Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
weiß nicht, was du meinst.“
Doch Francesca sah in ihren dunklen Augen, dass Rose genau wusste, was sie meinte. „War es ein alter Freund aus der Zeit, bevor sie Daisy Jones wurde?“
„Ich weiß es nicht!“
Ihre heftige Reaktion gab Francesca zu denken. „Hatte Daisy noch Kunden, Rose?“
„Nein. An dem Tag, als sie hier einzog, zog sie sich aus dem Geschäft zurück.“
Das ergab Sinn. Warum sollte Daisy weiterhin Kunden empfangen, wenn es finanziell nicht nötig war? „Kannst du dir vorstellen, dass einer ihrer ehemaligen Kunden vielleicht eine solche Leidenschaft für sie empfand, dass er sie tot sehen wollte?“
„Du glaubst, ein Freier hat sie ermordet?“
„Es dürfte wohl nicht das erste Mal sein, dass eine Prostituierte von einem Kunden ermordet wurde.“
„Ich weiß nicht. Darüber muss ich nachdenken.“ Ihr Gesicht verzog sich zu einem bitteren Lächeln. „Natürlich gibt es einen Kunden, den wir beide kennen, der die nötige Leidenschaft für eine solche Tat hätte.“
Aber Francesca lehnte es ab, erneut über Hart zu streiten. „Wie hieß Daisy richtig?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Rose knapp.
Was Francesca ihr nicht glaubte. „Ihr wart die besten Freundinnen, und sie hat dir niemals ihren richtigen Namen gesagt?“
Rose starrte ins Leere. „Nein“, murmelte sie.
Francesca entschied, das Thema zunächst nach hinten zu stellen. „Mir war immer klar, dass sie von vornehmer Herkunft war. Sie hatte hervorragende Manieren, drückte sich gut aus und war ebenso elegant und gut erzogen wie jede Lady aus der Fifth Avenue.“
Rose antwortete nicht.
„Warum hilfst du mir nicht?“, rief Francesca ärgerlich. „Irgendjemand wollte Daisy tot sehen – jemand, der sie gut kannte. Ich muss ihre wahre Identität und ihre Vergangenheit aufdecken.“
„Wir wissen beide, wer Daisy tot sehen wollte“, platzte Rose he raus.
„Und was ist, wenn du dich irrst? Wenn Hart nicht der Mörder ist?“, wollte Francesca wissen.
Sie sah, wie es in Rose arbeitete. Einen Moment sagte niemand etwas, dann rief Rose: „Sie hat mir ihren richtigen Namen niemals gesagt, ich schwöre es! Sie war auf der Flucht vor ihrem alten Leben, Francesca. Sie hat nie davon gesprochen – nie.“
Das fand Francesca höchst seltsam. „Wie habt ihr euch kennengelernt?“
Rose blickte sie an, in ihren Augen schwammen Tränen. „Oh Gott, das ist so lange her!“
„Wie lan ge?“
Rose lächelte unter Tränen. „Acht Jahre. Daisy war eine hinreißend schöne junge Frau. Sie war fünfzehn, aber tatsächlich noch ein Kind. Unschuldig und naiv. Ich ging schon seit Jahren anschaffen – und war so viel älter als sie, wenn auch nicht an Jahren. Ich war sechzehn, als wir einander begegneten und Freundinnen wurden.“
„Wo habt ihr euch kennen gelernt?“
Naserümpfend sah Rose zu Francesca. „Auf der Straße. Kannst du dir das vorstellen? Daisy stand an einer Straßenecke, hier in der Stadt. Sie war so wunderschön, Francesca, ich kann es gar nicht beschreiben.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Ich war niemals verliebt, in niemanden, doch ihre Schönheit betörte mich. Ich sah ihr an, dass sie am Ende war – verwirrt und unendlich traurig. An dem Tag war ich mit einem der anderen Mädchen einkaufen. Ich erfand eine Ausrede – irgendwie wollte ich nicht, dass meine Freundin etwas von Daisy erfuhr. Und dann ging ich zu ihr, um ihr zu helfen.“ Schützend schlang sie die Arme um sich.
„Was passierte dann?“
„Sie war den Tränen nah und versuchte, sich den vorbeieilenden Gentlemen anzubieten, hatte aber keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Sie war so unschuldig. Und offenbar brauchte sie dringend Geld. Das wunderte mich, denn sie trug teure Kleidung.“
„War sie davongelaufen?“
„Ja. Viel später hat sie mir das erzählt. Ich konnte nicht zusehen, wie sie sich anzubieten versuchte, aufgeregt und unerfahren wie sie war. Also kaufte ich ihr ein Sandwich. Wir redeten ein wenig, und ich merkte, dass sie Angst hatte und froh war, etwas zu essen zu bekommen. Ich bot ihr an, mit mir zu kommen, und das tat sie. In meinem Zimmer versuchte ich, sie vor der Madame zu verstecken. Und das gelang mir auch eine Woche. Wenn ich einen Freier hatte, versteckte sie sich auf der Toilette – oder unter dem Bett. In dieser Woche freundeten wir uns an, bis sie entdeckt wurde. Danach konnte ich sie nicht mehr beschützen.“
Francesca war gerührt. „Und die Madame hat sie zu diesem Leben
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