Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
Vom Netzwerk:
dunkel.
    Katharina zündete sich mit der Bemerkung »Ist ja jetzt auch schon egal« eine Zigarette an. »Lasst uns einen trinken gehen. Ich kenne da eine sehr hübsche Bar.«

17
    Die Bar hieß aus unerfindlichen Gründen Il Lupo und befand sich im Keller, was Stella schade fand. Wozu hielt sich eine Deutsche in Italien auf, wenn sie nicht die warmen Abende im Freien genoss und sich stattdessen in muffige Kellerräume zurückzog. Wahrscheinlich entsprach eine Bar ohne Frischluftzufuhr einer noch immer virulenten steinzeitlichen Sehnsucht nach einer Höhle, nahm sie an. Es konnte aber auch embryonale Sehnsucht sein. Oder beides zusammen. Anders war Katharinas Behauptung, dies sei eine hübsche Bar, nicht zu erklären. Sie entsprach ungefähr den ästhetischen Leitlinien für ein Kulturzentrum der hessischen SPD, inklusive der einfachen Resopaltische und gedrechselten Stühle, für die Ikea sich in Grund und Boden geschämt hätte. An den Wänden hingen Fotos der bedauernswerten Jazzmusiker, die dazu verdammt gewesen waren, in diesem Etablissement aufzutreten. An einer Längsseite klemmte ein Tresen, hinter dem sich auf Regalen ein paar Flaschen verloren. Trotz der unterirdischen Lage nahe der Erdwärme war es so kalt, dass Stella fröstelte. Eine Mittfünfzigerin, die schwer an ihren Wechseljahren schleppte, schichtete Bierkisten von einem Stapel in einen anderen um. Die einzige Menschenseele in dem kahlen Raum. »Das ist nicht dein Ernst«, sagte Renate zu Katharina. »Lass uns raus in die Wärme gehen.« Stella betrachtete sie mit Sympathie. Renate war gar nicht so lasch wie sie aussah.
    »Wartet ab«, sagte Katharina. »Das wird besser.« Sie bestellte bei der dicken Bedienung, deren Fettpolster unter einem dünnen schwarzen Kleid beängstigend schwappten, zwei Weißwein und für sich ein Bier, weil sie von den vielen Medikamenten sonst Sodbrennen bekam. Da ging die Tür auf und die Sonne kam doch noch herein. In Gestalt des attraktivsten Mannes, den Stella je gesehen hatte. Er war so schön, dass sie fast befürchtete, rot zu werden aus Verlegenheit. Mit allen Attributen, die einschöner Mann haben muss, nur nicht so alt wie George Clooney. Er kam zum Tisch, umarmte und küsste Katharina, und Stella erfuhr bei der Gelegenheit, dass er Giovanni hieß und in dem Kulturkeller als Barkeeper zur Dekoration beitrug. Dann nahm er die Sache mit den Getränken in die Hand, elegant und souverän, sich sehr wohl bewusst, dass drei Frauen ihn anstarrten.
    »Na, was habe ich euch gesagt.« Katharina strahlte. Ihrer Meinung nach war ein gutaussehender Mann genug Entschädigung für die entgangene italienische Nachtwärme.
    »Der ist schwul«, sagte Renate, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. Katharina lächelte, widersprach aber nicht. Giovanni tanzte federnd mit den Getränken heran. Stella stellte bei näherer Betrachtung fest, dass er wusste, wie schön er war, wodurch er einen großen Teil seines Zaubers sofort wieder verlor. Sie konnte Männer, die es darauf anlegten, sie an Attraktivität zu übertrumpfen, nicht leiden. Als Frau sah man sich an ihrer Seite in einen ständigen Wettbewerb gezwungen, das strengte schon bei Freundinnen unnötig an. Katharina hatte damit keine Probleme. Gestählt durch die jahrzehntelange Anbetung von Jim und Jules, konnte ihr Selbstbewusstsein ein wenig männliche Konkurrenz locker aushalten. Erst recht, wenn sie mit Bewunderung gepaart war, wie bei Giovanni. Er lächelte sie mit makellosen Zähnen an, aber sie dachte nicht daran, es ihrerseits mit der Freundlichkeit zu übertreiben. Sie ließ sich einfach nur hoheitsvoll bedienen, wie es einer Königin gebührt. Als er den Wein servierte, rutschte Stella ein strahlendes Grazie heraus. Ihre deutsche Höflichkeit ging einfach mit ihr durch. Mit Renate ebenfalls. Katharina trank aus der Flasche. Ihre schweren, silbernen Armbänder klirrten leise. Sie trank wie ein Bauarbeiter in großen Schlucken und hielt nach ein paar Sekunden die leere Flasche so hoch, dass Giovanni sie sehen konnte. Noch eine. Er nickte. Renate guckte strafend, sagte aber nichts. Katharina tätschelte ihr beruhigend die Hand. »Sie hat immer Angst, ich trinke zu viel«, erklärte sie Stella. »Dabei ist das dochauch schon egal.« Sie nahm die zweite Flasche in Empfang. »Krebs macht frei. Du hast ja nichts mehr zu verlieren. Nicht mal mehr das Leben.« Stella konnte nicht erkennen, ob sie es ernst meinte oder nur bitter. »Das hier war Valeries Stammkneipe«,

Weitere Kostenlose Bücher