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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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Stella, die selbst zu der gleichen Gewohnheit neigte, sie bei anderen aber tadelnswert fand. Das Schnüffeln fing an, Spaß zu machen. Ein Schlafzimmer verriet mehr über einen Menschen als ein Gespräch mit ihm. Sie zog die Schubladen der alterschwachen Kommode auf und bedauerte, keine dieser weißen Handschuhe dabeizuhaben wie die Kommissare in einem Fernsehkrimi. Die Kommode war leer. Nicht weiter überraschend, die Kleidungsstücke, die da hinein gehört hätten, lagen auf dem Fußboden. Stella schloss die leise quietschenden Schubladen wieder und hoffte, dass niemand sie hörte. Die Fenster zur Terrasse standen offen, aber Stella wagte nicht, den nun schon gut bekannten, immer noch atemberaubenden Blick über grüne Wellenberge zu genießen. Sie war in einer anderen Mission unterwegs.
    Der Einfachheit halber durchsuchte sie als Nächstes das Zimmer mit der nur angelehnten Tür. Es beherbergte Renate und Andreas. Wie es sich für ein Duo aus Arzt und Lehrerin gehört, war es wesentlich aufgeräumter als das Zimmer von Kleemann und Marlene. Die Reitklamotten von Andreas hingen am Schrank und verströmten einen angenehm zarten Geruch von Pferden. Beide lasen Krimis, was keinerlei abartige Interessen verriet. Auf Andreas’ Nachttisch fand sie einen Brief mit einem Wappen. Zwei gekreuzte Schwerter, darüber stand 5. Jg. Lehrbtl. 357, Kameradschaft Stierdorfer Lehrbataillon . Darunter: Morgenrot, Morgenrot, leuchtest mir zum frühen Tod . Der Brief begann mit »Liebe Kameraden! Der Kameradschaftsabend fand im alten Jägerkasino statt, wo wir, gut gelaunt und vorzüglich bewirtet, schöne Stunden verbrachten …« In dem Ton ging es weiter. Männliche Prosa, garantiert nicht interessant. Der gemeinsame eheliche Koffer lag ausgeräumt auf einem Schemel. Den Schrank zu durchwühlen sparte sich Stella. Wahrscheinlich alles ordentlich aufgereiht und gefaltet. Natürlich war das Bett gemacht. Auf Renates Seite zeugte eine Pralinenschachtel, in der nur vier Stück fehlten, von der Disziplin einer Frau in den Wechseljahren, die nicht zur Matrone degenerieren will. Kein Hinweis, dass Renate und Andreas ein anderes Leben führten als sie nach außen zeigten. Sie zog Andreas’ Nachttischschublade auf und sah sich mit einem dicken Vibrator in Schweinchenrosa konfrontiert. Ein Vibrator auf der Seite des Mannes, noch dazu ein so hässlicher. Ausgerechnet bei dem spießigen Andreas. Wie schon bei Valeries Erzählungen über Sexpraktiken mit Plastikpenissen verspürte Stella kein Bedürfnis, sich vorzustellen, was die beiden damit trieben, Hauptsache, sie hatten auch nach 30 Ehejahren noch ihren Spaß miteinander.
    Als eine Tür knarrte, schloss sie erschrocken ihren Fund wieder in die Schublade und schlich hastig ums Bett herum. Wie konnte sie ihre Anwesenheit in dem Zimmer erklären? Auf der Suche nach dem Klo verirrt? Sie hielt den Atem an und lauschte. Nichts. Ganz vorsichtig öffnete sie die Tür und sah gerade noch Kleemann um die Ecke in Richtung Treppe verschwinden. Leider hörte er die Bodendielen knarren, drehte sich um und sah eine erschrockene Stella hinter einer Tür hervorlugen, hinter der sie nichts verloren hatte. Er winkte mit einem wackelnden Zeigefinger, ts, ts, ts, sagte aber nichts und ging wieder nach unten. Sie war kurz davor, ihre Erkundungen abzubrechen. Aber Kleemann hatte niemanden alarmiert, im Haus rührte sich weiterhin nichts. Marlene war auch noch nicht zurück. Also weiter.Das dritte Zimmer war unbewohnt und nur mit dem Nötigsten möbliert. Ein einzelnes Bettgestell, die Matratze nicht bezogen. Ein Schrank, ein Stuhl, ein Tisch, alles ordentlich abgestaubt. Das vierte Zimmer hätte Stella fast übersehen. Es lag vier Stufen höher, am Ende eines niedrigen Ganges, durch dessen Fenster Stella in den Hof sah. Sie befand sich über dem Torbogen, im Gang zwischen den beiden Häusern, aus denen Casa Pornello bestand. Das Zimmer am Ende des Flurs bewohnte offensichtlich Jochen. Das ungewöhnlich große Gemälde von Katharina, das über seinem Sofa hing, zeigte die Künstlerin mit Gatten. Sie nackt, aber mit wallendem Haupthaar, er in Anzug und Krawatte und der teuren Uhr am Handgelenk. Sie standen nebeneinander und er hielt delikaterweise ihren rechten Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger. Eine zartere Geste als Kleemanns grober Griff an den Busen von Marlene, aber mindestens genauso besitzergreifend. Inspiriert von einem kunsthistorischen Klassiker, wie Stella wusste, flämisch oder französisch, so

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