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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wird von seiner Sorge um sie gedämpft – vielleicht weil nur Bill und sie selbst ganz begreifen, was für ein überwältigender Akt das ist und dass man nie darüber sprechen darf, nicht mit anderen, und am besten nicht einmal miteinander.
    Am Ende wird sie wieder von jenem plötzlichen Hochgefühl überrascht, und sie kann gerade noch denken: Oh! Es passiert wieder! Ich weiß nicht, ob ich das ertragen kann …
    Und dann schwemmt Seligkeit jedes Denken hinweg, und sie hört ihn nur verschwommen immer wieder flüstern: »Ich liebe dich, Bev, ich liebe dich, ich werde dich immer lieben«, und er stottert dabei nicht im Geringsten.
    Sie drückt ihn an sich, und einen Augenblick lang bleiben sie so liegen, Wange an Wange.
    Dann zieht er sich schweigend zurück, und kurze Zeit ist sie allein; sie tastet nach ihren Kleidern, zieht sie langsam an und verspürt einen dumpfen, pochenden Schmerz, den die anderen als Männer niemals empfinden werden. Sie ist erschöpft und erleichtert, es hinter sich gebracht zu haben, und sie fühlt sich in einer bisher unbekannten Weise glücklich, und obwohl sie froh ist, dass der intimste Teil ihres Körpers jetzt wieder ihr allein gehört, verspürt sie doch eine Leere dort unten, eine Leere, die sie seltsam melancholisch stimmt, ohne dass sie es erklären könnte … ihr fällt dazu nur ein Bild ein: kahle Bäume unter einem weißen Winterhimmel, leere Bäume, die auf die Amseln warten, auf jene Vorboten des Frühlings, die jeden März kommen und den Schnee zu Grabe tragen.
    Sie tastet nach den Händen ihrer Freunde.
    Einen Augenblick lang sagt niemand ein Wort, und danach überrascht es sie nicht im Geringsten, dass es Eddie ist: »Ich glaube, bei der vorletzten Abzweigung sind wir nach rechts abgebogen. Wir hätten aber nach links gehen müssen. Himmel, ich wusste es, aber ich war so durchgeschwitzt und total im Eimer …«
    »Du bist dein ganzes Leben schon total im Eimer, Eds«, sagt Richie, und diesmal klingt seine Stimme wohltuend, die schrille Panik darin ist verschwunden.
    »Wir sind auch sonst ein paarmal falsch abgebogen«, erklärt Eddie und geht nicht weiter auf Richie ein, »aber das war der schlimmste Fehler. Wenn wir dorthin zurückfinden, sollte der Rest kein Problem sein.«
    Sie stellen sich hintereinander auf, Eddie an der Spitze. Beverly legt ihm ihre Hand auf die Schulter und spürt Mikes Hand auf ihrer Schulter. Sie machen sich wieder auf den Weg; diesmal kommen sie schneller voran, und Eddies Unsicherheit von vorhin ist nun völlig verschwunden.
    Wir gehen nach Hause, denkt sie und erschaudert vor Erleichterung und Freude. Nach Hause, ja. Und das wird schön sein. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, und jetzt können wir zurückgehen und wieder Kinder und sonst nichts sein. Und auch das wird schön sein.
    Sie bewegen sich im Dunkeln vorwärts, und sie stellt fest, dass die Wassergeräusche jetzt nicht mehr so weit entfernt sind.

Kapitel dreiundzwanzig
     
    Draußen
     

1
     
    Derry, 9.00 Uhr bis 10.00 Uhr
     
    Um zehn nach neun wurden in Derry Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich achtundachtzig Kilometer pro Stunde gemessen, einige Böen erreichten sogar hundertzwölf Kilometer pro Stunde. Der Windstärkemesser im Gerichtsgebäude registrierte eine Böe von hundertdreißig Kilometern pro Stunde, dann sprang die Nadel plötzlich auf null zurück. Der Wind hatte das Gerät mit den sich drehenden Halbkugeln aus seiner Halterung auf dem Dach gerissen, und es flog in das regengepeitschte Halbdunkel des Tages davon. Wie George Denbroughs Boot wurde es nie mehr gesehen. Um halb zehn musste mit einer Gefahr gerechnet werden, von der die Verantwortlichen der Wasserwerke bisher behauptet hatten, sie wäre durch die neuen Kanalisationsanlagen für immer gebannt: dass Derrys Innenstadt überschwemmt werden könnte wie zuletzt im August 1958, als während eines schrecklichen Unwetters viele der alten Abflussrohre in sich zusammenbrachen oder total verstopft wurden. Um Viertel vor zehn tauchten beiderseits des Kanals Autos und Lastwagen auf, denen Männer mit grimmigen Mienen und im tosenden Wind heftig flatternder Schlechtwetterkleidung entstiegen. Zum ersten Mal seit Oktober 1957 sollten entlang des Betonbetts des Kanals Sandsäcke aufgestapelt werden. In der Nähe der großen Straßenkreuzung im Herzen von Derrys Innenstadt, wo der Kanal unter der Erde verschwand, reichte das Wasser schon fast bis zum oberen Rand des Brückenbogens. Die Main Street, die Canal Street

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