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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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sich hatte. Es besagte, daß es da etwas gab, das sie mir
verschwieg.
    »Was ist?« fragte ich.
    »Was soll denn sein?« sagte sie unaufrichtig.
    »Warum lächelst du so merkwürdig?« sagte ich.
    »Alles zu seiner Zeit. Du bist immer so
ungeduldig.«
    Um zu demonstrieren, daß dem nicht so war, sagte
ich die nächsten paar Minuten überhaupt nichts, aber schließlich hielt ich die
Spannung nicht mehr aus und flehte: »Nun komm schon, Mama, erzähl’s mir...«
    »Nein«, sagte sie bestimmt. »Wir werden es dir
zusammen erzählen. Reg macht gerade ein Nickerchen. Es gibt ein kaltes
Abendessen, also laß uns warten, bis er wach wird.«
     
    »Ihr wollt was ?« Ich war so überrascht,
daß mir das Stück Seebrasse, das ich gerade in den Mund gesteckt hatte, in die
Luftröhre rutschte und ich zu husten begann.
    Reg sprang auf und klopfte mir ein paarmal auf
den Rücken. Mutter eilte in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen.
    »Dabei hab’ ich ganz gründlich mit der
Pinzette...« sagte sie.
    »Was?« fragte ich schon wieder ruhiger.
    »Die Gräten rausgezogen. Ich weiß doch, wie du
Fisch mit Gräten drin haßt.«
    »Das war keine Gräte. Es ist mir bloß in den
falschen Hals gekommen«, sagte ich und trank einen Schluck Wasser. »Ich bin ein
bißchen schockiert, nichts weiter. Der Fisch ist phantastisch.«
    Sie hatte den Fisch im ganzen leicht pochiert
und dann mit einer Marinade aus trockenem Sherry, Sojasauce, feingehacktem
frischem Ingwer und Frühlingszwiebeln übergossen, während er abkühlte. Dazu gab
es einen Salat aus blanchierten Zuckererbsen und Shitake-Pilzen und ein klein
wenig zerkochten Reis.
    »Was hat euch denn zu der Entscheidung gebracht?
Ich meine, ihr habt euch ja reichlich Zeit damit gelassen«, sagte ich.
    »An mir hat’s garantiert nicht gelegen«, sagte
Reg leise.
    Meine Mutter lächelte mir zu, aber in ihren
Augen stand eine Botschaft: Bohr jetzt nicht nach, ich erzähle es dir später.
    »Na dann, herzlichen Glückwunsch!« sagte ich und
hob mein Glas. »Ich bin sicher, daß ihr sehr glücklich miteinander sein werdet.
Das wart ihr ja schon immer, so lange ich euch kenne.« Alles, was ich sagte,
war so klischeehaft, daß mir vor Verlegenheit fast die Spucke wegblieb, aber
wie soll man denn auch reagieren, wenn einem die eigene Mutter verkündet, sie
werde demnächst den Mann heiraten, mit dem sie seit über zwanzig Jahren
zusammenlebt?
    »Soll ich euch feierlich zum Altar führen?«
witzelte ich.
    »Na ja, genaugenommen hätten wir dich schon
gerne als Brautjungfer«, sagte meine Mutter.
    Ich lachte lauthals los und merkte dann, daß sie
das vollkommen ernst meinte.
    »Ihr wollt doch nicht etwa kirchlich heiraten?«
fragte ich erstaunt.
    »Na ja, nicht direkt. Aber es wird einen Segen
geben. Es ist ein bißchen schwierig, die gesamte Zeremonie zu bekommen, wenn
man geschieden ist. Wir wollten den Pfarrer nicht in Verlegenheit bringen, also
haben wir daran gedacht, uns nach dem Standesamt bloß einen Segen erteilen zu
lassen. Das bedeutet, ich kann den >Hochzeitsmarsch< spielen lassen. Das
habe ich immer gewollt. Weißt du, beim ersten Mal war’s das Standesamt von
Chelsea — Marcus in Jeans und ich im sechsten Monat mit dir schwanger. Ich
möchte es diesmal anständig machen.«
    Während meine Mutter ohne Punkt und Komma über
die Vorbereitungen weiterschwätzte (haben Sie eigentlich schon mal bemerkt, wie
langweilig Leute werden, wenn es um Hochzeiten geht? Man kann glauben, ein
absolut vernünftiges Gespräch mit ihnen zu führen, und plötzlich unterbrechen
sie es dann mit Sachen wie >Der Blumenladen gibt sich ja solche Mühe, einen
zu beraten< oder >Ich hab’ noch mal mit dem Mädchen beim Konditor
gesprochen. Sie sagt, ihrer Meinung nach paßt ein Gittermuster auf der Torte
besser zu meinem Kleid<), versuchte ich, mir einen Vorwand auszudenken,
damit ich nicht die Brautjungfer spielen mußte. Es freute mich, daß sie
heiraten würden — so etwas in ihrem Alter zu tun, erschien mir recht romantisch
aber ich konnte die Idee nicht ertragen, mich in ein Rüschenkleid werfen zu
müssen.
    Ich war schon zweimal zuvor Brautjungfer
gewesen. Einmal mit acht Jahren, wogegen nichts einzuwenden war. Ich trug ein
eisblaues Kleid mit einem Peter-Pan-Kragen, und auf den Fotos sehe ich ein
bißchen aus wie Alice im Wunderland. Und einmal mit dreizehn, was eine
Katastrophe gewesen war. Damals hatte Regs Schwester geheiratet. Ich machte
gerade eine schwere Zeit durch, weil ich in die Pubertät kam.

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