Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
ein Scheißtag für dich.«
»Überhaupt nicht. Ich hätte sie schon vor Ewigkeiten in die Wüste schicken sollen.«
Ich musste die Frage stellen. »Was ist heute Morgen genau passiert?«
»Ich sagte es dir bereits. Wir hatten einen Streit.«
»Wegen etwas Bestimmtem?«
Fritz sagte: »Sie wollte zwei professionelle Pflegerinnen engagieren, damit ich mich nicht mehr so viel um Phoebe kümmern müsste. Sie hat mir angeboten, die Kosten dafür zu übernehmen. Als ich ihr erklärte, dass ich tatsächlich viel Zeit mit Phoebe verbringen will, wurde sie zur Furie. Sie sagte, ich sei egoistisch.«
»Allmächtiger Gott – und das von der Königin des Egoismus!«
Er nahm meine Hand. »Es ist in Ordnung. Ich habe sie nicht geliebt, und Sex ist nicht alles. Ich dachte allmählich, wir hätten alle Stellungen durch. Und es stellte sich heraus, dass ich ohnehin nur begrenzte Lust auf Sex habe. Ich bin das Bumsen mit jemandem Leid, den ich nicht liebe.«
»Du bist zu gut für sie. Sie verdient dich nicht.«
Fritz legte die Arme um mich. Er sah mich scheinbar Ewigkeiten lang an. Schließlich liefen Tränen seine Wangen hinab.
Er sagte: »Sie hat darum gebeten, ins Hospiz gebracht zu werden.«
Es war erschreckend, wie schnell die Welt um uns herum düster und kalt wurde. Ich flüsterte: »Warum? Fühlt sie sich so viel schlechter?«
»Ich glaube nicht. Sie will es einfach so. Sie beharrt darauf, dass wir kein Aufhebens machen sollen.«
»Nun, das werden wir nicht«, sagte ich so standhaft wie möglich. »Und es wird leichter sein, Fritz. Du und Ben werdet euch keine Sorgen mehr machen müssen, dass sie die richtige Pflege bekommt. Und du wirst mich nicht mehr so viel brauchen.«
Er löste seine Arme von mir, hielt meine Hand aber weiterhin fest. »Nein, du irrst dich«, sagte er. »Ich kann die Zwielichtzone nicht ohne dich betreten, Cassie. Ich werde dich noch mehr brauchen.«
Kapitel Sechzehn
Die Welt zog sich um uns zusammen, bis sie so groß wie eine Walnussschale war und nur noch Phoebe enthielt. Zwei Tage nach der Hochzeit zog sie ins Hospiz um. Ich hatte Angst, aber ich dachte nicht über die Zukunft nach. Es schien irrelevant, solange Phoebe noch so sehr präsent war. Mein Leben verfiel in eine neue Routine, und ich dachte und handelte, als sollte es endlos dauern.
Ich verließ das Büro ein wenig früher als gewöhnlich und nahm die U-Bahn zum Belsize Park. Dort gab es vor der Station einen Blumenstand. Ich kaufte häufig etwas, wovon ich wusste, dass Phoebe es mochte – samtige rote Rosen, Chrysanthemen mit großen, rostroten Köpfen, Maiglöckchen, die mit ihrem seifigen Duft einen ganzen Raum erfüllen konnten. Ich ging den Haverstock Hill hinauf und wunderte mich über die gewöhnlichen Abende, die jedermann sonst in der eilenden Menge bevorstanden. Ich beneidete die Menschen eigentlich nicht. Ich glaube, ich fürchtete mich ein wenig vor ihrer wunderbaren Ignoranz der Zerbrechlichkeit des Lebens.
Das Hospiz war ein großes, modernes Gebäude an einer ruhigen Straße. Innen herrschten Heiterkeit und Stille und eine Atmosphäre betäubter Ruhe. Die Schwestern und Ärzte hier hatten die Aufgabe, den Menschen ihre letzten Atemzüge zu erleichtern. Sie waren wohl so eine Art umgekehrte Geburtshelfer.
Phoebe war in einem kleinen Einzelzimmer untergebracht, das auf einen Parkplatz und eine Reihe Hintergärten hinausführte. Plastikschläuche schlängelten sich aus ihrem eingesunkenen Körper. Sie war sehr schwach. Ihre sanfte Stimme war zu einem Flüstern verkommen. Wenn sie allein war, lag sie mit halb geschlossenen Augen da, in einem Schlaf, der wie eine Trance war. Wann immer sie schlief, reiste sie ein kleines Stück weiter. Zurückzukehren wurde immer mehr zum Kampf. Aber immer noch lächelte mich die alte Phoebe aus ihren Augen an, wenn sie erwachte. Sie war noch immer an der rauen Geschäftigkeit der sterblichen Welt interessiert und wollte alles über meine Sorgen wissen. Phoebe war -meine einzige Sorge, aber ich erzählte ihr bereitwillig teilweise den Tratsch aus der Redaktion und brachte ihr liebe Grüße von Betsy.
Ich fand Phoebe nicht oft allein vor. Gewöhnlich war einer der Jungs bei ihr. Annabel und Ben waren nach ein paar Tagen aus Schottland zurückgekehrt, sodass Ben an ihrer Seite sein konnte. Er und Fritz blieben abwechselnd über Nacht. Ein beständiger Strom von Freunden besuchte sie ebenfalls und brachte solche Massen von Blumen mit, dass wir ständig haderten, was damit zu tun
Weitere Kostenlose Bücher