Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
halten. Wie können Sie es nur wagen, Hart? Ich bin empört – nein, mehr noch als nur empört. Ich betrachte Ihre Verlobung als gelöst!“ Die Hände in die Hüften gestützt und mit einem so hochroten Kopf, dass er einem Herzanfall bedenklich nahe erschien, starrte er Hart an.
Hart war ein Mann, der vor niemandem sein Verhalten rechtfertigte, ausgenommen vor Francesca. Am liebsten hätte er in diesem Moment seinen Gegner wie ein lästiges Insekt zerdrückt, doch dann sah er Francescas Gesicht vor sich, das ihn flehend anblickte. Er wusste, er sollte die Situation jetzt aufklären, aber jede Faser seines Körpers sträubte sich allein schon gegen den Gedanken. Er war Francesca treu gewesen, und seit es sie in seinem Leben gab, hatte er keiner anderen Frau mehr einen verlangenden Blick zugeworfen. Sie interessierten ihn nicht mehr. „Fordern Sie mich nicht heraus“, warnte er Andrew mit leiser Stimme. „Sie tun besser daran.“
„Wollen Sie etwa leugnen, dass Sie eine Geliebte haben?“, fuhr Cahill ihn an, der offensichtlich nicht verstand, welchen Fehler er beging.
Hart spürte, wie sich sein Mund zu einem eisigen Lächeln verzog. Cahill schuldete der Bank of New York die Rückzahlung mehrerer Darlehen. Mit einem der Direktoren war Hart gut bekannt – der Mann hatte eine Vorliebe für männliche Gespielen, obwohl er Frau und Kinder hatte. Und er kannte auch den Direktor. Vor Jahren hatte der Mann am Rande eines Bankrotts gestanden, woraufhin Hart ihm entgegengekommen war und dessen Waren zum Selbstkostenpreis verschifft hatte, wobei er die Bezahlung so lange ausstellte, bis es dem Mann gelungen war, diese Waren zu verkaufen. Nein, Cahill sollte sich ganz sicher nicht mit ihm anlegen. Darlehen konnten vorzeitig gekündigt werden, und das würde erst der Anfang sein, sollte er Andrew Cahill in die Knie zwingen wollen.
Doch da war auch wieder Francescas Gesicht, die blauen Augen weit aufgerissen und von einem stummen Flehen erfüllt. Sie verehrte ihren Vater. Seufzend sah er ein, dass er zumindest einen letzten Versuch unternehmen und sich mit Francescas Vater versöhnen sollte, bevor er zu wirklich drastischen Mitteln griff.
„Sir“, sagte er kühl. „An dem Tag, an dem ich mich mit Ihrer Tochter verlobte, beendete ich meine Affäre mit Miss Jones. Sie wohnt lediglich weiter in meinem Haus, weil ich versprach, mich ihrer für sechs Monate anzunehmen. Obwohl davon noch drei Monate verbleiben, habe ich sie inzwischen aufgefordert, das Haus zu verlassen. Francesca weiß davon. Es ist die Wahrheit, und ich widerspreche entschieden allen anderen Schlüssen, die Sie daraus gezogen haben.“
„Sagen Sie, halten Sie mich für einen Dummkopf? Wen wollen Sie denn mit einer so fadenscheinigen Erklärung überzeugen?“ Dann aber lächelte er kühl und zeigte sich von derrücksichtslosen Seite, die ihm geholfen hatte, vom Sohn eines Farmers zu einem amerikanischen Millionär aufzusteigen. „Und selbst wenn Sie mir die Wahrheit gesagt haben sollten, kümmert es mich nicht. Ich habe diese Verlobung nie befürwortet, und jetzt ist sie gelöst, Hart. Ich werde es Francesca heute Abend sagen.“
Fassungslos sah Hart seinen neuen Feind an. Es wäre ein Leichtes, Andrew Cahill all den Reichtum und alle Macht zu entreißen. Und es wäre ein Leichtes, ihn dazu zu bringen, dass er Hart gab, was der haben wollte. Cahill war ihm in keiner Weise gewachsen.
Aber dann würde er gegen Francescas Vater vorgehen. Und Francesca würde leiden, weil sie zwischen ihrem Vater und ihrem Geliebten wählen müsste.
Es war egal, was er unternahm, er konnte nicht gewinnen. Cahill hob eine Augenbraue. „Wie ich sehe, haben Sie dagegen nichts einzuwenden.“
„Sie begehen einen schweren Fehler“, erklärte Hart kühl, dann nickte er knapp. „Ich finde allein den Weg nach draußen.“
Es war Samstagnachmittag, und am Madison Square herrschte starker Verkehr. Als Francesca zusammen mit Joel aus Harts Kutsche ausstieg, sah sie ein Dutzend Ladys im Park, umgeben von einem ganzen Rudel ausgelassen tobender Kinder. Auch einige Gentlemen hielten sich dort auf. Alle Bänke waren besetzt, doch es war ein herrlicher Frühlingstag, der sich als guter Vorbote für den Mai präsentierte. Seit sie mit ihrer Schwester über ihre Sorgen hatte reden können, fühlte sie sich deutlich besser. Connies Einstellung war zweifellos richtig – immerhin hatte Joel ihr von Hart eine Einladung zum Abendessen überbracht. Kaum war ihr Plan in Aktion
Weitere Kostenlose Bücher