Es sterben immer drei
leisten noch hatten sie 100 000 Euro parat, und als mollige Silhouette liefen sie auch nicht durch die Gegend. Das Vernaschen von Drogen und willigen weiblichen Fans hielt schlank.
Da diese Bedenken zum ermittlungstechnischen Geheimwissen gehörten, scheute sie davor zurück, sie in die Unterhaltung einzubringen, und fragte die Engländerin stattdessen nach ihrem Namen. Fiona. »Nice name«, sagte Stella, um mit einem nicht ganz unehrlich gemeinten Kompliment die Gunst der Stunde zu nutzen und dieses Gespräch in Gang zu halten. Gerade wegen aller Phantastereien ein amüsantes Geplauder.
»Ich hasse diesen Namen«, erwiderte Fiona. »Mein Mann schreit im Streit immer fucking Fiona, fuck off . Er hält die Alliteration für wahnsinnig originell.« Sie lachte so laut, dass Stella nicht klar wurde, ob das nun ein Scherz oder bitterer Ernst war. Derrida leckte Fiona tröstend über die Hand. Da erst erkannte Stella, dass der Hund nicht Derrida war, sondern wahrscheinlich sein Zwillingsbruder, genauso gelockt, aber noch im Vollbesitz seiner Sehkraft. Sie fragte nach seinem Namen. Er hieß Lyotard.
»Wie der postmoderne Philosoph?«
Mit dieser Frage eroberte Stella endgültig Fionas Herz. »Normalerweise denkt jeder, der arme Hund sei nach einem Bodysuit getauft worden. Leotard. Für wie bescheuert halten die mich?«Sie nahm, entrüstet über so viel Dummheit, einen kräftigen Schluck Wein und berichtete Stella stolz, sie züchte die besten Trüffelhunde der Gegend, alle benannt nach berühmten Philosophen. Derrida und Lyotard stammten aus demselben postmodernen Wurf. Derrida war wegen seines blinden Auges unverkäuflich, trotz seiner feinen Abstammung. Deshalb hatte Fiona ihn Luigi geschenkt, weil er schon immer einen Trüffelhund haben wollte. Den Welpen einfach im Klo runterzuspülen, die ortsübliche Methode zur Beseitigung von unerwünschtem Haustiernachwuchs, hatte sie einfach nicht übers Herz gebracht. Derrida verfügte über eine erstklassige Nase, ein Erbstück seiner Mutter, das ihn zu Valerie im Reisighaufen geführt hatte. Ein Meisterstück, selbst für einen reinrassigen Lagotto Romagnolo. Lyotard dagegen, sie sprach den Namen so englisch aus, dass man ihn in der Tat mit dem Ausdruck für das Balletteusenleibchen verwechseln konnte, Lyotard also sei zwar schön, aber ziemlich dämlich. Aus Dankbarkeit für das Kompliment leckte ihr Lyotard zärtlich über die Hand.
»Dann sind Sie die Fernsehmoderatorin, die mit dem reichen Engländer verheiratet ist?« Stella staunte. Die Frau eines Mannes, der sich ein 170 000 Euro teures Gewehr leisten konnte, hatte sie sich anders vorgestellt. Irgendwie glamouröser. Wenigstens ungefähr in Richtung TV-Moderatorin. Nicht wirklich glamourös, aber mit dem offensichtlichen Bestreben danach. In ihrem unregelmäßig aufflackernden Impuls zur Wahrheit sagte sie das auch.
Fiona nahm es ihr nicht übel, im Gegenteil, sie lachte noch lauter als vorher. Diese Art von Reaktion kannte sie. Sie sei schon seit Jahren nicht mehr beim Fernsehen, sagte sie. Kein Grund also, zu hungern und ein Vermögen für den Friseur auszugeben. Das Landleben habe den Vorteil, dass man in aller Gemütlichkeit verschlampen könne. Noch dazu, wenn der Ehemann die Abwesenheit bevorzuge und nur selten aus London käme. Natürlich gebe es auch andere Charaktere. Emilia zumBeispiel, sie deutete auf die Frau von Luigi, dem Wirt, die gerade einen Schinken, fast so groß wie sie selbst, in die Bar schleppte. Emilia würde sich ihre grässliche Dauerwelle regelmäßig erneuern lassen und trotz ihrer Arbeit in den Ferienhäusern Wert auf manikürte Fingernägel legen. Stella erkannte die drahtige kleine Putzfrau aus der Casa Pornello an ihrem mürrischen Gesichtsausdruck.
»Emilia hat Valerie an ihren frisch manikürten Fingernägeln identifiziert. Sie ragten aus der blauen Mülltüte, als man sie fand«, informierte Fiona Stella mit ihrem Fernsehmoderatorinnenbariton. »Valeries Gesicht war ja zerfetzt, aber Emilia brachte die Polizei auf die richtige Spur. French Manicure«, sang sie und schmetterte das gerollte R wie der Tenor in einer Verdioper. »Warum die so populär ist, weiß kein Mensch. Es sieht beschissen aus.« Sie zeigte auf ihre eigenen, abgebrochenen Fingernägel. »So was ist wenigstens ehrlich. Authentisch.« Sie lachte wieder in ihrem rauen Stallknechttimbre.
Stella lächelte freundlich, als Zeichen, wie sehr sie die gute Laune ihres Gegenübers goutierte, und überlegte
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