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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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bist.«
    »Gott, jetzt wo du mir das erzählt hast, fühle
ich mich noch schlechter«, sagte ich. Es war schon übel genug, die ganze Nacht
über kotzen zu müssen, ohne zu wissen, daß jemand jedes Würgen hörte. Ich
gelobte mir, mich nie wieder zu betrinken. »Ich glaube, ich hab’ mir den Magen
verdorben.«
    »Du lieber Himmel. Und das gründlich«, sagte
Liz. »Kann ich irgendwas für dich tun?«
    »Nein, danke. Das ist wirklich nett, aber ich
glaube, ich werd’ es einfach wegschlafen«, sagte ich.
    »Ich könnte mir problemlos einen Tag frei
nehmen«, sagte Liz. »Wenn du möchtest.«
    »Nein, wirklich«, sagte ich und wünschte, ich
hätte einfach die Wahrheit über meinen Kater erzählt. Jetzt war es zu spät, um
es noch zuzugeben. Ich war dankbar, daß Liz gebührend Anteil an meinem
Gesundheitszustand nahm, statt höhnische Bemerkungen zu machen wie die anderen,
aber es wäre mir ein wenig lieber gewesen, wenn sie sich schlicht um ihren
eigenen Kram gekümmert hätte.
    Es gibt nichts, das ich mehr hassen würde als
die Sorte von Nachbarin, die immerzu unter dem Vorwand, sich eine Tasse Zucker
borgen zu wollen, auf ein Schwätzchen vorbeischaut. (Warum, fragte ich mich,
war es immer eine Tasse Zucker? Die meisten Menschen verwenden nicht
viel Zucker, und normalerweise wäre ein Löffel genug, um den Naschdrang zu
befriedigen. Vielleicht hatte das Klischee seine Wurzeln in der Zeit, als die
Leute noch tatsächlich Kuchen backten. Wie dem auch sei, bei mir hätte kein
Nachbar viel Glück, da ich keinen Zucker im Haus hatte.) Ich bekam schon wieder
Kopfweh.
    »Hör mal«, sagte ich bestimmt und müde, »ich muß
mich hinlegen.«
    »Ich schau heute abend mal vorbei und seh’ nach,
wie es dir geht«, sagte Liz.
     
    Gegen Mittag rief Dave an. Ich hatte tief
geschlafen, seit Liz gegangen war, und fühlte mich sehr viel besser. Er
erzählte mir, er habe sich ein Auto geliehen und wolle nach der Rush Hour
aufbrechen. Wenn ich zur U-Bahn-Station Harrow-on-the-Hill kommen könne, würde
er mich dort auflesen und wir könnten sofort losfahren. Es schien vernünftiger,
als ihn am Freitagabend den ganzen Weg in die Stadt hineinfahren zu lassen, und
ich stimmte zu.
    Ich verbrachte den Nachmittag damit zu
entscheiden, was ich anziehen sollte. Es war lange her, daß ich mit einem Mann
ein versautes Wochenende verlebt hatte. Das letzte Mal, an das ich mich
erinnern konnte, war mit Jerry gewesen, meinem Chef bei der ersten Bank. Wir
waren nach Frankfurt geflogen, aber außer auf der haarsträubenden Taxifahrt vom
Flughafen ins Stadtzentrum hatte ich von Deutschland nichts mitbekommen. Wir
blieben den ganzen Tag auf unserem Zimmer, und ich hatte noch nicht einmal die eigens
erstandene Reisetasche mit meinen eigens erstandenen
Versautes-Wochenende-Klamotten aufgemacht, außer um den scharlachroten
Seidenpyjama aus der Seitentasche zu nehmen, den Jerry in Heathrow für mich
gekauft hatte.
    Jerry ging mit dem Kunden essen, ich ließ mich
vom Zimmerservice bedienen und sah mir auf dem Hotelvideo einen überraschend
unattraktiven Softporno an. Als ich schließlich mein diskretes schwarzes
Strickkleid (mußte nicht gebügelt werden) hervorzog, das mich ein Monatsgehalt
gekostet hatte (und damals verdiente ich ein beachtliches Gehalt) und mich auf
einen Drink in die Bar verdrückte, war ich dreimal für eine Nutte gehalten
worden, bis ich meinen Singapore Gin Sling ausgetrunken hatte.
     
    Dieses Mal beschloß ich, mit leichtem Gepäck zu
reisen und stopfte ein paar Slips zum Wechseln in eine kleine Reisetasche,
zusammen mit meinem Bikini und einem zweiten T-Shirt.
    Es war ein sehr schwüler Tag, und da mir nicht
groß nach Laufen zumute war, beschloß ich, ein Taxi zur U-Bahn-Station Finchley
Road zu nehmen. Als ich am Fuß des Primrose Hill auf eine freie Droschke
wartete, entdeckte ich auf der anderen Straßenseite eine Gestalt , die ich
wiedererkannte. Es war die ältliche Frau, die ich neulich vor meinem Haus
getroffen hatte. Sie eilte dahin, zu beschäftigt, um mich zu bemerken, und
schaute auf die Uhr, als komme sie zu spät zu einer Verabredung. Als sie den
Delikatessenladen gegenüber meiner Wohnung erreicht hatte, blieb sie stehen.
Ich dachte, sie sei in das Geschäft gegangen, aber als mein Taxi vorbeifuhr,
sah ich, daß sie im Eingang stand und starr zu meinem Fenster hochschaute.
     
    Daves Tante Norma war die Managerin eines
Ferienlagers. Sie war eine gutaussehende, freundliche Londonerin mit einer
großen blonden

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