Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
unförmig an einer Schaufensterpuppe im Fenster, neben einer Blousonjacke in braunem Leder und einem Fußbad. Und es war genau das, was ich mir vorgestellt hatte – ein weißes, enges Oberteil, ein langer, weißer Rock, beide in ihrer reinen Einfachheit perfekt. Gütiger Himmel, der Blaue Glücksvogel hatte die ganze Zeit vor unserer Nase gesessen, während ich in nah und fern nach Annabels perfektem Kleid gesucht hatte – und hier war es, im Fenster des örtlichen Charity-Shops.
Ich stieg mit hämmerndem Herzen aus dem Taxi, alle meine Sinne aus einem unbestimmten Grund in Panik. Ich zwang mich, unmittelbar ans Schaufenster zu treten. Aus der Nähe war das Kleid noch hübscher. Und es war großzügig geschnitten. Bitte, lass es nicht verkauft sein.
Es war nicht verkauft. Es war erst heute Morgen eingetroffen. Laut der Kassiererin war es von einer Frau mit einem Baby gebracht worden, die nicht gerne daran erinnert wurde, wie dick sie geworden war. Ich freute mich zu hören, dass die Spenderin des Kleides noch immer verheiratet war – es hätte mir nicht gefallen, wenn Annabel ein Halloween-Hochzeitskleid getragen hätte. Und auch die Einzelheiten über das Baby klangen viel versprechend, wie eine Art Fruchtbarkeitssymbol.
Die Kassiererin sagte, sie könnte nicht unter fünfzig Pfund nehmen. Ich gab ihr hundert, was ein Bruchteil meines Kleiderbudgets war. Und während sie nach einer ausreichend großen Tüte suchte, barg ich den großen Ballen raschelnder weißer Seide in meinen Armen. Es war kein Schleier dabei, aber ich erinnerte mich einer ziemlich tollen weißen Taftstola, die ich in einem Brautmodengeschäft gesehen hatte und mir jetzt leisten konnte. Ich hatte es geschafft. Annabel würde eine richtige Braut.
Ich konnte nicht widerstehen, Annabel das Kleid sofort zu bringen. Sie hatte an diesem Nachmittag einen Termin im Krankenhaus gehabt und war jetzt in der Kellerwohnung. Als sie mir die Tür öffnete, sprachen wir beide gleichzeitig.
Ich sagte: »Ich habe das Kleid!«
Und Annabel sagte: »Es sind Zwillinge!«
Ja, es waren zwei kleine Darlings. Phoebe nahm die Neuigkeit wie ein Geschenk auf. Die Freude verlieh ihr Kraft. Am zauberhaften, wunderbaren Tag des Kleides und der Ultraschallaufnahme fühlte sie sich gut genug, um zwei Stunden herunterzukommen. Es war einer dieser glücklichen Abende, an denen die Zeit stehen blieb.
Mehr nicht. Es geschah nicht viel, außer dass wir witzige Geschichten aus der Vergangenheit erzählten. Wir wollten uns der Normalität erinnern. Wir wollten so tun, als wäre alles noch normal. Phoebe sprach neckend über Jimmy, als hörte er im Nebenzimmer zu. Es war sehr seltsam, aber nicht so traurig, wie Sie vielleicht glauben. Überhaupt nicht traurig.
Man weiß, noch während es geschieht, dass die Erinnerungen an jene Momente später kostbar sein werden. Man weiß, dass man sich sein restliches Leben lang wünschen wird, man könnte wieder zurückkehren.
Wir sollten nur eine sehr kleine Gesellschaft werden. Annabel hatte beschlossen, ihre ungestümen Eltern außen vor zu lassen. »Die beiden können nicht im selben Raum sein, selbst nach all diesen Jahren nicht«, erinnerte sie mich. »Ben und ich werden sie später besuchen.«
Es tat mir Leid, dass sie es verpassen würden, aber nur ein wenig. Die Mätzchen ihrer Eltern hatten Annabel im Laufe der Jahre viel Kummer bereitet.
»Sie waren nur an Affären interessiert«, sagte sie. »Sie haben viel Aufhebens um mich gemacht, ergriffen aber dennoch jede Gelegenheit, mich bei jemand anderem abzuladen. Das sagt bestimmt jeder – aber ich werde es gewiss anders machen. Wenn meine Babys kommen, werde ich sie keine einzige Minute alleine lassen.«
Autsch. Gefühle. Die Offenbarung Annabels als Mutter, die freudig ihren gerundeten Leib tätschelte, war merkwürdig anrührend. Es kam mir in den Sinn, dass alle ihre Neigungen, um Würstchen zu betteln, letztendlich ein Ventil gefunden hatten, aber ich konnte nicht allzu lange darüber nachdenken, weil man sich auch eine Welt ohne Phoebe vorstellen musste, wenn man sich eine Welt mit Annabels Babys vorstellte. Wir überlebten alle dadurch, dass wir uns an die Gegenwart klammerten.
Die einzigen Außenstehenden, die bei der Hochzeit anwesend wären, waren ich, Neil und Peason. Wir fanden es alle schade, dass wir Peason dazubitten mussten, aber Phoebe wollte nichts davon hören, Fritzens Freundin auszuschließen.
»Ich weiß, dass sie schrecklich ist«, sagte sie ruhig,
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