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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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Architekten gehört, die bereitwillig Ideen ihrer Auftraggeber aufgriffen, Hauptsache das Honorar stimmte, aber dass ein international renommierter Vertreter der Postmoderne sich so stark demütigen lassen würde, um ein Zirbelholzstüberl zu entwerfen, das konnte sie sich nicht vorstellen.
    Marlene winkte ab. »Nee, das hat Jochen selbst erfunden und nachträglich einbauen lassen. Kleemann lacht sich natürlich kringelig darüber, aber Jochen will seinen wichtigen Jagdgästen ein stilechtes Ambiente bieten. Er hat doch viel in Russland zu tun und lädt ab und zu mal einen Geschäftspartner ein. Sie knallen dann gemeinsam Wildschweine ab und besaufen sich hinterher hier.« Marlene stieß sich mit dem Po vom Türrahmen ab. »Lass uns gehen, bevor er uns erwischt. Das kann unangenehm werden. Habe ich selbst schon erlebt.«
    Da die Tür nach draußen abgesperrt war, mussten sie den Weg zurück über die Wendeltreppe nehmen, den sie gekommen waren.
    »Hat Jochen diese schönen Geweihe im Altaigebirge selbst erledigt?«
    »Klar. Das sind Argali. Riesenwildschafe. Die größten der Erde. Die Ureinwohner des Altai halten sie für die Herren der Berge. Nur ihre besten und reinsten Krieger durften die Argalis jagen. Es war eine Auszeichnung und eine Ehre, so ein Tier erlegen zu dürfen.«
    »Hat sich offenbar geändert.«
    »Heute stehen die Argalis unter Naturschutz und dürfen eigentlich überhaupt nicht mehr gejagt werden.«
    »Und uneigentlich?«
    »Uneigentlich kann man sie für 20   000 Dollar bei einem Jagdausflug abknallen. Inklusive 8000 Dollar für das Geweih. Aber um eins zu erwischen, muss man mit dem Pferd quer durchs Gebirge hoppeln und in der Wildnis zelten. Das entspricht nicht gerade Jochens Vorstellung von Luxusreise.«
    »Wo hat er dann seine Argalis her?«
    »Von illegalen Jagdausflügen. Sehr populär unter reichen Russen und deren Gästen. Die schießen die Tiere vom Helikopter aus.«
    Plaudernd, als könnten sie nicht jeden Moment in unerlaubtem Terrain erwischt werden, schlenderten sie gemeinsam zurückund erreichten den Flur gerade noch rechtzeitig, bevor eine drahtige kleine Frau Jochens Angeberloft betrat. Sie hievte einen Korb voll frisch gebügelter Wäsche die Treppe hinauf. Stella packte mit an. Aber weder ihre Hilfe noch Marlenes wie üblich strahlend gut gelaunter Gruß, Buon giorno, Emilia , lösten unter der hennarot gefärbten Kräuseldauerwelle die geringste Gemütsbewegung aus. Als sei kein Mensch zu sehen, holte Emilia einen Schlüssel aus einer Kommodenschublade im Flur, um damit Jochens Tür zu öffnen, stellte nach mehrmaligen Versuchen aber fest, dass nicht abgeschlossen war. Das Erstaunen darüber bewegte sie zumindest zu einem Kopfschütteln. Sie verschwand in Jochens Zimmer, ohne zu bemerken, dass Derrida die ganze Zeit brav hinter ihr hertapste als würden Hundekekse an ihren Schuhsohlen kleben.
    »Die Putzfrau. Macht auch die Wäsche für alle«, informierte Marlene. Das hatte Stella sich schon gedacht. Ganz oben auf Emilias Wäscheberg hatte sie Jochens Fleecejacke wiedererkannt, die er trug, als er ihr den Streifschuss verpasste. Die mit dem aufgestickten H&H-Schriftzug und dem merkwürdigen Reißverschlussanhänger, der wie ein Hundeknochen aussah.
    Reißverschlussanhänger? Hundeknochen?
    Der Blitz der Erkenntnis traf sie so plötzlich und nachhaltig, dass ihr ganz schwindelig wurde. Luca hatte ihr eine Kopie dieses drahtigen Dings unter die Nase gehalten, und sie war zu abgelenkt gewesen, zu vernarrt in ihn, zu besetzt von ihren Träumen, um zu erkennen, wo sie es schon einmal gesehen hatte. Sie setzte sich atemlos auf einen wurmstichigen Stuhl.
    »Jochen hat Emilia sofort, nachdem die Polizei Valeries Zimmer freigab, durchgejagt, als wollte er jede Hautschuppe von ihr vernichten. Sie schlief ja schon längst nicht mehr bei ihm«, plauderte Marlene arglos weiter. »Zwischen den beiden lief überhaupt nichts mehr. Du hättest mal hören sollen, wie respektlos Valerie über ihn hergezogen hat. Er ist so eitel, er rupft sich sogar seine grauen Schamhaare raus und so ähnlich.«
    »Lief überhaupt nichts mehr?« Stella wollte auf keinen Fall Marlenes Aufmerksamkeit auf sich lenken. Das hätte sie in Erklärungsnot gebracht.
    »Was ist denn mit dir los?«
    »Nichts, nichts. Valerie wohnte in einem anderen Zimmer?«
    »In dem da.« Marlene deutete auf das unbewohnte Zimmer, in das Stella nur einen Blick geworfen hatte. »Ich weiß wirklich nicht, warum sie sich überhaupt noch

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