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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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besonders interessierten, wusste sie die Uhrzeit nicht genau, aber die Luft war noch angenehm kühl, es musste zwischen neun und zehn sein.
    Bemerkenswert, dass Katharina Wilke, kaum war die Nebenbuhlerin tot geborgen, ausgerechnet Otto informiert hatte. Den Chefredakteur eines Klatschblattes, der schon rein berufsmäßig nicht für den diskreten Umgang mit auflagefördernden Themen bekannt sein durfte. Stella hatte schon immer gestaunt, wie zuverlässig sein umfangreiches, internationales Netzwerk funktionierte, das ihm Informationen, Einladungen, Gerüchte zutrug und Türen öffnete, in Situationen, in denen genau das Gegenteil zu erwarten gewesen wäre. Tödliche Autounfälle, Scheidungen, Konkurse, Morde und andere Widrigkeiten des Lebens, in denen sie sich selbst in den einsamsten Winkel verkrochen hätte, der aufzufinden war. Eitelkeit war bei vielen Menschen offenbar stärker ausgeprägt als Trauer, Scham oderverletzter Stolz. Man müsse kreativ networken und Gesprächspartner auf Ideen bringen, auf die sie selbst nicht kommen würden, hatte er ihr einmal sein Erfolgsprinzip erklärt. Das sei das A und O für einen Journalisten. Stella war in ihrem Leben nie berechnend genug gewesen, solch ein Gespinst aus nützlichen Kontakten aufzubauen, zu pflegen und zu nutzen.
    Der Weg führte durch einen Wald, der doch nicht so dicht und undurchdringlich war, wie sie angenommen hatte, sondern das Sonnenlicht angenehm filterte. Bald ging es relativ steil wieder bergauf und Stella kam aus dem Wald heraus. Oben, auf der nächsten Kuppe, stand ein großes Landhaus mit grandiosem Rundblick und gekachelter Terrasse, umgeben von gepflegten Rasenflächen und mit einem geschwungenen, schmiedeeisernen Tor versperrt. Ein Mann mit Laubbläser lärmte in der Zypressenallee, die zum Eingang führte, und vertrieb den Horror vacui der Menschen des 21. Jahrhunderts. Die Angst vor der Stille. Ein Schild an der Auffahrt verwies auf den Agriturismo Colle del Sole. Stella ließ ihn links liegen. Ein paar hundert Meter weiter stand noch ein Haus, an den Waldrand geschmiegt, als würde es dort Schutz suchen. In der Größe ähnlich wie das von Otto, nur sah man schon von weitem, dass jemand zuhause war. Jemand mit jeder Menge grüner Daumen. In Dutzenden Terrakottatöpfen in allen Größen blühten Oleander, Rosen und Dahlien, als wollten sie einen Schönheitswettbewerb gewinnen. An der Hausmauer tankten üppig bestückte Tomatenstöcke Energie. Kürbisse auf einem geharkten Gemüsebeet platzten fast vor Kraft, die letzten Reste von Chicorée und Radicchio waren schon über ihre verwertbare Größe hinausgeschossen, und im Feigenbaum machten sich Wespen und Hornissen über die reifen Früchte her, schnell, bevor eine überambitionierte Hausfrau sie zu Marmelade verarbeiten konnte. Thymian und Rosmarin vermischten sich mit Salbei, Basilikum, Oregano und Koriander zu dem mediterranen Kräuterbukett, das Irma gern auf ihre Lammkoteletts pinselte. Getrocknete Ware aus dem Supermarkt,nicht frisch wie hier. Auf der Terrasse rostete eine betagte Hollywoodschaukel gemütlich vor sich hin, gut beschattet von zwei Zypressen, die sich nur mit ein bisschen Dürre an den Spitzen über den spärlichen Regenfall im Sommer beklagten. Vor dem Schuppen links vom Haus parkte ein verschrammter roter Alfa Romeo Spider, dessen zurückgeklapptes Verdeck mit Paketklebeband geflickt war. Stella blieb stehen und bewunderte den Anblick. Ein Setdesigner für eine Familienserie im ZDF hätte die Idylle nicht liebevoller erfinden können. Ein gelockter Hund, der aussah wie eine Mischung aus Schaf und Pudel, beschnupperte neugierig ihre schweißgetränkten Socken, als seien sie eine seltene Spezialität. Sie ließ ihn auch ihre Hände beschnüffeln und tätschelte ihm vorsichtig den Kopf. Das rechte Auge sah milchig weiß aus, damit konnte er garantiert nichts mehr sehen. Dafür schien sein Geruchssinn umso besser zu funktionieren. Er trug ein verschmuddeltes hellblaues Stück Frottee im Maul spazieren, das mit etwas Phantasie als Kinderlätzchen identifiziert werden konnte. Gefährlich sah er nicht aus, aber das konnte täuschen. »Derrida, der Dorftrottel. Er klaut gerne irgendwelche Stofffetzen, aber sonst ist er völlig harmlos«, beruhigte sie eine große, dünne Frau, die mit einer Gartenschere bewaffnet am Zaun auftauchte. Sie zog mit eleganten Bewegungen, als trüge sie Satin für den Abend, ihre grünen Gartenhandschuhe aus. »Stella Felix nehme ich an«, sagte

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