Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
als Prostituierte arbeiten und war entschlossen, die Sache auszusitzen, um dieses Leben führen zu können.“
Francesca war erschüttert. Denn es war unmöglich, keine Erleichterung darüber zu empfinden, dass Daisy nun für immer aus ihrem Leben verschwunden war. Gleichzeitig schämte sie sich für diesen Gedanken und fühlte sich schuldig.
„Wie kannst du bei dieser Sache so ruhig bleiben? Wir sprechen über die Frau, die ich geliebt habe, und den Mann, den du liebst. Verletzt es dich nicht, dass er mit ihr geschlafen hat? Dass er Daisy gekauft hat, damit sie ihm zu Diensten war?“
„Doch, es verletzt mich, sogar sehr“, gestand Francesca. „Aber ich war nicht mit Calder zusammen, als er und Daisy ihre Affäre hatten, und das führe ich mir immer wieder vor Augen. Und niemand hat Daisy gezwungen, Harts Geliebte zu werden. Sie wollte es.“
„Ach ja, stimmt – damals warst du noch mit seinem Bruder zusammen, mit Rick Bragg!“
„Das ist eine Ewigkeit her“, erwiderte Francesca ruhiger, als sie sich fühlte. Sie verstand, dass Rose in ihrem Schmerz auf alles und jeden einschlug. „Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf und bin erstaunt über die überraschenden Wendungen, die mein Leben genommen hat, aber es gibt keinen Weg zurück. Ich liebe Calder, Rose. Und ich weiß, wie sehr du Daisy geliebt hast. Ich weiß, dass du trauerst und dass du wütend bist. Doch je mehr du mir erzählst, desto schneller kannich diesen Fall lösen.“
„Wie kannst du nur so blind sein?“, fuhr Rose sie an. „Daisy wurde nicht wegen ihrer Vergangenheit ermordet. Du hast das Mädchen doch gehört! Hart war wütend auf sie, so wütend, dass er gegen eine Tür getreten ist und sie zerbrochen hat! Er war wütend, weil sie versuchte, ihn zurückzuerobern. Er war wütend, weil sie versuchte, dir wehzutun, weil sie versuchte, sich zwischen euch zu drängen, weil sie sich weigerte, dieses Haus zu verlassen. Niemand wollte sie dringender aus dem Weg haben als Hart.“
Mit jedem Wort hatte Rose zweifellos Recht, doch ebenso offensichtlich war, wie wütend sie auf Hart war. Wie wütend musste sie erst auf Daisy gewesen sein!
„Hast du das auch der Polizei gesagt?“, fragte Francesca.
Herausfordernd reckte Rose ihr Kinn. „Selbstverständlich. Ich habe ihnen alles gesagt.“
Bei diesem Satz zog sich Francescas Herz voller Angst zusammen. „Was soll das heißen?“
Ein boshaftes Lächeln war die Antwort. „Ich war bei Kate Sullivans Begräbnis. Ich habe ihn gehört, Francesca – ich stand direkt hinter euch.“
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, log Francesca.
Triumphierend stand Rose auf. „Er sagte dir, er würde sich schon um Daisy kümmern, und was er meinte, war offensichtlich. Er würde alles tun, alles, um sie aufzuhalten. Und letzte Nacht hat er genau das getan.“
Rourke stand in der großen Eingangshalle der Channings, wo die Jagdtrophäe eines großen weißen Wolfs von der Wand auf ihn herabsah. Ein Diener war unterwegs, um Sarah und ihrer Mutter seinen Besuch zu melden, und er war seltsam aufgeregt, als wäre er ein Verehrer. Schon zum dritten Mal ermahnte er sich selbst, dass er lediglich ein Freund von Sarah war, auchwenn sie gemeinsam schon einiges durchgemacht hatten. Im Grunde verdankten sie ihre enge Verbindung Francesca. Noch vor einiger Zeit war Sarah mit Evan Cahill verlobt gewesen, eine gänzlich unpassende Verbindung, die beide unglücklich gemacht hatte. Nie hatte Rourke verstanden, wie auch nur eine der Familien hatte denken können, dass ein rücksichtsloser Schurke wie Evan zu einer so aufrichtigen und ehrgeizigen Person wie Sarah Channing passte. Im Allgemeinen hielt man sie für ebenso exzentrisch, wie es ihr Vater gewesen war, und betrachtete sie als Einsiedlerin, doch Rourke wusste, dass die feine Gesellschaft sich irrte – sie war eine ernsthafte und brillante Künstlerin. Ihre ganze Leidenschaft gehörte der Kunst, und er verstand das vollkommen, denn auch er gehorchte einem inneren Antrieb. Er wollte die Ärmsten der Welt heilen, wenn ihm das möglich war.
Beide waren in mehrere von Francescas Fällen hineingezogen worden, so war auch ihre Freundschaft entstanden. Bei einer Ermittlung war Sarah sogar angegriffen und verletzt worden, ein Vorfall, den sich Rourke nicht gern in Erinnerung rief, zumal er zu allem Überfluss Zeuge des Angriffs gewesen war. Das hatte sich im Februar ereignet, und mittlerweile waren zwei Monate verstrichen, seit er den Channings zuletzt einen
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