Es sterben immer drei
alsFrischluftfanatikerin auch hier das Fenster, setzte sich ungefragt mit ihrem Obstmesser ans Bett und schälte Orangen.
»Also was ist passiert?«, fragte Stella.
»Das hat mich Maresciallo Sculli heute Morgen auch schon gefragt, aber sehr viel konnte ich ihm nicht sagen.«
»Luca war schon hier?«
Luis nahm einen der Orangenschnitze, die Irma ihm auf einem Teller auf den Nachttisch gestellt hatte. »Nur kurz. Er wollte wissen, ob ich schon wach bin.« Er wiederholte alles, was er dem Maresciallo erzählt hatte, auch auf die Gefahr hin, damit vielleicht eine Straftat zu gestehen. Dass er sich kurz vor Feierabend in die Verwaltungsabteilung der Olivenölfirma Cavallo geschlichen hatte, auf der Suche nach konkreten Hinweisen für die illegalen Geschäfte, die er vermutete. Die Steuerunterlagen vom Computer der Contessa schienen, soweit er das verstand, in Ordnung zu sein. Einnahmen, Ausgaben, Abschreibungen, alles korrekt. Aber das wunderte ihn nicht weiter. Nur Laien fingierten ihre Steuerbetrügereien so, dass ein Finanzbeamter sie auf den ersten Blick erkennen konnte. Luis fand die Zahlungen an eine deutsche Feinkostfirma in Düsseldorf verdächtig, die ganz Deutschland mit allerfeinstem Olivenöl Extra Vergine flutete, aus biologischem Anbau. Hunderttausende von Litern aus der Toskana, zu exorbitanten Preisen. In Düsseldorf und München gab es dafür vielleicht ein paar Interessenten, aber dann wurde der Abnehmerkreis doch schon sehr dünn. Millionen Euros waren hin und her geflossen, von der EU gab es für die Pflege des traditionellen europäischen Wirtschaftsgutes noch Cash extra. Alles höchst fragwürdig, aber deshalb noch nicht illegal. Ihn hatten die riesigen Exportmengen daran erinnert, dass nur ein Drittel des Bordeauxweines, der insgesamt in der Welt verkauft wurde, aus dem Bordelais stammen konnte. Mehr wurde dort nicht produziert. Er fragte sich, wie viel toskanische Biobauern es wohl gab und wie hoch ihre Erträge waren, konnte aber keine genauen Angaben finden. Also suchte er in der Fabrik selbernach Belegen für die Herkunft des Öls. Ohne Erfolg, leider. Nur schien ihn dummerweise jemand beobachtet zu haben, denn auf dem Rückweg überfielen ihn zwei Männer, schleppten ihn in den nahe gelegenen Wald, verprügelten ihn und ließen ihn liegen. Er schaffte es noch, Stella anzurufen und fiel dann in Ohnmacht. Aber offenbar hatten die Männer ihrerseits schon den Pförtner alarmiert, mit der Lüge, dass er vom Felsen gestürzt sei. Umbringen wollten sie ihn also nicht, sondern nur warnen.
»Trugen die Männer Strickmützen?«, fragte Stella. Auf sein Nicken erzählte sie ihm von den Einbrechern, die Irma in den Wandschrank eingeschlossen hatten. Der Verlust seines Computers ärgerte ihn. »Er ist noch nicht mal abbezahlt.« Er bat Irma um Bleistift und Papier, da er aus Erfahrung wusste, dass Stella damit nie dienen konnte. Ihre perfekt organisierte Mutter holte beides aus der Handtasche. Er notierte einen Namen und gab Stella den Zettel. »Feinkost Dolce&Sauer in Düsseldorf«, sagte er. »Kannst du bei der nächsten Gelegenheit bitte mal googeln, wem der Laden gehört?«
»Olivenölpanscherei, dass ich nicht lache«, brummte Irma auf dem Krankenhausflur, verscheucht von einem Pulk Ärzte, die den Patienten untersuchen wollten. Irma hatte sich zwar inzwischen mit der Mafiatheorie angefreundet, fand aber das Betätigungsfeld Olivenölpanscherei unter der Würde einer ambitionierten kriminellen Vereinigung, deren Kernkompetenzen Drogenhandel und Prostitution einschlossen. Egal wie hoch die Gewinnspanne beim Öl sein mochte.
Nach der Visite war Luis müde. Er war immer noch schwach und sein Bein tat ihm weh. Stella fragte am Empfang nach einem Internetcafé, aber der Mann, der schnell die Pornoseite wegklickte, als sie an den Tresen traten, konnte sich nicht erinnern, ob es im Ort eines gab. Außer Jochen mit seinem Blackberry war Katharina der einzige Mensch mit Internetzugang, den sie in dieser Gegend kannte.
Irma war bei ihrer Arbeit als Miss-Marple-Klon schon ein Stück weitergekommen. Mochte sein, dass Luis wegen seines Rumgeschnüffels in der Produktionsanlage verprügelt worden war, aber was hatte das mit dem Mord an Valerie zu tun? »Sie beim Joggen abknallen und dann so laienhaft verstecken, dass sie vom erstbesten Dorfköter aufgestöbert wird, so dämlich ist kein Mafioso«, behauptete sie. Sie liefen zielstrebig über den Parkplatz zum BMW. Irma kam kaum mit, was ihren
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