Es stirbt in mir
Körper inspiziere, durchstöbern meine Gedanken brutal ihren Geist, verschonen auch nicht den intimsten Winkel, und ich genieße meine Kraft. Rücksichtsvoll brauche ich nicht zu sein. Ich bin ihr nichts schuldig: Sie hat sich mir aufgedrängt. Zuerst prüfe ich, ob sie gelogen hat, als sie sagte, sie habe noch nie von Kitty gehört. Es ist die Wahrheit: Kitty ist nicht mit ihr verwandt. Eine zufällige Namensgleichheit, weiter nichts. »Ich möchte schwören, daß du ein Dichter bist, Dave«, sagt sie, als wir umschlungen auf das ungemachte Bett sinken. »Das sagt mir auch meine Intuition. Auch wenn du augenblicklich diese Semesterarbeiten machst – in Wirklichkeit bist du ein Dichter, nicht wahr?« Meine Hände streichen über ihre Brüste und ihren Bauch. Ihrer Haut entströmt ein scharfer Geruch, der einem den Atem verschlägt. Sie muß sich mindestens drei, vier Tage nicht gewaschen haben. Egal. Auf einmal kommen ihre Brustwarzen zum Vorschein, winzige, steife, rosa Zapfen. Sie windet sich. Ich fahre fort, ihren Geist zu plündern, wie ein Gote das Forum Romanum. Sie ist für mich wie ein offenes Buch; dieses unerwartete Entgegenkommen ist mir ein Vergnügen. Ihre ganze Autobiographie ist mir zugänglich. In Cambridge, Massachusetts, geboren. Zwanzig Jahre alt. Vater Professor, Mutter Professor. Ein jüngerer Bruder. Ungezügelte Kindheit. Masern, Windpocken, Scharlach. Pubertät mit elf, Verlust der Jungfernschaft mit zwölf. Abtreibung mit sechzehn. Mehrere Ausflüge in die lesbische Liebe. Leidenschaftliches Interesse für die dekadenten Poeten Frankreichs. Acid, Meskalin, Psilocybin, Kokain, sogar auch ein bißchen ›smack‹. Das hat ihr Guermantes gegeben. Guermantes ist auch fünf- bis sechsmal mit ihr ins Bett gegangen. Lebhafte Erinnerungen daran. Ihr Geist zeigt mir mehr von Guermantes als mir lieb ist. Er ist äußerst eindrucksvoll bestückt. So hat jeder seine Gaben. Lisa präsentiert ein Selbstbildnis von Härte und Aggressivität, Herr ihrer Seele, Meister ihres Schicksals, etc. Unter dieser Tarnung aber ist sie natürlich genau das Gegenteil; sie hat eine Heidenangst. Gar nicht so übel, dieses Mädchen. Ich verspüre Gewissensbisse wegen der Rücksichtslosigkeit, mit der ich, ohne ihre Privatsphäre zu achten, in ihre Gedanken eingedrungen bin. Aber ich habe auch meine Bedürfnisse. Ich höre nicht auf, sie auszuforschen, während sie mich inzwischen mit dem Mund bearbeitet. Ich kann mich kaum daran erinnern, wann das zuletzt ein Mädchen für mich getan hat. Ich kann mich überhaupt kaum an meinen letzten Beischlaf erinnern, so schlecht ist es mir seit einiger Zeit ergangen. Sie ist eine Fellatio-Expertin. Ich würde ihr gern den gleichen Gefallen tun, aber das bringe ich einfach nicht fertig; manchmal bin ich doch ein bißchen empfindlich, und Lisa ist gewiß keine der saubersten. Das Vergnügen überlasse ich lieber den Guermanteses dieser Welt. Ich liege da, lese in ihren Gedanken und akzeptiere das Geschenk ihrer Lippen. Ich komme mir männlich, kraftvoll und selbstsicher vor, und warum auch nicht? Schließlich genieße ich zweifachen Input, einen im Kopf und einen in meinen Lenden. Ohne mich aus ihrem Geist zurückzuziehen, löse ich mich von ihrem Mund, drehe mich um; sie spreizt die Beine, und ich dringe tief in ihre enge Höhle ein. Selig, der Zuchthengst. Selig, der Stier. »Ooooh«, stöhnt sie und winkelt die Knie. »Ooooh!« Und wir spielen das doppelrückige Tier. Insgeheim weide ich mich am Feedback, zapfe ihre Lustreaktionen an und verdopple dadurch meine eigenen; jeder Stoß bringt mir vervielfältigtes und herrlich exponentiales Vergnügen. Doch dann geschieht etwas Komisches. Obwohl Lisa nicht einmal annähernd kommt – wodurch unser mentaler Kontakt, wie ich genau weiß, abreißt –, werden die Emanationen ihres Geistes plötzlich unregelmäßig und weniger scharf, sind plötzlich nicht mehr Signal, sondern Geräusch. Die Bilder zerfallen zu dumpfen Resonanzen. Das, was durchkommt, ist verzerrt und weit entfernt; verzweifelt mühe ich mich, Kontakt mit ihrem Bewußtsein zu halten, aber es hilft nichts, hilft nichts, sie entgleitet mir, weiter und weiter, bis überhaupt keine Kommunikation mehr besteht. Und in diesem Augenblick der Trennung wird mein Schwanz auf einmal schlaff und rutscht aus ihrem Ofen. Das überrascht, erschüttert sie. »Was is’ denn los?« fragt sie mich. Ich kann es ihr nicht erklären. Mir fällt ein, daß Judith mich vor einigen Wochen gefragt
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