Es wird Dich rufen (German Edition)
war.«
Ein Hoffnungsfunke glomm in Mike auf.
»Und warum glaubst du mir dann nicht? Dann müsstest du doch längst wissen, dass ich nichts damit zu tun habe?!«
»Der Artikel wurde hier auf deinem Rechner geschrieben«, antwortete Stein trocken. »Freigegeben gestern um 19:38 Uhr. Irrtum ausgeschlossen.«
Kopfschüttelnd verließ Stein das Büro des Redakteurs, ohne sich eine weitere Rechtfertigung anhören zu wollen.
Die Tür fiel mit einem lauten Krachen ins Schloss. Dann war alles ruhig. Man hätte die sprichwörtliche Nadel fallen hören, so still war es plötzlich in Mikes Büro.
Mikes Verstand versuchte zu begreifen, wer ihm diesen Schlamassel eingebrockt haben könnte. Es war einer der seltenen Momente, in denen er nicht an Nadine denken musste.
Möglicherweise hatte er, ohne es je bemerkt zu haben, einen Feind, der vor nichts zurückschreckte, um ihn loszuwerden.
Mit Sicherheit wusste der Redakteur jetzt nur eines: Er war unschuldig. Davon musste er nur noch die Kollegen überzeugen.
Mike fühlte sich wie eine Fliege, die sich in den klebrigen Fäden eines Spinnennetzes verfangen hatte. Spätestens jetzt wurde ihm klar: Er war in jenem Moment in eine heimtückische Falle getappt, als er dieses unheilvolle, anonyme Schreiben präsentiert hatte.
»Verflucht!«
Wie konnte er auch nur so naiv sein? Warum hatte er die Sache damals nicht anders angepackt? Warum hatte er Stein nicht erst unter vier Augen gesprochen? Wieso nur hatte seinem Ego der Gedanken so sehr gefallen, dass ausgerechnet an ihn solch brisantes Material herangetragen worden war? Dadurch hatte er sich sein eigenes Grab geschaufelt.
Doch trotz aller Selbstvorwürfe, Mike war eine Kämpfernatur. Genau diese Eigenschaft war es, die jetzt wieder die Oberhand gewann. So einfach wollte er seinen Platz, den er sich in den letzten Jahren hart erarbeitet hatte, nicht räumen. Wo ein Komplott war, gab es schließlich immer einen, der die Hintermänner aus der Reserve locken und so das üble Spiel aufdecken konnte. Und wer sollte dafür besser geeignet sein als er selbst?
Fieberhaft versuchte sich Mike zu erinnern. Jedes noch so kleine Detail konnte entscheidend sein.
Wie war das am gestrigen Abend gewesen, als er das Verlagsgebäude verlassen hatte? Wer konnte noch im Haus gewesen sein und sich Zugriff auf seinen Computer verschafft haben?
Walter Stein sprach von einer Zeit kurz nach 19:30 Uhr – also nur wenige Minuten, nachdem sich Mike in den wohlverdienten Feierabend verabschiedet hatte. Sein Rechner war da schon ausgeschaltet gewesen. Wie immer. Ohne sein ganz persönliches Passwort konnte niemand seiner Kollegen an das Gerät herangekommen sein.
War die Manipulation also von außerhalb erfolgt? Er hielt es für technisch möglich – gemessen an dem, was man gemeinhin über Attacken auf fremde Computer erfuhr.
Mike gefiel die Idee. Er griff zum Telefon, entschlossen die vermeintliche Verschwörung gegen ihn aufzudecken.
Die wichtigsten Nummern des Hauses hatte er sich auf einen kleinen Zettel notiert, den er auf die Innenseite des Hörers geklebt hatte. Auch die Nummer der Setzerei zählte dazu.
»Vier, Drei, Acht«, sprach Mike leise vor sich hin, während er die entsprechenden Ziffern auf seinem Apparat drückte.
Ungeduldig trommelten seine Finger auf den Schreibtisch, während er darauf wartete, eine Bestätigung für seinen Verdacht zu erhalten.
»Wagner«, meldete sich wenig später ein Kollege aus der technischen Abteilung am Telefon.
»Wagner? Dornbach hier.«
»Ah, die Redaktion«, schmunzelte der Techniker. »Guten Morgen, Mike. Bist ungewöhnlich früh dran heute. Was kann ich für dich tun?«
»Rudi, ich brauche deine Hilfe!«
Mike schilderte in kurzen Worten seinen Fall und was er hinter der ganzen Sache vermutete. Dabei vermied er es allerdings, die entscheidenden Details zu verraten. Wagner musste nur wissen, dass ein Artikel, der niemals hätte freigegeben werden dürfen, angeblich vom Rechner des Redakteurs – ohne sein Zutun – autorisiert worden war.
»Und jetzt«, sagte Mike, als er mit seinen Schilderungen am Ende angelangt war, »sage mir bitte, wie ist so etwas möglich?«
Sein Gegenüber überlegte einen Moment.
»Gute Frage. Möglich ist heutzutage fast alles.«
Wusste ich es doch, dachte Mike triumphierend.
»Allerdings …«, bemerkte Wagner.
»Allerdings?« Diese Einschränkung passte nun überhaupt nicht in Mikes Konzept. Ihm gefiel der zweifelnde Tonfall seines Kollegen genauso wenig wie
Weitere Kostenlose Bücher