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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Mitglieder des Rats sind Nachkommen der Holzbarone. Ihre Unterstützung der Bücherei ist ein Akt ererbter Verpflichtung: Sie haben die Wälder vergewaltigt und kümmern sich nun um die Bücher, wie sich ein Luftikus im Mittelalter vielleicht um seine in illegitimer Lust gezeugten Bastarde kümmerte. Ihre Großväter und Urgroßväter waren es, die dem Wald nördlich von Derry und Bangor tatsächlich die Beine gespreizt und die grün bekleidete Jungfrau mit ihren Äxten und Sägen vergewaltigt haben. Sie haben gesägt und gefällt und gehackt und nie einen Blick zurückgeworfen. Sie haben dem großen Wald das Jungfernhäutchen geraubt, als Grover Cleveland Präsident war, und als Woodrow Wilson einen Schlaganfall hatte, waren sie mit der Aufgabe so gut wie fertig. Diese spitzengekleideten Grobiane haben die großen Wälder vergewaltigt, sie mit einem Wurf Birken und wertloser Fichten geschwängert und aus Derry, das eine verschlafene kleine Schiffsbauerstadt war, eine boomende billige Absteige gemacht, wo die Kneipen nie schließen und die Huren die ganze Nacht lang anschaffen. Ein alter Kämpfer, Egbert Thoroughgood, inzwischen dreiundneunzig, hat mir berichtet, wie er einmal eine spindeldürre Hure in einer Absteige in der Baker Street genommen hat (eine Straße, die nicht mehr existiert; Mittelklassemietskasernen stehen heute ruhig und friedlich dort, wo einmal die Baker Street gekocht und gebrodelt hat).
    »Erst als ich meinen Saft in sie reingeschossen hatte, hab ich gemerkt, dass sie in einer Pfütze Fickbrühe lag, die schätzungsweise ein Zentimeter tief war. Das Sperma war gerade dabei, zu Gelee zu werden. ›Mädchen‹, sag ich, ›kannste nicht’n bisschen besser auf dich achtgeben?‹ Sie sieht runter und sagt: ›Ich zieh’n neues Laken auf, wenn du willst. Sind noch zwei im Schrank auf’m Flur, glaub ich. Bis neun oder zehn weiß ich noch einigermaßen, mit wem ich rumvögle, aber um Mitternacht ist meine Fotze so abgestorben, dass sie meinethalben auch in Ellsworth sein könnte.‹«
    Das war Derry in den ersten zwanzig Jahren des 20. Jahrhunderts, oder so; nur Boom und Fusel und Vögeln. Der Penobscot und der Kenduskeag waren vom Tauen im April bis zum Zufrieren im November voller Holz. Das Geschäft wurde in den Zwanzigern flau, als kein Weltkrieg es mehr unterstützt hat, und kam während der Weltwirtschaftskrise stolpernd zum Stillstand. Die Holzbarone gaben ihr Geld den Banken in Boston oder New York, die den Börsencrash überlebt hatten, und überließen es der Wirtschaft von Derry, auf sich allein gestellt zu überleben – oder zu sterben. Sie hatten sich in ihre Villen am West Broadway zurückgezogen und haben ihre Kinder auf Privatschulen in New Hampshire, Massachusetts oder New York geschickt. Und von ihren Renditen und politischen Beziehungen gelebt.
    Was rund siebzig Jahre, nachdem Egbert Thoroughgood seine Liebe an eine Ein-Dollar-Hure in einem Bett voll Sperma in der Baker Street verschwendet hat, noch von ihrer Überlegenheit übrig ist, sind abgeholzte Wälder in den Countys Penobscot und Aroostook und die großen viktorianischen Villen, die sich zwei Blocks am West Broadway erstrecken … und natürlich meine Bücherei. Nur würden die Leute vom West Broadway mir »meine Bücherei« in null Komma nichts wegnehmen, wenn ich versuchen würde, etwas über die »Legion of Decency«, den Brand im Black Spot, die Hinrichtung der Bradley-Bande … und die Sache mit Claude Heroux und dem Sleepy Silver Dollar zu veröffentlichen.
    Das Silver Dollar war eine Bierpinte, und dort hat sich im September 1905 etwas zugetragen, was gut und gern der abgehobenste Massenmord in der Geschichte Amerikas sein könnte. Es gibt noch ein paar Altsemester in Derry, die behaupten, sie können sich daran erinnern, aber ich verlasse mich nur auf die Schilderung von Thoroughgood. Er war achtzehn, als es passiert ist.
    Thoroughgood wohnt heute im Altenheim Paulson. Er hat keinen einzigen Zahn mehr, und sein Saint-Johns-Valley-Franco-Downeast-Akzent ist so ausgeprägt, dass wahrscheinlich nur andere Uralteinwohner von Maine verstehen könnten, was er sagt, wenn man es in Lautschrift niederschreiben würde. Sandy Ives, der Folklorist der University of Maine, den ich schon einmal in diesen chaotischen Seiten erwähnt habe, hat mir geholfen, meine Tonbänder zu übersetzen.
    Claude Heroux war laut Thoroughgood »n bossa Cannuck-Hurrnsonn mitne Auchn de gerolld hamn wide vonna Mer’m ondschin.«
    (Übersetzung:

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