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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Nun, da war ich anderer Ansicht. Und
Leute meiner Generation und politischen Überzeugung sollten sowieso nicht mit
Angehörigen der Polizei befreundet sein.
     
    Bis zum Morgen war ich so sauer, daß ich Jools
die Tür zeigte, ohne ihr auch nur eine Tasse Kaffee anzubieten. Sie bestand
darauf, daß ich ihr eine Telefonnummer gab, unter der ich zu erreichen war. Ich
rief im Büro an. Martin war noch nicht da, wie ich zu meiner Erleichterung
hörte. Ich wollte mich mit ihm in keine Diskussion einlassen, bloß um zu hören,
daß ich mich albern benahm. Ich hinterließ eine Nachricht, die ihm sagte, wo er
mich erreichen konnte.
    Ich setzte eine Sonnenbrille auf, band mir ein
Kopftuch um und ging zu Fuß zur U-Bahn-Station Swiss Cottage. Zwei Nächte
Schlafentzug, zusammen mit dem Wissen, daß ich möglicherweise nicht nur von
einer bekloppten alten Frau verfolgt wurde, sondern auch von Drogendealern,
hatten meinen Nerven nicht gut getan. Ich nahm den längeren Weg, hielt mich an
die Hauptstraßen und schaute mich fortwährend um, um zu sehen, ob mir jemand
folgte.
    In der Station Finchley Road stieg ich um und
erwischte mich dabei, all meine Mitpassagiere im Abteil mißtrauisch zu beäugen,
während ich sie über den Rand meiner Financial Times hinweg musterte.
    Ich war der einzige Mensch, der in Pinner
ausstieg, abgesehen von einer Frau mit einem Kleinkind im Sportwägelchen, die
in Harrow-on-the-Hill zugestiegen war. Ich verlor sie im Sainsbury’s-Supermarkt
von Pinner aus den Augen. Ich kaufte einen Liter Milch und einen Strauß gelber
Rosen, dann steuerte ich die Straße entlang und an der Kirche vorbei auf
Mutters Haus zu. Ich ging daran vorbei, blieb zwei Türen weiter stehen und
drehte mich dann abrupt um, um zu sehen, ob irgendwelche Leute oder Autos
hinter mir waren. Die Straße war leer. Ich rannte zurück zu Mutters Haus,
schloß auf, machte die Tür hinter mir zu und stand keuchend in der Diele.
Plötzlich kreischte um mich herum ein durchdringendes, schrilles Pfeifen los.
Ich stand da wie festgebannt, und mein Herz schlug wie rasend. Dann fiel mir
wieder ein, wo der Schalter für die Alarmanlage war.
    Ich drehte das heiße Wasser an, stellte die
Rosen in eine Vase in der Küche und machte mir eine Tasse Tee. Dann ging ich
nach oben in mein altes Kinderzimmer, legte mich auf das schmale Bett mit der
geblümten Steppdecke und fiel in wohligen Schlummer.
    »Hattest du vergessen, die Alarmanlage
einzuschalten?« sagte Regs Stimme.
    »Irgendjemand war hier drin, und er hat eine
Tasse Tee getrunken.« Mutters Stimme, diesmal.
    Ich kam mir vor wie Schneewittchen bei der
Heimkehr der sieben Zwerge.
    »Ich bin’s bloß!« rief ich und sprang aus dem
Bett.
    Ich rannte die Treppe hinunter und fiel meiner
Mutter ungestüm um den Hals.
    »Was für eine hübsche Überraschung!« sagte sie.
»Aber warum bist du nicht auf der Arbeit?«
    In der Wärme ihrer mütterlichen Umarmung kamen
all die Emotionen, Ängste und Wutgefühle, die sich in mir angestaut hatten, nur
so hochgesprudelt, und ich brach in eine Flut von Tränen aus.
     
    Mutter und Reg brauchten gut eine halbe Stunde,
um mich soweit zu beruhigen, daß sie verstehen konnten, was ich sagte. Als ich
es dann schaffte, ihnen zu berichten, was sich in den Wochen seit ihrer Abreise
ereignet hatte, waren sie voller Sorge und Sympathie. Mutter holte ein heißes
Handtuch aus dem Badezimmer und wischte mir die tränenverschmierten Augen und
die laufende Nase ab, genau wie sie es getan hatte, als ich noch ein Kind war,
und Reg sprang herum und versuchte, zugleich nützlich und unauffällig zu sein.
Er machte Tee, der seltsam schmeckte, weil er den Rest der Blätter aus einer
verzierten Büchse verwendete, die Mutter vor Jahren geschenkt worden war und
die sie nicht hatte wegwerfen wollen.
    »Also ehrlich, Reg«, sagte Mutter und verzog das
Gesicht, als sie daran nippte. »Du weißt doch, daß ich immer Teebeutel
verwende.«
    Sie schenkte ihm einen Blick halbherziger
Verärgerung, seufzte und ging selbst eine neue Kanne kochen.
    Reg zwinkerte mir zu.
    Sie kam mit dem Tee und einer Tüte italienischer
Kekse zurück, die sie aus einem der Koffer gezogen hatte.
    »Und nun«, sagte sie in ihrer praktischen Art,
»laßt uns versuchen, dieses Puzzle auseinanderzusortieren.«
     
    Eines der besten — und meistbenutzten —
Weihnachtsgeschenke, die ich je von Reg bekommen habe, war ein Cluedo-Spiel,
und seit ich denken kann, haben wir jedes Jahr am Weihnachtsabend nach

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