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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatten auch die Inquisition, das war die Nummer mit den Daumenschrauben und aufs Rad flechten und so weiter. Ich glaube, alle Religionen sind ziemlich daneben.«
    »Ich auch«, sagte Stan leise. »Wir sind nicht orthodox oder so, ich meine, wir essen Schinken und Speck. Ich weiß nicht mal richtig, wie das ist, Jude zu sein. Ich bin in Derry auf die Welt gekommen, und manchmal gehen wir zum Jom Kippur in die Synagoge nach Bangor, aber …« Er zuckte die Achseln.
    »Schinken? Speck?« Eddie war perplex. Er und seine Mutter waren Methodisten.
    »Orthodoxe Juden essen so was nicht«, sagte Stan. »In der Thora steht etwas, dass man so was nicht essen soll, was durch den Schlamm kriecht oder auf dem Meeresboden lebt. Ich weiß nicht, wie es genau heißt. Aber Schweine sind verboten, Hummer auch. Meine Eltern essen sie aber. Ich auch.«
    »Das ist echt daneben«, sagte Eddie und lachte. »Ich hab noch nie von einer Religion gehört, die einem vorschreibt, was man essen darf. Als Nächstes erzählen sie einem, was für Benzin man kaufen darf.«
    »Koscheres Benzin«, sagte Stan und lachte in sich hinein. Weder Eddie noch Rich begriffen, worüber er lachte.
    »Du musst zugeben, Stanny, es ist ziemlich daneben«, sagte Richie. »Ich meine, wenn man keine Würste essen kann, nur weil man Jude ist.«
    »Ach ja?«, sagte Stan. »Esst ihr freitags Fleisch?«
    »Himmel, nein!«, sagte Richie schockiert. »Man darf freitags kein Fleisch essen, weil …« Er grinste. »Okay, ich verstehe, was du meinst.«
    »Kommen Katholiken wirklich in die Hölle, wenn sie freitags Fleisch essen?«, fragte Eddie fasziniert und ohne zu ahnen, dass seine eigenen Vorfahren bis vor zwei Generationen strenggläubige polnische Katholiken gewesen waren, die ebenso wenig freitags Fleisch gegessen hätten, wie sie ohne Kleidung aus dem Haus gegangen wären.
    »Ich will dir was sagen, Eddie«, sagte Richie. »Ich glaube nicht, dass Gott mich da runter ins Feuer schicken würde, nur weil ich mal vergessen habe, dass Freitag ist, und ein Schinkensandwich gefuttert habe, aber warum ein Risiko eingehen? Richtig?«
    »Gut möglich«, sagte Eddie. »Aber das kommt mir so …« So dumm vor, wollte er sagen, aber dann fiel ihm eine Geschichte ein, die ihm Mrs. Portleigh in der Sonntagsschule erzählt hatte, als er noch ein kleiner Junge gewesen war – Erstklässler der Kirchenjugend. Laut Mrs. Portleigh hatte ein böser Junge einmal etwas vom Kommunionbrot gestohlen, als das Tablett herumgereicht wurde, und es in die Tasche gesteckt. Er nahm es mit nach Hause und warf es in die Kloschüssel, um zu sehen, was passieren würde. Sofort – hatte Mrs. Portleigh den staunenden kleinen Zuhörern jedenfalls erzählt – war das Wasser in der Kloschüssel blutrot geworden. Es war das Blut Christi, sagte sie, und es erschien dem Jungen, weil er etwas sehr Schlimmes gemacht hatte, das man BLASPHEMIE nannte. Es war erschienen, um ihn zu warnen, dass er seine unsterbliche Seele riskierte, weil er das Fleisch Jesu in die Toilette geworfen hatte.
    Bis dahin hatte Eddie das Abendmahl eigentlich gefallen, an dem er erst seit letztem Jahr teilnehmen durfte. Die Methodisten benutzten Welch’s Traubensaft statt Wein, und der Leib Christi wurde von frisch gebackenem Weißbrot repräsentiert. Die Vorstellung, Essen und Trinken als religiöses Ritual zu sich zu nehmen, gefiel ihm. Aber nach Mrs. Portleighs Geschichte wurde seine Ehrfurcht vor dem Ritual zu etwas Übermächtigem, etwas Grauenhaftem. Nur nach den Brotwürfeln zu greifen, wurde eine Tat, die Mut erforderte, und er fürchtete immer einen elektrischen Schlag … oder Schlimmeres, dass das Brot sich plötzlich in seiner Hand verfärben, zu Blut werden und eine donnernde Stimme in der Kirche verkünden würde: Unwürdig! Unwürdig! Zur Hölle verdammt! Zur Hölle verdammt! Manchmal war ihm nach dem Abendmahl der Hals wie zugeschnürt, sein Atem ging pfeifend, und er wartete ungeduldig darauf, dass die Segnung vorbei sein würde, damit er ins Vestibül eilen und sein Asthma-Spray benutzen konnte.
    Sei nicht so albern, sagte er sich, als er älter wurde, das war nur eine Geschichte, und Mrs. Portleigh war auch keine Heilige – Mama hatte gesagt, sie wurde in Kittery geschieden und spielt Bingo in St. Mary’s in Bangor, und dass richtige Christen nicht spielen, richtige Christen überließen das Spielen den Heiden und Katholiken.
    Das alles schien durchaus logisch, erleichterte ihn aber nicht. Die Geschichte vom

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