Es: Roman
genannt werden möchte, erzählte gestern einem unserer Reporter, dass der kleine Dorsey Corcoran knapp eine Woche vor seinem Tod durch einen angeblichen Unfall in der Garage mit schlimmen Verstauchungen von Daumen und drei Fingern der rechten Hand in den zweimal wöchentlich stattfindenden Vorschulunterricht gekommen sei.
»Es war so schlimm, dass der arme kleine Kerl nicht einmal sein Bild ausmalen konnte«, erzählte die Lehrerin. »Die Finger waren furchtbar geschwollen – sie sahen wie Würstchen aus. Als ich Dorsey fragte, was denn passiert sei, erzählte er, sein Vater (Stiefvater Richard P. Macklin) habe ihm die Finger nach hinten gebogen, weil er über den Boden ging, den seine Mutter gerade geschrubbt und gewachst hatte. »Daddy sagt, er musste mich bestrafen, weil ich böse bin«, erklärte der Kleine. Ich hätte am liebsten geweint, als ich seine armen Fingerchen sah. Er wollte doch so gern sein Bild ausmalen, aber es war ihm anzusehen, dass er Schmerzen hatte. Ich gab ihm zwei Kinder-Aspirin und ließ ihn das Bild dann ausmalen, als die anderen Kinder in der Märchenecke waren. Er liebte es, Bilder auszumalen, und jetzt bin ich froh, dass ich ihm an diesem Tag ein wenig Freude bereiten konnte.
Als er starb, ist es mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass es etwas anderes als ein Unfall gewesen sein könnte. Ich dachte zuerst, dass er gefallen sein musste, weil er sich mit der Hand nicht richtig festhalten konnte. Ich hätte nie geglaubt, dass ein Erwachsener einem kleinen Kind etwas so Schreckliches antun kann. Jetzt weiß ich es besser. Ich wünschte bei Gott, ich wüsste es nicht.«
Dorsey Corcorans älterer Bruder Edward, zehn Jahre alt, wird immer noch vermisst. In seiner Zelle im Derry County Jail bestreitet Richard Macklin weiterhin, etwas mit dem Tod seines jüngeren Stiefsohns oder dem Verschwinden des älteren Jungen zu tun zu haben.
Aus Derry News, 30. Juni 1958, Seite 5:
MACKLIN ÜBER TODESFÄLLE GROGAN UND CLEMENTS VERHÖRT
Laut Informationsquelle unerschütterliche Alibis für die Mordzeiten
Aus Derry News, 6. Juli 1958, Seite 1:
BORTON: MACKLIN NUR WEGEN TOTSCHLAGS AN STIEFSOHN DORSEY ANGEKLAGT
Edward Corcoran immer noch vermisst
Aus Derry News, 24. Juli 1958, Seite 1:
»ICH HABE ES GETAN, GOTT VERZEIH MIR« GESTEHT MACKLIN WEINEND BEI VERHANDLUNG
In einer dramatischen Entwicklung bei der Gerichtsverhandlung gegen Richard P. Macklin, angeklagt des Totschlags an seinem Stiefsohn Dorsey Corcoran, brach Macklin beim Kreuzverhör von Bezirksstaatsanwalt Bradley Whitsun zusammen und gestand, den damals vierjährigen Dorsey mit einem kugelgefüllten Gummihammer verprügelt zu haben, den er, bevor er den Jungen ins Krankenhaus brachte, am Rande des Gemüsegartens seiner Frau vergrub.
Im Gerichtssaal herrschte fassungsloses Schweigen, als der schluchzende Richard Macklin, der bislang zugegeben hatte, seine Stiefsöhne »gelegentlich« geschlagen zu haben, »wenn es nötig war, zu ihrem eigenen Besten«, seine Geschichte erzählte.
»Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Ich habe gesehen, wie er wieder auf die verdammte Leiter geklettert ist, habe den Gummihammer von der Werkbank geschnappt und einfach zugeschlagen. Ich wollte ihn nicht umbringen. Gott ist mein Zeuge, ich wollte ihn nicht umbringen.«
»Hat er etwas zu Ihnen gesagt, bevor er ohnmächtig wurde?«, fragte Whitsun.
»Er sagte: ›Hör auf, Daddy. Es tut mir leid, ich hab dich lieb‹«, antwortete Macklin.
»Und haben Sie aufgehört?«
»Nach einer Weile«, sagte Macklin. Er fing so hysterisch an zu weinen, dass Richter Moulton die Verhandlung vertagen musste.
Aus Derry News, 18. September 1958, Seite 16:
WO IST EDWARD CORCORAN?
Sein Stiefvater, der wegen Totschlags an Edwards vierjährigem Bruder Dorsey zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde, ist zurzeit in Shawshank inhaftiert. Er behauptet weiter, er habe keine Ahnung, wo Edward Corcoran sei. Seine Mutter, die die Scheidung von Richard Macklin eingereicht hat, sagt, sie sei überzeugt, ihr zukünftiger Exmann würde lügen.
Lügt er? »Ich für meinen Teil glaube es nicht«, sagt Father Ashley O’Brian, der die katholischen Insassen von Shawshank betreut. Macklin ließ sich kurz nach Antritt seiner Haftstrafe im katholischen Glauben unterrichten, und Father O’Brian hat viel Zeit mit ihm verbracht. »Es tut ihm aufrichtig leid, was er getan hat«, fährt Father O’Brian fort und fügt hinzu, als er Macklin
Weitere Kostenlose Bücher