Es wird Dich rufen (German Edition)
zunächst die Tür der Beifahrerseite.
»Bitte einsteigen!«, sagte er.
Feline folgte seiner Aufforderung, ließ sich in das weiche Polster der Sitze fallen und knallte die Tür mit Schwung zu.
»Na, dann mal los!«, lächelte sie ihn erwartungsvoll an.
Mike hatte sich seinerseits gerade auf der Fahrerseite niedergelassen, da hörte er plötzlich ganz aus der Nähe einen lauten, dumpfen Schlag, als sei ein Auto gegen einen Baum gefahren. Dem Geräusch folgte der laute und schmerzerfüllte Schrei eines Mannes. Es war ein Schrei, der Mike bis ins Mark traf.
Reflexartig sprang Mike aus dem Wagen. Angestrengt horchte er um sich, doch in diesem kurzen Augenblick, in dem die Zeit stehen zu bleiben schien, tat sich nichts mehr. Es war totenstill. Mike schaute sich um. Nichts rührte sich. Kein Mensch war auf der Straße.
»Was war das?«, fragte er schockiert.
»Ich weiß es nicht«, rief ihm Feline, die noch im Wagen saß, zu. Seelenruhig hatte sie sich inzwischen angeschnallt. »Ich habe nichts gehört!«
»Doch, da war was!«
Etwas Schlimmes schien passiert zu sein und er musste nachsehen. Es war zwar zunächst nur eine Ahnung, für die es rational vermutlich keinen vernünftigen Anhaltspunkt gab, jedoch nur wenige Sekunden später sollte sie sich auf grausame Weise bewahrheiten.
Aus der Ferne hörte er ein Auto mit quietschenden Reifen auf sich zukommen. Dann schoss plötzlich ein schwarzer Daimler um die Ecke. Die Frontscheibe des Fahrzeugs war auf der rechten Seite völlig zersplittert. Ein riesiges Loch gab den Blick auf den Innenraum frei. Der Vorbau des Wagens war eingedrückt. Überall war Blut.
Mike erschrak, als er das Fahrzeug sah.
Obwohl es drei oder vier Meter von ihm entfernt vorbeiraste, war es ihm doch gelungen, durch die demolierte Windschutzscheibe einen Blick auf das Fahrzeuginnere zu werfen. Er glaubte, dass er für Sekundenbruchteile das Gesicht des Mannes gesehen hatte, der ihm vorhin im Café aufgefallen war. Jener schlanke Mensch mit dem Pentagramm auf seinem Jackett. Sein Begleiter, das Muskelpaket, saß auf dem Beifahrersitz und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die linke Schulter.
Der Wagen hatte Mike kaum passiert, da drang auch schon das ohrenbetäubende Geschrei einer immer größer werdenden Menschenmenge zu ihm vor. Es kam aus der Richtung des Cafés. Nun konnte sich der Journalist lebhaft vorstellen, was dort, kaum zweihundert Meter von ihm entfernt, vor wenigen Sekunden passiert war.
Er hatte ein ungutes Gefühl.
Wenn er sich die Szenerie in dem Café vor Augen führte, und wenn ihn seine Eindrücke dort nicht getäuscht hatten, ahnte er, welches Bild sich ihm hinter den zwei Straßenecken, die seinen geparkten Wagen von dem Café trennten, bieten würde. Und sollte es tatsächlich so sein, würde er sich große Vorwürfe machen müssen, dass er sich nicht gegen Felines Drängen durchgesetzt und diese paar Minuten noch gewartet hatte.
»Entschuldige, ich muss da hin!«, rief er Feline zu und setzte zu einem Spurt an, der ihn so schnell wie möglich zum Ort des Geschehens bringen sollte.
»Ja, aber …«, wollte Feline intervenieren.
Mike hörte noch, dass sie ziemlich verärgert klang, da war er auch schon eine Straße weiter verschwunden.
Widerwillig und leise vor sich hin fluchend stieg auch Feline aus und folgte ihm. Abhetzen wollte sie sich allerdings nicht. Auf Außenstehende musste ihr Gang wie der eines trotzköpfigen Kindes wirken.
Inzwischen war Mike an der Unfallstelle angekommen. Mindestens fünfzig Einheimische und Touristen hatten sich kreisförmig auf der Straße versammelt. Er bemerkte, wie sich aus dem hinteren Bereich der Menschenmenge eine ältere Frau entfernte, der die Fassungslosigkeit und Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand. Sie ließ ihrem Schmerz freien Lauf und schrie hysterisch, während sie immer wieder flehend ihre Hände gen Himmel streckte, als ob sie nicht begreifen konnte, was da geschehen war.
Nachdem Mike sich durch die Menschenmenge hindurchgekämpft und selbst einen Blick auf den Unfallort erhascht hatte, bestätigte sich seine düstere Ahnung endgültig.
Im ersten Moment sah alles weniger schlimm aus als Mike es erwartet hatte. Blutverschmierte Teile einer zersplitterten Scheibe lagen auf dem Boden verteilt. Es machte einen fast künstlichen Eindruck, so als wäre hier ein Filmteam am Werk, das gerade einen Action-Streifen drehte.
Als er aber einige Meter weiter rechts am Straßenrand den schwerverletzten Körper
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