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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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ist eine beeindruckende Maschine, ja, wirklich«, bemerkte er.
    Gretel kam zu der Erkenntnis, dass das surreale Element, das dieser heitere Folterknecht darstellte, ihr allmählich den Verstand vernebelte. Ihr kam eine alte türkische Strafe in den Sinn, bei der das Opfer vor die Wahl gestellt wurde, ob seine Hoden zwischen Ziegelsteinen oder Seidenkissen zerquetscht werden sollten. Welches Verbrechen der elende Übeltäter begangen haben musste, um solch eine Behandlung zu rechtfertigen, wollte ihr nicht mehr einfallen. Sie wusste nur, dass sie allmählich eine besorgniserregende alttürkische Würze an Dingen bemerkte, mit denen sie gar nichts zu tun haben wollte.
    »Ich bin ein wenig verwirrt«, bekundete sie leise.
    »Ich beantworte dir gern deine Fragen, also raus damit«, erbot Herr Schmerz sich hilfsbereit.
    »Ich hatte angenommen, man würde mir wegen eines Verbrechens, dessen ich fälschlich beschuldigt werde, den Prozess machen. Ich sehe wirklich keine Notwendigkeit   …« Mit zitterndem Finger deutete sie auf die Folterinstrumente.
    »Prozess? Harharhar!« Schmerz lachte noch herzlicher als zuvor. »Du liebe Zeit, nein!« Er wischte sich eine Lachträne aus dem Auge. »Nein. So was hatten wir hier nicht mehr seit, ach, lass mich nachdenken   …« Er kratzte sich an seinem haarlosen Kopf. »Na ja, nicht mehr, seit König Julian gekrönt wurde, soviel steht fest. Zu zeitaufwendig, hat er gesagt. Nein, Folter ist besser. Viel schneller. Und viel weniger Papierkram.«
    »Dagegen lässt sich schwerlich etwas einwenden, Herr Schmerz. Wie dem auch sei, ich glaube dennoch, es wäre ein bisschen fairer, bekäme die beschuldigte Person zumindest eine Chance, ihre Unschuld zu beteuern.«
    Schmerz holte ein zusammengezwirbeltes Papier aus der Tasche. Als er es öffnete, kamen Sahnebonbons zum Vorschein, die er den Anwesenden anbot.
    »Auch eins? Nur zu, nimm dir.«
    Die Soldaten griffen zu, Gretel zögerte.
    Schmerz warf sich eines in den Mund und kaute energisch, während er weitersprach: »Unschuld? Nee, so läuft das nicht. Du wärst jetzt nicht hier, wenn du unschuldig wärst, meinst du nicht?«
    Gretel suchte nach einer vernünftigen Antwort, aber ihr Kopf war voller Bilder von dem heiteren Folterknecht, der munter Sahnebonbons kauend stählerne Nägel   – feinste Handwerksarbeit   – in ihren schutzlosen Körper trieb.
    »Also, das läuft so. Ein Delinquent, in diesem Fall du, wird wegen irgendeines schlimmen Verbrechens in den Kerker geworfen. Natürlich wird er seine Schuld abstreiten. Deshalb bringt man ihn zum Folterknecht, das ist meine Wenigkeit, und ich nutze meine Fähigkeiten und Instrumente, um ein Geständnis aus ihm herauszuquetschen. Der König überlegt sich ein passendes Urteil, und aus die Maus. Aufgabe erledigt, und alle können wieder nach Hause gehen. Na ja, du natürlich nicht, aber wir anderen. Jetzt klar?« Er schaute sie an und wartete, und seine Augen strahlten vor Liebe zu seiner Arbeit und dem aufrichtigen Bedürfnis, sein Wissen mit anderen zu teilen.
    Gretel musste sich jetzt zusammenreißen, so viel war ihr klar.
    »Das ist lächerlich«, sagte sie mit einer Stimme, die so standhaft klang, wie es in der unmittelbaren Nähe von Sissi Streck und ihren Freunden nur möglich war. »Ich verlange einen Advokaten. Zumindest das dürfte mir doch gewiss zustehen?«
    »Nutzt nichts, mich nach Advokaten, Besuchsrechten und so was zu fragen.« Herr Schmerz, dessen Arbeit für diesen Abend offensichtlich getan war, schlenderte davon, um ein Brandeisen zu polieren.
    »Wen kann ich dann fragen?«, jammerte Gretel, als die Soldaten sie fortschleppten.
    »Handle das mit deinem Kerkermeister aus, Fräulein. Wird dir auch nicht helfen, aber wenn es dir so wichtig ist   …«
    Sie wurde tiefer in den Kerker des Schlosses gebracht, aber nicht, wie erwartet, in die feuchte Zelle, die sie sich erst vor so kurzer Zeit mit Bauer Bruder hatte teilen müssen. Stattdessen führte man sie in eine saubere, geräumige Kammer mit einem großen Fenster, das den Blick auf einen großen Hof auf der Rückseite des Schlosses gewährte. Es gab ein niedriges Bett mit einer passablen Matratze, die glücklicherweise fleckenfrei war, einen Tisch, einen Stuhl und sogar eine bereits entzündete Lampe. Die vergleichsweise luxuriöse Unterbringung heiterte Gretel auf, und sie beschloss, dies als gutes Zeichen zu werten.
    Der Kerkermeister   – derselbe penetrante Wärter, der sich bei ihrer letzten Gefangenschaft als

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