Es sterben immer drei
ist das viel zu gefährlich.« Seine Beschützerinstinkte standen stramm. »Wenn überhaupt, dann gehe ich.«
Irma drückte ihn zurück in den Gartenstuhl. »Du kannst doch gar nicht laufen. Ich passe auf, dass Stella nichts passiert.«
»Es gibt nur ein Problem«, sagte Stella in einem schwachen Versuch, Irma zu stoppen. »Casa Pornello ist ziemlich groß. Wo sollen wir überhaupt anfangen zu suchen?«
»In seinem Jagdstüberl. Wo sonst? Los jetzt.« Irma schlug denselben Ton an, in dem sie früher »und du räumst jetzt dein Zimmer auf« befohlen hatte. Widerstand war zwecklos. Stella wählte trotzdem noch mal die Nummer der Carabinieri. Am Handy würde Luca sie ignorieren. Immer noch besetzt. Typisch Italien, Land der Quasselstrippen. Sie ergab sich in ihr Schicksal. »Okay. Gehen wir.«
Luis bestand darauf, wenigstens mitzukommen und humpelte mit zwei Krücken nach draußen.
Irma startete schon den Wagen.
Unterwegs fuhren sie von einem Funkloch ins nächste, die Handytechnologie in Umbrien war eindeutig verbesserungsfähig. Während Irma steuerte, schaffte Stella es, auf dem Anrufbeantworter der Carabinieri eine Nachricht für Luca zu hinterlassen.Vorsichtshalber redete sie deutsch, französisch und englisch durcheinander, da so die Trefferquote, was die Fremdsprachenkenntnisse der Polizisten betraf, erhöht wurde. Einer von ihnen würde doch eine der drei Sprachen beherrschen und ihr Kauderwelch verstehen. Message für Luca Sculli. Wir sind on the way to Casa Pornello. Achtung. Danger. Dangereux. Please come to Casa Pornello. Sehr wichtig. Schnell. Vide. Gracias. Das Gracias war spanisch, das verwechselte sie in der Eile mit italienisch.
Den Wagen parkten sie in einem Waldweg, ein paar Hundert Meter von der Casa Pornello entfernt. Für den Fall, dass Stella jemand im Haus begegnete, würde sie einfach erzählen, sie hätte ihr Shampoo im Badezimmer vergessen. Alles ganz normal und unaufgeregt. Irma wollte sich in der Nähe mit einem Feldstecher im Gebüsch verstecken und die Geheimaktion observieren, um eventuell einschreiten zu können. Luis blieb mit seinem Gipsbein im Auto.
Stella glaubte keine Sekunde, dass einer von beiden ihr im Notfall nützlich sein konnte.
Karl Kleemann saß allein in der Küche, vor sich eine Flasche Rotwein und schüttete sich zu. Er bemerkte Stella nicht, sondern brütete trübsinnig vor sich hin. Sie sah ihn durchs Küchenfenster und benutzte die Außentreppe in den ersten Stock. Ziemlich sicher hatte er sie nicht kommen hören. Außer seinem Passat standen im Hof keine Autos. Jochen war mit Katharina unterwegs, Andreas beim Reiten, Marlene immer noch im Gefängnis, und sollte Renate anwesend sein, steckte sie tief in der Scheinwelt eines ihrer Romane und würde auch nichts bemerken. Ideale Bedingungen, um Jochens Zimmer noch einmal zu filzen. Vorausgesetzt, Kleemann blieb unten bei seiner Rotweinflasche. Stella holte die Schlüssel zu Jochens Wohnbereich aus der Kommode, die Emilia, die Putzfrau, als Versteck benutzt hatte, und atmete erleichtert auf, als sie nach einem vorsichtigen Blick ins Loft sah, dass es tatsächlich leer war. Alle Vorhänge zugezogen,die Nachmittagssonne bis auf einen diffusen Restschimmer ausgesperrt. Nicht eben ideale Durchsuchungsbedingungen, aber sie wagte es nicht, das Licht anzuknipsen.
Die blank polierten Möbel sahen noch weniger als beim ersten Mal nach verborgenen Geheimnissen aus. Hier brachte die eifrigste Wühlerei in Schubladen und Schränken nichts zutage außer vorbildlicher Ordnung. Hier versteckte Jochen kein Gewehr. Irma hatte recht. Sie musste sich weiter vorwagen. In sein Innerstes eindringen, bis zu seinen dunklen Seiten, und dieses verdammte Jagdzimmer durchsuchen.
Sie lauschte. Das einzige Geräusch war Musik, die aus der Küche kam. Kleemann hörte Van Morrison Comfortably Numb krächzen und kam sich wahrscheinlich alt vor. Sie drückte die Klinke und hoffte insgeheim, dass die Tür verschlossen war und sie so von ihrem Vorhaben abhielt. Aber sie ließ sich ohne weiteres öffnen. Aus dem Nichts tauchte Derrida auf und heftete sich hechelnd an ihre Fersen. »Hallo, Buddy«, begrüßte sie ihn, als sei sie unter die Obhut von Kommissar Rex geraten. Er schleppte einen seiner durchgespeichelten Lappen, dessen Tim&Struppi-Muster Irma erneut bestätigte, hatte sie doch immer behauptet, Luis’ verschwundene Pyjamajacke sei von dem Hund gekidnappt worden. Als treuer Assistent blieb er bei Fuß und übernahm an der
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