Es sterben immer drei
hatte. Was zu beweisen war. Ungeachtet der Tatsache, dass ihre Ergebnisse in der Regel falsch waren. Das Ergebnis schlampiger Rechenkünste oder unzureichender Kenntnisse der Formeln. Stella fühlte sich wie nach einer Matheschularbeit. Jochen war in Russland jagen, als das Holland&Holland-Gewehr verschwand. Er hatte alsoZugang zu einem Holland&Holland-Gewehr gehabt. Na also. Wzbw .
»Weiß man denn, wie das Gewehr gestohlen wurde?«, fragte sie die Auskunftei neben sich, die nun doch ins Lallen geriet.
»Autofiscar«, nuschelte Fiona. Stella strengte sich an, um ihr zunehmend breiigeres Englisch zu enträtseln. Demnach hatte der Oligarch erst Tage später bemerkt, dass sein Gewehr verschwunden war. Recherchen ergaben, es war am Flughafen in Barnaul gar nicht erst eingecheckt worden. Das fiel anfangs niemandem auf. Kyrgyzstan Air, Südsibirien, Provinzflughafen und ein Oligarch, der zum Ein- und Auschecken natürlich irgendwelche Domestiken abkommandiert hatte, die mit der Übersicht über das umfangreiche Gepäck überfordert waren. Sehr wahrscheinlich wurde das Gewehr schon vor dem Hotel gestohlen, beim Einladen ins Mietauto. Jemand hatte den Trubel, den eine Reisegruppe sehr reicher Männer beim Abschied veranstaltet, genutzt, um es heimlich mitgehen zu lassen. Boltanski mit Gefolge flog nach Bischkek.
»Bischkek?«
»Die Hauptstadt von Kirgisien. Gut für illegale Oligarchengeschäfte, nehme ich an. Die Westeuropäer und ein paar andere Russen flogen nach Moskau. Dort verteilten sie sich in ihre heimatlichen Richtungen.«
»Flogen alle gleichzeitig ab?«, fragte Stella.
Aber mit genauen Kenntnissen des südsibirischen Flugplans konnte Fiona nicht dienen. Sie gähnte. Das Gespräch und der Rotwein begannen sie zu ermüden. Sie tätschelte Lyotard den Kopf, der das mit leichtem Schwanzwedeln würdigte, erhob sich von ihrem Plastikhocker und gab Stella so hoheitsvoll die Hand, als erwarte sie einen Hofknicks. »Bladidrank«, hörte Stella aus ihrem Genuschel heraus und ein sehnsuchtsvolles »home« wie E. T. auf einem fremden Planeten. Dann wankte sie in die Bar, mit ausgestreckten Armen vorsichtig die Rotweinflasche vor der Brust haltend wie eine Monstranz. Ein paar Sekunden späterkam sie ohne Flasche wieder heraus, stieg in ihren Mini und legte einen Kavalierstart hin, der selbst Luca um Längen hinter sich gelassen hätte.
Stella schaute ihr nach. Dieses Gespräch war ergiebiger gewesen als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie bat Luigi um ein Stück Papier und einen Kugelschreiber und notierte den Namen, der sich in ihr Gedächtnis gerammt hatte wie ein Eisbrecher. Orlando. Nachdenklich zeichnete sie einen Rahmen aus kleinen Blümchen um das große O. Eine pummelige Silhouette, dachte sie. Der plumpe Sohn von Signore Cavallo. Ein dickes, fettes O. Der Penis auf den Fotos und der Ehering an der Hand gehörten einer Person, die Stella schon zweimal gesehen hatte. Mit Kleemann auf der Piazza in Todi und am Abend desselben Tages in Begleitung von ein paar Kumpels und einer Frau ohne Geschmack in der Kellerbar. Orlando, der fette, verschwitzte, reiche Sohn eines undurchsichtigen Geschäftsmannes, war Valeries Liebhaber gewesen. Ausgerechnet der Spross eines Mafiosos. Das klang zwar unwahrscheinlich im Hinblick auf Valeries Ambitionen auf einen ethischen, an Werten orientierten Journalismus, aber sie hatte es immer dann mit Ethik und Moral nicht so genau genommen, wenn sie sich dadurch persönliche Vorteile versprach. Das Leben stellte jeden immer wieder auf gemeine Proben. Schließlich war der Spruch »Man kann sich jeden Mann schönsaufen« eine ihrer bevorzugten Lebensstrategien gewesen. Hatte sie sich Orlando Cavallo schöngesoffen? Wzbw, dachte Stella. Was zu beweisen wäre .
Während des Spaziergangs von der Bar Centrale zu Ottos Haus versuchte sie mehrmals, Luca endlich zu erreichen, um ihm alle frisch gesammelten Informationen zu schenken, damit er bei seinen Ermittlungen nicht ins Hintertreffen geriet. Vergeblich. Sein Handy nahm er nicht ab. Die SMS ließ er unbeantwortet. In seiner Dienststelle erwischte sie wieder eine andere Sekretärin, die zwar einigermaßen Englisch sprach, aber daraufbestand, den Grund des Anrufs wissen zu müssen. Private Gespräche für Luca Sculli könne sie nicht durchstellen. Wichtige Informationen im Mordfall Valerie von Kollwitz? Dafür wiederum sei jetzt Commissario Manzini zuständig. »Moment bitte, ich verbinde.« Erstaunlich wie sehr das Leben von der
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