Es sterben immer drei
sogar Katharina,die so grazil und etepetete aussah. Stella betrachtete nachdenklich das Puzzle. Merkwürdig. Warum hatte Katharina das Foto zerrissen? Sie fegte es mit der Handkante wieder zurück in den Papierkorb.
Als sie das Haus verließ, blieb Derrida am Eingang zurück. Er verfolgte sie so neugierig mit seinem Blick, dass sie fast erwartete, ihn gleich mit einer Pfote bye-bye winken zu sehen.
Vor ihrem von Otto geborgten Ersatzzuhause versperrte der Schweizer Kastenwagen den Eingang. Luis schleppte Lebensmittel ins Haus. Ihr eigener Clan hatte sich also auch wieder eingefunden. Gott sei Dank. Sie half Luis auszuladen. Den roten Alfa, der vorbeifuhr, bemerkte sie gerade noch, bevor er um die nächste Wegbiegung Richtung Hauptstraße verschwand. Eine halbe Stunde zuvor hatte er noch Katharinas Familienserienidyll abgerundet, nun saß eine Person mit einer schwarzen Baseballmütze am Steuer. Ob Mann oder Frau war nicht zu erkennen. Aber Katharina selbst konnte es auf keinen Fall sein, sie hätte auf dem Rückweg von der Polizei denselben Weg herunterkommen müssen, den Stella gerade hinaufgelaufen war. Wer also war das? Und hatte die Person das Rumgeschnüffele in Katharinas Haus mitgekriegt?
5
»Kannst du schießen?«, erkundigte sich Stella mittags beim Kochen bei Luis. Sie zerstampfte büschelweise Basilikumblätter in einem großen Mörser, obwohl Irma mahnend auf die wunderbar funktionierende Küchenmaschine hingewiesen hatte. Als effiziente deutsche Hausfrau wusste sie die Segnungen der modernen Technik in diesem Bereich zu schätzen, auch wennsie andererseits immer nur ehrfürchtig um einen Computer herumschlich, ohne sich zu trauen, Hand an ihn zu legen. Vor Küchengeräten jeder Art hatte sie nie Scheu bewiesen. Ihre Küche in Schliersee war mit allem ausgerüstet, was Gemüse, Fleisch und Obst Gewalt antun konnte. Geräte mit großem Potenzial zur Selbstverstümmelung, inklusive Brotschneidemaschine, Häckselmaschine und elektrischem Messer. Da Luis nicht einsah, warum ein Pesto elektrisch besser gemixt wurde als mit Wiegemesser und Mörser, hatte sie mit der Sturheit des ewigen Besserwissers versucht, ihn zu überzeugen. Er hörte höflich zu, blieb aber mit der gleichen Sturheit bei seiner eigenen Arbeitsmethode. Stella beobachtete den Kampf der beiden Dickköpfe und setzte Spaghettiwasser auf. Irma sah irgendwann ein, dass sie diesmal den Kürzeren zog, anders als bei den Auseinandersetzungen mit ihrer Tochter. Also filetierte sie beleidigt Orangen für das Dessert und tat so, als ob sie der Unterhaltung nicht folgen würde.
»Valerie wurde erschossen«, nahm Stella den Gesprächsfaden auf. »Ich versuche mir nur vorzustellen, wie das passiert ist.«
»Sie war beim Joggen, wie jeden zweiten Tag zwischen sechs und acht Uhr abends. Normalerweise lief sie eine Stunde. Mal ging sie erst um sieben los, aber da die Tage kürzer werden, war sie öfter schon kurz nach sechs auf dem Weg. Je nach Laune.« Luis schüttete Pinienkerne in eine aufgeheizte Pfanne und röstete sie konzentriert, damit sie nicht anbrannten.
»Woher weißt du das?« Im Mörser mit dem Stößel die Basilikumblätter zu zermatschen war ein unpraktisches Verfahren. Altmodisch und kräftezehrend und die Blätter wurden auch nicht richtig klein davon. Stella gab innerlich ihrer Mutter recht. Sehr fraglich, ob das Pesto so wirklich intensiver schmecken würde, wie Luis behauptete, weil sich mit seiner Methode angeblich die ätherischen Öle besser entfalten konnten.
»Aus den Presseerklärungen der Carabinieri. Ein alter Freund von mir ist Polizeireporter in Mailand. Der hält mich auf demLaufenden.« Er schüttete die gerösteten Pinienkerne zu dem Basilikum in den Mörser und übernahm die Arbeit mit dem Stößel. Dank seiner gestählten Armmuskulatur schaffte er es spielend, die Blätter mit einem Dreh zu zerquetschen. Im Nu hatte er unter ständigem Einsatz von Olivenöl eine schöne Paste geschaffen, die herrlich roch. Stella übernahm die Aufgabe, den Parmesan zu reiben. Zufrieden betrachtete sie die Käseflocken, die in den Teller fielen. Perfekt, nicht zu hart und nicht zu krümelig. Luis schüttete das Pesto vom Mörser in eine Schüssel und rührte den Parmesan und noch mehr Olivenöl unter. Es half alles nichts, sie musste die Informationen einzeln erfragen, freiwillig gab er sie nicht preis.
»Rufst du ihn ständig an oder wie, deinen Freund, den Polizeireporter?«
»Er mailt mir immer, wenn er was Neues
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