Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
aber es wirkt sich verheerend auf meine Arbeit aus. Ich weiß, meine Ansprüche sind furchtbar hoch. Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt ein Liebesleben haben darf.«
Ich stellte mich gegenüber dem zitternden Pathos dieser letzten Bemerkung entschlossen taub und beschwor eine liebevolle Stimme herauf. »O Liebling, es ist so reizend von dir, bei mir zu übernachten. Wir sind anscheinend in die Angewohnheit verfallen, immer zu mir zu gehen. Vielleicht sollte ich manchmal mit zu dir kommen?«
»Eh …« Er zögerte, und ich muss gestehen, ich genoss es, ihn sich winden zu sehen. Wir gingen nie zu ihm, weil er eine paranoide Angst vor Unordnung hatte. »Wir sollten jedenfalls nicht unsere ganze freie Zeit in deiner Wohnung verbringen.«
»Wie Recht du hast«, sagte ich liebevoll. »Ich war selbstsüchtig. Ich will mich ernsthaft bemühen, mich in dein Leben einzufügen. Am nächsten Wochenende werde ich mit in deiner Wohnung bleiben.«
»Eh …« Das war nicht, was Matthew hören wollte, aber er konnte nichts dagegen sagen, ohne zuzugeben, dass er ein verlogener, betrügender Scheißkerl war. Ich dachte oft, dass ich Anwältin hätte werden sollen.
Ich konnte jedoch nicht behaupten, dass ich diese Runde vollständig gewonnen hätte. Als ich zu Hause darüber nachdachte, umgeben vom benebelnden Geruch der Deckenfarbe, war ich niedergeschlagen. Ich erkannte, dass ich Matthew die Erlaubnis erteilt hatte, mich so selten zu sehen, wie er wollte. Meine warme, sichere Zukunft verflüchtigte sich unmittelbar vor meinen Augen.
Nein, nein, NEIN. Es war nicht wahr. Ich konnte es nicht zulassen. Ich wollte Matthew hassen, und ich konnte ihn nur lieben.
Ich brauchte eine Krisensitzung mit Annabel. Sie war der einzige Mensch, mit dem ich über das Todesröcheln meiner Beziehung reden konnte. Leider hatte Annabels Gehirn Urlaub – die ersten Wogen der Verliebtheit machten sie vollkommen plemplem. Sie war nicht von Fritz loszueisen, sondern weilte ständig bewundernd in seiner Nähe. Für mich eher überraschend, schien Fritz nichts gegen dieses törichte Anklammern einzuwenden zu haben. In den Pausen zwischen den Proben rief er Annabel bei der Arbeit an und beschrieb, in allen schmutzigen Einzelheiten, seine sexuellen Pläne für den bevorstehenden Abend.
Ich wünschte, ich hätte nichts davon erfahren müssen, aber Annabel schickte mir stets unmittelbar danach eine E-Mail. Die glückliche Annabel hatte einen Mann, der sie liebte und ihren Körper anbetete. Mein Körper war seit Ewigkeiten nicht mehr angebetet worden. Der Tempel setzte Moos an und zerfiel zu einer Ruine. Wenn Matthew sich dazu herabließ, eine Nacht mit mir zu verbringen, praktizierte er den Sex wie Joggen. Selbst seine Orgasmen waren gewissenhaft. Meine waren natürlich vorgetäuscht. Es ist schwierig, einen Orgasmus mit einem Mann zu erleben, dessen Gedanken bereits das Zimmer verlassen haben.
In Zeiten wie diesen braucht eine Frau einen fordernden Job. Matthew weniger zu sehen, bedeutete, dass ich erstaunlich viel Arbeit erledigen konnte. Abend für Abend hämmerte ich noch immer auf meine Tastatur ein, wenn Betsy sich um sechs Uhr schon von der Arbeit losriss. Ich konnte die altjüngferliche Einsamkeit meiner Wohnung nicht ertragen, sodass ich immer häufiger bis Mitternacht arbeitete. Was auch immer in meinem Privatleben geschah – die Doppelausgabe zum hundertjährigen Bestehen des Cavendish Quarterly würde garantiert phantastisch.
Aber ich war froh, als Hazel anrief. Sie war in sehr gedrückter Stimmung von ihren Eltern zurückgekehrt und versuchte ebenfalls, ihre Gefühle unter Unmengen harter Arbeit zu begraben.
»Wenn ich noch einen weiteren Abend in einem verwaisten Büro verbringen muss, werde ich verrückt. Lass uns ausgehen und uns hemmungslos betrinken.«
Wir saßen in unserem üblichen Weinlokal, auf halbem Weg zwischen Hazels und meinem Büro. Früher hatten wir uns dort mit Annabel und Claudette getroffen, aber Claudette war schwanger und Annabel in ihre neue Liebe versunken und beide hatten keine Zeit, mit ihren Freundinnen zusammenzuhocken. Wir sagten nichts, aber Hazel und ich fühlten uns beide ziemlich ausgeschlossen und traurig – zwei nicht gefragte Frauen, die Rotwein tranken, weil zu Hause niemand auf sie wartete. Irgendwann während des Abends dachte ich, wir wären im falschen Film. Wir hatten mit Helen Fielding begonnen und endeten bei Anita Brookner.
Hazel trug ein einfaches schwarzes Kleid mit einer roten
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