Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
Ausdruck gähnender Langeweile zu zeigen. Als ich ihm den dritten Anzug reichte, grollte er: »Schwul.«
»Fritz, darin wirst du nicht schwul aussehen!«, flehte ich. Mein ständiges aufmunterndes Lächeln wurde allmählich schmerzhaft. »Du wirst darin schick aussehen, das ist alles. Nun probier ihn schon an.«
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder Ben zu, der sich als schwierig einzukleiden erwies. Alle Hosen schienen an den Beinen zu kurz oder an der Taille zu weit oder beides zu sein.
»Entweder rutschen sie runter, oder sie lassen mich wie Tintin aussehen«, beschwerte sich Ben. »Für Fritz ist es in Ordnung – er hat die gleiche Figur wie diese Plastikkerle im Fenster.«
Ein geduldiger junger Mann half uns. Er versicherte Ben, dass sie nur allzu gern jegliche Änderungen vornehmen würden.
Plötzlich stürmte Fritz aus der Umkleidekabine, die Haare über der Stirn kunstvoll zerzaust. »Hallo, ihr Süßen!«, rief er. Er warf die Jacke des Anzugs über eine Schulter und schürzte die Lippen.
O verdammt – er hatte Recht. Der Anzug ließ ihn wirklich so schwul wie die Ascot Week wirken. Ich lachte natürlich. Wie auch der Verkäufer. Wir hätten ihn nie ermutigen dürfen. Von dem Moment an verwandelte Fritz die Anprobe in ein Kabarett und schlüpfte bei jedem Outfit in eine andere Gestalt – die affektierte Tunte wurde zu einem Straßenhändler, dann zu einem nervenden Immobilienmakler und schließlich zu einem grenzdebilen Landadligen. Der Höhepunkt kam, als er mit ordentlich zu einer Seite gekämmtem Haar aus der Umkleidekabine trat und in perfekter Nachahmung Matthews gereizt auf seine Uhr sah.
»Okay, ich habe verstanden«, sagte ich, als wir drei wieder vor Liberty standen. »Ich weiß nichts über Männerbekleidung. Wenn wir zu Emporio Armani kommen …«
»Oh, ich glaube nicht, dass wir uns mit Armani abgeben sollten«, sagte Fritz.
»Nicht Armani?« Ich war verwirrt, wenn nicht sogar beunruhigt.
»Es ist eine Frage des Images«, erklärte Ben freundlich, aber bestimmt. »Du versuchst uns etwas aufzudrängen, was wir nicht sind. Du könntest ebenso gut aufgeben und Fritz machen lassen. Sonst wird er sich bis dahin unmöglich benehmen.«
Ich sah Fritz an. Er imitierte erneut Matthew (dieses Mal mit einer sehr guten Zugabe mit einem unsichtbaren Taschentuch), und ich merkte, dass ich fast ungezügelt lachen musste.
Was geschah mit mir? Matthew – der Mann, den ich liebte und heiraten wollte – war meine Vorstellung eines perfekt gekleideten Mannes gewesen. Und doch stand ich hier und lachte schallend darüber, dass Fritz seinen perfekten Stil parodierte (seine Nachahmung dessen, wie Matthew seine Hose auszog, änderte fast meine Blutgruppe. Sie hätten es sehen müssen). Ich fragte mich, warum sich das Lachen über Matthew genauso anfühlte, als würde ich über die Regierung lachen.
»Ich gebe auf«, sagte ich. »Macht es auf eure Art.«
Fritz stieß einen theatralischen Seufzer der Erleichterung aus und rief ein Taxi herbei. Wir fuhren zu Paul Smith in Covent Garden.
»Der war auf meiner Liste«, sagte ich trotzig. »Wir wären irgendwann sowieso hierher gekommen.«
»Oh, darauf wette ich«, sagte Ben und steuerte auf einen Stapel bunt gemusterter Hemden zu. »Nachdem du uns noch mehr Golfjacken und Safarianzüge aufgedrängt hättest.«
Er, Fritz und der (absolut trendy gestylte) Verkäufer brüllten vor Lachen.
»Das ist nicht fair! Ich habe euch absolut phantastische Kleidungsstücke gezeigt – ihr denkt einfach, wenn ihr sauber und ordentlich ausseht, würdet ihr schwul wirken …«
»Fort mit dir, Grimble.« Fritz wandte mich um und schob mich entschlossen von sich. »Hau ab, und sieh dir Frauenklamotten an.«
Sich öffentlich zu streiten ist würdelos. Ich zog mich in die Damenabteilung zurück, bevor er mich wirklich hinauswarf.
Huh. Natürlich hatte ich an Paul Smith gedacht. Es war nur so, dass Matthew diese Kleidung nicht mochte. Er hielt sie für zu auffällig. Aber ich wollte, dass Fritz und Ben auffielen. Und ich erkannte, dass Fritz genauere Stilvorstellungen hatte, als ich angenommen hatte. Möglicherweise war er wesentlich moderner eingestellt als ich.
Ich konnte mich nicht entscheiden, ob die Stoffe der Damenkollektion fabelhaft oder eher beängstigend waren. Letztendlich war es, da ich so lange warten musste, unumgänglich, einige Sachen anzuprobieren. Ich war blank – Chefredakteure von literarischen, vierteljährlich erscheinenden Magazinen sind keine
Weitere Kostenlose Bücher