Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
ihm, um dich heiraten zu wollen. Das heißt wohl, er hat dich sehr gern.“
Francesca brachte ein Lächeln zustande und betrachtete wieder das Bild, wobei sie sich vorstellte, wie Hart es wohl ansehen würde. Der Gedanke allein raubte ihr schon den Atem. „Ich habe nur eine Bitte, Sarah.“
„Was denn?“
„Ich möchte dabei sein, wenn du es für ihn enthüllst.“
Sarah grinste sie an. „Selbstverständlich.“
In Rekordzeit schaffte Francesca es, ein Abendkleid anzuziehen. Es war ein neues Kleid aus türkisfarbener Seide, das Maggie Kennedy für sie genäht hatte. Sie griff nach ihrer Handtasche und eilte zur Treppe, während sie sich wunderte, dass Calder noch nicht eingetroffen war. Soeben wollte sie nach unten gehen, da kam Julia ihr entgegen.
Tief Luft holend blieb sie nach einigen Stufen stehen.
Ihre Mutter sah sie finster an, als sie den Treppenabsatz erreichte, auf dem Francesca stehen geblieben war. Jetzt war sie in Bedrängnis.
Seit sie am Abend zuvor zu spät zur Dinnerparty erschienen war, hatte sie Julia nicht mehr gesprochen. Genauer gesagt: seit Hart sie unter dem albernen Vorwand, sie könne ohnmächtig werden, aus dem Salon gebracht hatte, um einpaar Minuten mit ihr allein zu sein. Als er beschlossen hatte zu gehen und im Begriff war, sich bei ihrer Mutter zu entschuldigen, da hatte Francesca einfach die Flucht nach oben in ihr Zimmer angetreten.
Julia, die sich fürs Essen umgezogen hatte und nun ein rotes Abendkleid und dazu passend eine Halskette aus Rubinen trug, sah sie von oben bis unten an. „Calder ist soeben schon eingetroffen. Das Gleiche gilt übrigens auch für diesen kleinen Strolch, Joel Kennedy.“
Als der Name fiel, verdrängte Francesca jeden Gedanken an den gestrigen Abend. Hatte Joel eine Spur gefunden? Warum sonst sollte er herkommen? „Joel ist hier?“, fragte sie und sah an ihrer Mutter vorbei ins Parterre.
Julia hielt sie zurück. „Du trägst keinen Schmuck, Francesca.“ Ihr Tonfall war schroff.
Unwillkürlich fasste sie sich an den Hals, obwohl sie wusste, dass der fehlende Schmuck nicht das eigentliche Thema war. „Ich wollte Hart nicht unnötig warten lassen“, setzte sie an.
„Ich wollte dich den ganzen Tag über sprechen“, fuhr Julia fort. „Aber du bist früh am Morgen aus dem Haus gegangen und erst vor ein paar Minuten zurückgekehrt. Du hast wieder einen Fall übernommen, stimmt’s?“ Julias Frage hatte einen vorwurfsvollen Unterton, ihre blauen Augen verfinsterten sich.
Francesca verzog den Mund, dann setzte sie an: „Mama …“
„Komm mir nicht mit ‚Mama‘!“
„Ich sollte jetzt wohl besser den passenden Schmuck suchen“, gab sie zurück und hoffte, einen Streit vermeiden zu können. Wenn sie versuchte, sich offen gegen ihre Mutter zu stellen, dann hatte sie keine Chance, am Ende als Siegerin dazustehen.
Julia packte sie am Handgelenk: „Wirst du mir jetzt meineFrage beantworten?“
„Mach dir bitte keine Sorgen, dieser Fall ist nicht gefährlich. Das kann ich dir versichern.“
Ihre Mutter schnaubte verächtlich.
„Mama, bedenk bitte, ich habe seit Neujahr einige Fälle aufklären können, und ich bin noch immer unversehrt“, versuchte Francesca einen aufmunternden Ansatz. „Außerdem wird dein sehnlichster Wunsch bald wahr: Ich werde heiraten, und zwar einen der begehrtesten Männer der Stadt.“
„Von unversehrt kann man wohl kaum reden! Du wurdest entführt, auf dich wurde geschossen, man hielt dir ein Messer an den Hals, du hast Verbrennungen erlitten! Du wirst eher tot sein, als dass du heiratest.“
Francesca wurde blass. „Mama, wie kannst du nur etwas so Schreckliches sagen?“
Als Julia die Drastik ihrer Worte klar wurde, hielt sie sich beschämt eine Hand vor den Mund. In ihren Augen sammelten sich Tränen. „Ich liebe dich doch so“, flüsterte sie schließlich. „Aber du machst mir Angst mit deinen leichtsinnigen Abenteuern. Warum hattest du gestern Abend Blut an deiner Kleidung? Warum? Und muss ich dich wirklich erst noch darauf hinweisen, dass mehrere der Damen sich über dein Erscheinungsbild ausgelassen haben? Die Tischgespräche heute beim Lunch waren einfach köstlich. Mrs De Witt war sogar der Meinung, Hart werde die Verlobung lösen, wenn du dich weiter um Kriminalfälle kümmerst.“
„Bist du wirklich um meine Sicherheit besorgt? Oder mehr um meinen Ruf – und um deinen?“, fragte Francesca, noch bevor sie sich darüber bewusst war, was sie eigentlich sagte.
Julia versteifte sich.
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