Es sterben immer drei
die sich konservative Juristen immer noch als Krawattenersatz um den Hals binden und die im Volksmund Propeller heißt. Aber es war keiner.
»Hast du so was schon mal gesehen?«, fragte Luca. Den italienischen Text fasste er auf Deutsch kurz zusammen. Demnach handelte es sich bei dem merkwürdigen Gegenstand um eine ukrainische Büroklammer, deren Draht in Form eines Knochens gebogen war. Sie war an der Leiche von Valerie von Kollwitz sichergestellt worden. Aus ihrem Dekolleté. Zuerst dachten die Ermittler, sie könnte mit dem Draht ihren Büstenhalter repariert haben, aber sie trug einen nagelneuen Schwangeren-BH, der tadellos in Ordnung war. Auch bei der Durchsuchung von Valeries Zimmer in Pornello hatte die Polizei nicht den geringsten Hinweis auf diese Art von Büroklammern gefunden.Inzwischen vermutete man eher, dass sie dem Mörder beim Transport der Leiche aus der Tasche gefallen war. »Denk nach. Hast du so eine Büroklammer wirklich noch nie gesehen?«
Stella schüttelte nachdenklich den Kopf. Nein, hatte sie nicht. Auch wenn ihr das Ding irgendwie bekannt vorkam. Ukrainische Büroklammer. Ging es noch exotischer? Was hatte die in Valeries Dekolleté zu suchen?
»Wie gesagt, wir wissen es nicht.« Luca gähnte. Er steckte die Papiere wieder in den Umschlag. »Wenn du eine Idee hast, sag Bescheid.« Er stand schon in der Haustür. »Morgen früh muss ich topfit sein. Sei mir nicht böse, aber ich fahre jetzt nach Hause.«
Stella hoffte, Bedauern in seiner Stimme zu hören. Mit einer gemein nagenden Enttäuschung schaute sie ihm zu, wie er den Carabinieri-Fiat bestieg, wendete und davonraste, als könne er nicht schnell genug von ihr wegkommen. Die Sache mit der Verführung eines Mannes hatte Valerie ihr ganz anders geschildert. Viel unkomplizierter. Sie ging ins Bett, begleitet von dem leisen Schnarchen ihrer Mutter aus dem Nebenzimmer, das sie tröstete wie ein Wiegenlied ein Baby.
19
Am nächsten Morgen um zehn Uhr betrat Irma gleichzeitig mit einem kurzen energischen Klopfen Stellas Zimmer. »Der hübsche junge Polizist ist also doch noch nach Hause gefahren«, stellte sie fest, während Stella vergeblich versuchte, den Traum festzuhalten, in dem sie sich gerade so wohlgefühlt hatte, aber er war unwiederbringlich verloren. »Hast du ihn verärgert?« Irma hatte beschlossen, den Tag als Quälgeist zu beginnen. Sie öffnete beide Fenster, um die frische Luft hereinzulassen, sammelteStellas verstreute Kleidung vom Boden auf und hängte sie fein säuberlich über die Stuhllehne am Schreibtisch. »Zu meiner Zeit hätte sich ein Mann ein so verliebtes Angebot wie deines nicht zweimal machen lassen.«
Sie war schon wieder ganz die alte.
»Mama«, versuchte Stella zu protestieren. Aber sie fühlte sich noch zu schwach, um die Energieausbrüche ihrer Mutter zu kontern. »Er musste heute Morgen um acht in ein Meeting«, versuchte sie Lucas Abwesenheit zu entschuldigen.
»Meeting!« Irma schnaubte, als sei das nun wirklich keine Entschuldigung. Das Frühstück stand seit Stunden auf dem Tisch, außerdem hatte Otto angerufen. Er machte sich Sorgen und überlegte, persönlich anzureisen. Aufgeschreckt von Katharina, die nichts anderes zu tun hatte, als ihn gleich in der Früh mit einem völlig aufgebauschten Bericht über die neuesten Ereignisse zu überfallen. Irma hatte zwar versucht, ihn zu beruhigen, »aber wetten, er steht spätestens heute Abend in der Tür«. Dann wollte noch die »entzückende Marlene« mit Stella reiten gehen und ein Besuch bei Luis im Krankenhaus stand auch an. Sie hielt Stella den BH hin. »Besser, du stehst auf.«
Eine halbe Stunde später saßen beide im BMW-Cabrio und ließen sich vom Navigationsgerät bis zum Krankenhausparkplatz dirigieren. Vor Luis’ Zimmer stand zwar ein Stuhl, aber von einem Polizisten, der auf ihn aufpassen sollte, war weit und breit nichts zu sehen. Luis lag wach im Bett, immer noch an die piependen Apparate angeschlossen und noch zu schwach, um Umarmungen zu verkraften. Er freute sich. Irma packte die mitgebrachten Säfte und das Obst aus, worauf sie bestanden hatte, weil sie in Krankenhausbesuchen erfahrener war als ihre Tochter. Stella setzte sich zu Luis und hätte aus Sorge am liebsten seine Hand gehalten, aber das wagte sie nicht. Er hätte das vielleicht als Grenzüberschreitung aufgenommen. Irma, die sich prinzipiell von solchen Bedenken nicht zurückhalten ließ, tätschelte ihm das Gesicht, schüttelte sein Kissen auf, öffnete
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