Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
bestrichen waren.
»Das ist der letzte verdammte Tropfen zum Überlaufen!«, schrie Matthew.
Er hatte mich noch nie angeschrien. Ich starrte ihn entsetzt an und wartete darauf, dass er wieder er selbst würde.
»Du lebst in Scheiße, Cassie, weißt du das? Nicht diese Wohnung, aber dein ganzes, verdammtes Leben – ich hätte wissen müssen, dass meine Sachen hier nicht sicher sind! Dich kümmert das nicht, oder? Weil du dich mit Leuten umgibst, die es einen Dreck kümmert! Du kannst dem nicht entkommen – es ist dein Hintergrund, die Typen, die du kennst, Typen, die denken, es sei WITZIG, sich einen Dreck zu kümmern. Nun, ich habe die Schnauze voll – es reicht mir.«
Er ging ins Schlafzimmer. Ich stolperte hinter ihm her. Der Staub hatte sich wie eine Krankheit ausgebreitet. Ein Schmutzfilm lag auf der Bettdecke. Meine Frisierkommode erinnerte an Miss Havisham’s. Ein ekelhafter Dunst hing über allem. Matthew, bebend vor Zorn, stürzte sich auf -seine Bürokleidung vom Vortag. Er zog Hose und Hemd an, schnappte sich Jackett und Krawatte, ergriff seine Taschen und ging ohne ein weiteres Wort. Ich stand entsetzt und zitternd da und beobachtete die Staubwolke, die er ausgelöst hatte, als er meine Wohnungstür zuschlug.
Ich weinte – eine Art staubiges Schniefen.
Hätte Matthew (mein Lover, falls wir es vergessen haben sollten) mir nicht helfen oder zumindest ein tröstliches Wort für mich haben sollen? War mein staubbedeckter Computer nicht eine schlimmere Katastrophe als sein Anzug oder -seine Aktentasche? Hätte er mich nicht mit zu sich nach Hause bitten sollen, anstatt mich in einer Wohnung zurückzulassen, die schlicht unbewohnbar war?
Ich zog meinen Morgenmantel über, der jetzt vor Staub khakifarben war. Stücke Putz gruben sich in meine bloßen Fußsohlen. Mein Badezimmer und die Küche waren von Staub überzogen. Ebenso die Dosen auf dem Regal, der Staubsauger, alles. Ich würde das nie wieder säubern können. Und mein Freund hatte mir die Schuld dafür gegeben und mich verlassen. Staub bist du, zu Staub wirst du wieder werden. Ich bereitete mir eine nach Staub schmeckende Tasse Tee zu und rief Phoebe an.
Ich hätte Bedenken haben sollen, sie zu wecken, aber dieses Desaster hatte jegliches Bewusstsein ihrer Sterblichkeit ausgelöscht. Sie war wieder zeitlos geworden – die einzige lebenswichtige, unfehlbare Quelle des Trostes.
Ihre ruhige Stimme besänftigte mich zwischen den Schluchzern. »Liebling, es wird alles gut – nein, natürlich ist das -keine Katastrophe – oh, mein Liebling, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, sich wegen einer albernen Dinnerparty Gedanken zu machen! Ich bin nur dankbar, dass du nicht darunter warst – du hättest verletzt werden können! Und wie abscheulich von Matthew. Nein, natürlich kannst du nicht in dem Durcheinander bleiben – du musst sofort hierher kommen. Ja, das ist ein Befehl. Ich schicke Fritz, damit er dich abholt.«
Es war eine gewaltige Erleichterung für mich, dass mich jemand tröstete und sich um mich kümmerte. Ich war einunddreißig Jahre alt, aber Phoebes Trost war ebenso beständig und allwissend wie damals, als ich erst sechs Jahre alt war und in ihren Armen weinte, weil Felicity Peason mich nicht zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen hatte.
Phoebe konnte noch immer alles in Ordnung bringen. Brav ihren Anweisungen folgend, legte ich den Hörer auf, wusch unter der Dusche die ärgsten Staubspuren ab und grub eine alte Jeans aus, die dem Schlimmsten entgangen war.
Es klingelte an der Tür, bevor ich passable Socken finden konnte. Ich lief barfuß zur Haustür hinunter und sah Fritz und Ben dort stehen. Fritz trug mehrere Rollen schwarze Plastiksäcke und einen großen, mit Paketen Schmierseife gefüllten Eimer. Ben hatte die Arme voller Putztücher und Trommeln Ajax. Beide Brüder trugen Mopps wie Gewehre über der Schulter. Ben hatte noch einen Eimer auf dem Kopf. Ich musste zum ersten Mal, seit dieser Albtraum begonnen hatte, lächeln.
»Wir sind die Kavallerie«, sagte Ben. »Führe uns zu den Indianern.«
Ich begann: »Jungs, ihr musstet doch nicht …«
»Doch, wir mussten«, sagte Fritz. »Wir haben Befehle. Wenn du uns aufzuhalten versuchst, fürchte ich, dass wir dich an einen Stuhl fesseln müssen.«
Ich putzte mir geräuschvoll die Nase und ging die Treppe -hin-auf durch den Staubdunst voran (er war überall – ich musste mich später bei der Frau, die unter mir wohnte, entschuldigen). »Seid auf einiges gefasst.
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