos.
Die Festgenommenen wiederholten vor mir die Behauptung, sie wären von deutschen Agenten bezahlt worden. Sie nannten die Namen dieser Agenten: 1. Helmut Löffler 2. Thomas Weise 3. Jakob Hart. Alle drei wohnhaft im ›Palace-Hotel‹.
Der Herr Britische Handelsattaché bestand auf einer sofortigen Untersuchung und kündigte einen diplomatischen Protest seiner Regierung an.
Von meiner Dienststelle immer wieder angewiesen, auf strikteste Neutralität unseres Landes zu achten, begab ich mich darum sofort ins ›Palace-Hotel‹ und nahm die oben genannten drei deutschen Touristen fest, die bei der Festnahme Widerstand leisteten und zuletzt gefesselt abgeführt werden mußten.
Die drei Deutschen bestritten beim Verhör empört, die Demonstranten finanziert zu haben. Eine Gegenüberstellung mit den drei Demonstranten verlief ergebnislos, woraufhin ich die Demonstranten entließ. Eine Anzeige wegen öffentlicher Ruhestörung läuft.
Unser Geheimdienst kennt die drei Deutschen. Es handelt sich bei ihnen tatsächlich um Agenten der Deutschen Abwehr, und ihnen ist eine Aktion wie die behauptete natürlich zuzutrauen.
Die drei Deutschen werden noch bei mir festgehalten. Ich bitte um schnellste Entscheidung darüber, was mit ihnen geschehen soll, denn der Herr Britische Handelsattaché erkundigt sich stündlich telefonisch nach meinen Maßnahmen.
gez.: Filippo Aliados, Kommissar
12
Eine deutsche Faust schlug krachend auf einen deutschen Eichenholzschreibtisch. Der Schreibtisch stand im Zimmer eines Hauses am Tirpitzufer in Berlin. Die Faust gehörte dem Admiral Canaris. Er stand hinter dem Schreibtisch. Vor dem Schreibtisch stand der gallenleidende Major Fritz Loos aus Köln.
Das Gesicht des Majors war sehr bleich. Das Gesicht des Admirals war sehr rot. Der Major war sehr still. Der Admiral war sehr laut:
»Jetzt reicht es mir aber, Herr Major! Drei unserer Leute aus Spanien ausgewiesen! Protest der britischen Regierung! Die Feindpresse hat ihr Fressen. Und Ihr feiner Herr Lieven lacht sich in Lissabon einen Ast!«
»Herr Admiral, ich verstehe wirklich nicht, was dieser Kerl schon wieder damit zu tun hat!«
Canaris sagte bitter: »Während unsere Leute in Madrid stundenlang festgehalten wurden, verließ Major Débras das Land. Ohne Zweifel mit einem falschen Paß. Wohlbehalten traf er in Lissabon ein. Und wissen Sie, wen er im Speisesaal von Estoril öffentlich umarmte und auf die Wange küßte? Ihren Freund Lieven! Und wissen Sie, mit wem er danach ein gewaltiges Dinner verzehrte? Mit Ihrem Freund Lieven!«
»Nein … O Gott, nein … Das kann nicht sein!«
»Es ist so. Unsere Leute haben die rührende Wiedersehensszene beobachtet. Was konnten sie tun? Nichts!«
Major Loos verspürte ein furchtbares Ziehen und Brennen im Leib. Natürlich meine Galle, dachte er verzweifelt. Dieser Hund, dieser elende Hund von einem Thomas Lieven! Warum habe ich ihn damals in Köln bloß aus dem Gestapo-Gefängnis geholt?
»Herr Major, wissen Sie, wie man Sie bereits nennt? Den ›Pannen-Loos‹!«
»Herr Admiral, pardon, das finde ich sehr ungerecht.«
»Ungerecht? Wenn Sie dem Kerl 10 000 Dollar für Listen mit den Namen der wichtigsten französischen Geheimagenten bezahlen – und wir feststellen dürfen, daß es sich um lauter Tote handelt? Sie hatten den Auftrag, den Mann mitzubringen!«
»Portugal ist ein neutrales Land, Herr Admiral …«
»Das ist egal! Mir reicht es jetzt! Ich will diesen Herrn Lieven hier sehen! In diesem Zimmer! Und lebendig! Verstanden?«
»Jawohl, Herr Admiral.«
13
6. September 1940, 18 Uhr 47.
Die Funküberwachung des »Secret Service« meldet an ihren Chef M 15 London:
Seit 15 Uhr 15 äußerst
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