Es muss nicht immer Mord sein
am
Sahnetopf genascht hat?« fragte sie.
Ich lächelte ein wenig schüchtern.
»Ah, ja, Costas, er sagen, da ist anscheinend
neuer Junge.«
»Aber ich habe Costas seit Ewigkeit nicht mehr
gesehen!«
»Ja, aber er haben große Ohren«, sagte Elena und
wir mußten beide lachen.
Kapitel Zwölf
Der Umschlag war pastellrosa , und
bevor ich ihn noch umdrehte, war ich mir schon sicher, daß ich die Handschrift
wiedererkennen würde. Auf der Karte war ein knuddliger anthropomorpher Igel
abgebildet, der eine Torte mit Kerzen drauf in den Pfoten hielt. Im Innern
stand schlicht ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG. Es war eine harmlose, wenngleich
geschmacklose Karte mit einer harmlosen Botschaft, aber wir hatten Mitte Juni
und mein Geburtstag ist im Januar.
Ich betrachtete den Umschlag. Er war in London
W1 abgestempelt. Also, schloß ich, mußte er von einem der vier Millionen
Menschen kommen, die im engeren Stadtgebiet leben oder arbeiten. Mein
Erschauern hatte nichts mit der Eiseskälte der Klimaanlage zu tun.
Martin war schon da. Ich ging in sein Büro und
zeigte ihm die Geburtstagskarte.
»Der Igel sieht nicht allzu borstig aus«,
witzelte er schwach; dann, als er mein ernstes Gesicht sah, fügte er hinzu:
»Sieh mal, es tut mir echt leid. Ich hab’s vergessen. Zur Wiedergutmachung lad’
ich dich zum Mittagessen ein.«
Ich lachte, und das entspannte die Atmosphäre.
»Gott, ich muß ja ein echter alter Drachen sein,
wenn ich wütend bin! Du siehst total zerknirscht aus. Keine Sorge, du hast dir
nichts zuschulden kommen lassen. Ich hab’ nämlich gar nicht Geburtstag, weißt
du.«
»Aber warum...?«
»Gute Frage. Sieh mal, ich weiß, daß du mich für
verrückt halten wirst«, sagte ich, »aber hör einfach zu. Ich glaube, jemand
überwacht mich.«
Ich begann, ihm zu erzählen, wie ich am
Samstagabend das Gefühl gehabt hatte, verfolgt zu werden; von der
Glückwunschkarte im Pub; von den lästigen Anrufen.
»Was soll das heißen, lästige Anrufe?«
unterbrach mich Martin. »Ich dachte, das hätte ich abgestellt. Ich habe schon
vor Wochen mit Marie geredet.«
»Tja, es war auch nicht Marie, wie sich dann
rausgestellt hat«, sagte ich — ein bißchen verlegen, weil ich Martin davon nie
informiert hatte. Ich erklärte ihm, daß mir klargeworden war, daß es Marie
ihres Dialekts wegen nicht sein konnte, sobald ich sie kennengelernt hatte. Ich
erzählte ihm von meinem neuen Verdacht gegen die Empfangsdame.
»Na dann, herzlichen Dank, daß du mich rechtzeitig
ins Bild gesetzt hast«, sagte Martin sarkastisch. »Marie muß glauben, ich
bin’s, der spinnt.«
»So, du sagst also, ich spinne, ja?« Meine
Stimme hob sich.
»Alles was ich sage, ist, daß du nicht rumlaufen
und jedermann ohne den geringsten Beweis beschuldigen kannst.«
»Nun, das habe ich nicht vor, deswegen rede ich
ja mit dir«, sagte ich und vergaß der Einfachheit halber, das Gespräch zu
erwähnen, das ich am Freitag mit Dawn geführt hatte. Ich hatte sie schließlich
nicht direkt beschuldigt.
»Was bringt dich denn überhaupt auf die Idee,
daß das alles irgendwas damit zu tun hat, daß du hier arbeitest?« fragte
Martin.
»Na ja, das hängt vermutlich damit zusammen, daß
ich nie mit anonymen Anrufen und Grußkarten belästigt worden bin, bis ich den
Fuß in dieses Gebäude gesetzt habe«, erwiderte ich und ahmte dabei seinen
herablassenden Tonfall nach.
»Glaubst du nicht, daß du ein bißchen paranoid
bist?« sagte Martin gelassen.
»Hast du das nicht schon mal gesagt?« erwiderte
ich und meinte damit Martins frühere Weigerung, meiner Theorie Glauben zu
schenken, daß meine erste Chefin ermordet worden sei. Martin wußte sofort,
wovon ich redete.
»Da bist du auch widerlegt worden«, unterbrach
er mich.
»Das ist nicht wahr«, sagte ich. »Der Mann mag
zwar nicht schuldig gesprochen worden sein, aber das heißt nicht, daß er es
nicht doch getan hat.«
»Nach englischem Recht schon«, sagte Martin.
»Herrgott, bist du manchmal aufgeblasen«, sagte
ich und verließ sein Büro.
Später kam er an meinen Platz und legte mir eine
Hand auf die Schulter.
»Tut mir leid, Soph. Du hast recht. Es ist schon
echt seltsam, wenn jemand eine Geburtskarte sechs Monate nach dem richtigen
Termin kriegt. Nicht mal ich bin je so spät dran. Laß mich wissen, wenn noch
irgendwas anderes passiert. O.k.?«
Ich nickte stumm.
Ich zuckte an diesem Tag jedesmal zusammen, wenn
das Telefon klingelte, aber wenn ich zaghaft den Hörer abnahm, war am
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