Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
einen Finger auf ihre Lippen. „Lass mich ausreden.“
Sie nickte, auch wenn es ihr schwerfiel.
„Ich wusste, der Schöngeist in dir besitzt einen erstaunlichen Intellekt, die Kriminalistin ist couragierter und entschlossener, als man es von einem Menschen erwarten kann. Und die Romantikerin in dir schenkt mehr Hoffnung und Vertrauen, als es irgendein Mann verdient hätte. Ich wusste, du bist so exzentrisch wie ich, womöglich noch exzentrischer. Und ich wusste, dahinter verbirgt sich eine Frau mit großer Leidenschaft. Das alles wusste ich, Francesca. Ich wusste es auf Anhieb, und wenig später war mir klar, du bist die richtige Frau für mich.“ Er lächelte ein wenig. „Aus einem unerklärlichenGrund wusste ich, wir beide würden besser zusammenpassen, als es sich irgendjemand träumen lassen könnte.“
Ihr stockte der Atem. War das wirklich Hart, der all diese Dinge aus freien Stücken zugab?
„Aber es gab eine Sache, die war mir nicht klar“, fuhr er leise fort und legte seine Hände an ihr Gesicht. In seinen Augen erkannte sie die Tiefe seiner Gefühle – und Tränen.
„Was war das?“, brachte sie heraus, obwohl ihre eigenen Gefühle ihr fast die Stimme raubten.
„Mir war nicht klar, dass ich im Begriff war, mich in dich zu verlieben“, sagte er und hielt ihrem Blick stand.
Sie konnte nichts erwidern. Tränen stiegen ihr in die Augen, während sie von mehr Liebe erfüllt wurde, als eine Frau überhaupt empfinden konnte.
An seinen Augen war noch immer abzulesen, wie tief seine Gefühle gingen. „Francesca, ich liebe dich“, flüsterte er, als er sie an sich drückte.
Sie hielt ihn fest, während die Freude sie zu überwältigen drohte. „Und ich liebe dich“, erwiderte sie.
– ENDE –
Brenda Joyce
Nie wieder sollst du lieben
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Judith Heisig
1. KAPITEL
New York City
Montag, 2. Juni 1902
Vor Mitternacht
„Francesca, ich finde es wunderbar, dass du dich bereit erklärt hast, den Vorsitz des Wohltätigkeitskomitees der Ladies Citizen Union zu übernehmen“, sagte Julia Van Wyck Cahill, während sie dem Portier ihren rubinroten Mantel reichte. Sie war schlank, schön und elegant, und sie trug eine berühmte Kette, die einmal einer Habsburger Prinzessin gehört hatte. Als sie so mit ihrer Tochter in der Eingangshalle ihres Hauses in der Fifth Avenue stand, strahlte sie vor Zufriedenheit.
Wohingegen Francesca gedankenverloren wirkte. Auch sie entledigte sich ihres leichten Umhangs aus türkisfarbenem Satin, der zu ihrem Abendkleid passte. „Mama, genau genommen habe ich mich nicht bereit erklärt. Ich nehme an, du und Mrs Astor habt einfach entschieden, dass ich den Vorsitz übernehme.“
Julias blaue Augen weiteten sich in gespielter Ahnungslosigkeit. „Aber Darling! Wie kommst du nur auf so etwas? Du bist die jüngste Vorsitzende, die das Komitee je hatte, und du wirst deine Sache hervorragend machen – das tust du immer.“
Tatsächlich störte es Francesca nicht, die Rolle der Vorsitzenden zu spielen, da ihr derzeitiger Auftrag ein Routinefall war. Eine Nachbarin aus dem Haus hatte festgestellt, dass mehrere Gegenstände aus ihrer Dachkammer verschwunden waren, darunter einige wertvolle Familienerbstücke. Nachdem sie in den Zeitungen alles über Francescas letzten Fall gelesen hatte, bat sie sie um ihre kriminalistische Unterstützung. Schon jetzt war Francesca nahezu sicher, dass es sich bei dem Dieb um Mrs Cannings Schwiegersohn handelte.
„Es ist für einen guten Zweck, und jemand muss die Spenden für das Fest auftreiben.“ Francesca seufzte. „Ich wünschte nur, du hättest vorher gefragt, ob ich die Zeit habe, mich dieser Aufgabe mit der nötigen Aufmerksamkeit und Anstrengung zu widmen.“
Besänftigend strich Julia ihr über den Arm. „Es tut mir leid, Liebes. Natürlich hätte ich fragen sollen.“
Francesca wusste nur zu gut, was ihre Mutter vorhatte. Als einflussreiche Größe der New Yorker Gesellschaft entsetzte Julia die neue Tätigkeit ihrer Tochter. Trotz Francescas Erfolg wollte sie nicht, dass sich ihr Kind in irgendeine Ermittlung einschaltete. Gleichzeitig erleichterte es sie, dass Francesca nun an einem Fall arbeitete, der weder lebensgefährlich noch skandalträchtig schien. Mit dem Spendensammeln für die Citizen Union wollte Julia ihre Tochter beschäftigen, damit sie für nichts anderes mehr Zeit fand als für ihren Verlobten, das wusste Francesca.
Beim Gedanken an Calder Hart schlug ihr Herz schneller. Schon
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