Es wird Dich rufen (German Edition)
eigentlich, was ich schon wissen wollte, als ich dich das erste Mal gesehen habe?«, überraschte Feline Mike, der in Gedanken noch bei den seltsamen Gestalten war. Ihre unverhoffte Frage traf ihn wie ein Stich ins Herz und ließ ihn die mysteriösen Besucher auf einen Schlag vergessen.
»Hast du eigentlich eine Freundin?«, fragte sie, nicht ahnend, dass sie damit Mikes derzeit wohl wundesten Punkt getroffen hatte.
Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Ich hatte eine Freundin«, antwortete er betont lässig. »Aber wir haben nicht zueinandergepasst. Deshalb haben wir uns getrennt.«
»Tut mir leid!«, sagte Feline und berührte sanft seine linke Schulter. Mike ließ sie gewähren, obwohl er nicht wusste, warum. Er hätte diese Geste freundlich aber bestimmt abwehren müssen, wäre es nach seinem Gefühl gegangen. Denn es war keine Trost spendende Geste, sondern die Berührung einer Frau, die um einen Mann warb.
»Verstehe ich gar nicht«, fuhr sie fort. »So ein netter Mensch, wie du es bist. Schade, dass es bei euch nicht funktioniert hat.«
»Es sollte eben nicht sein«, bemerkte Mike unterkühlt. Derlei Komplimente mochte er jetzt nicht hören, zumal dabei ein Blick in ihren Augen lag, von dem der Journalist ahnte, was er zu bedeuten hatte, denn er kannte ihn nur allzu gut.
Feline schien zu spüren, dass ihm ihre Nähe momentan unangenehm war. Langsam zog sie ihre Hand zurück.
»Entschuldige Mike, ich wollte nicht ...«
»Schon gut!«
Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und seufzte:
»Was soll´s. Seien wir ehrlich: Sie hat mich verlassen und ich bin noch nicht darüber weg. Das ist alles.« Sie verstand und sah ihn bemitleidend an.
»Wie war sie so?«, fragte Feline.
»Das kann ich nicht beschreiben«, entgegnete Mike.
»Versuch es trotzdem!«
Er hatte eigentlich keine Lust, sich seiner Fremdenführerin in diesem Punkt zu offenbaren. Dazu kannte er sie zu kurz. Und außerdem fiel es ihm schwer, sich Nadines Bild ins Gedächtnis zu rufen.
Eigentlich hatte er sich mittlerweile nämlich ganz wohl damit gefühlt, diese Sache einfach zu verdrängen – zumindest solange er sich in Frankreich aufhielt.
Doch Feline ließ nicht locker. Er schien keine andere Wahl zu haben, als sich ihrer Neugierde zu stellen.
»Was mich am meisten trifft, ist, dass ich nicht weiß, warum sie mich verlassen hat!«
»Da gibt’s nicht viele Möglichkeiten, Mike! Es ist immer dasselbe! Eifersucht, ein anderer Mann, zu wenig Geld oder … – du hast sie betrogen und sie hat es herausbekommen.«
»Blödsinn!«, entgegnete er erbost. »Ich habe sie nie betrogen – und sie mich auch nicht!«
»Eifersucht?«
»Niemals! Wir konnten uns hundertprozentig vertrauen. Es gab nichts und niemanden, der uns hätte auseinanderbringen können …« Einen Augenblick kam er ins Stocken. »Dachte ich zumindest …«
»Trotzdem verstehe ich nicht, dass du so sehr an ihr hängst. Wieso? Du kannst doch jede andere Frau haben, so süß, wie du bist. Warum gerade diese eine?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht weil sie meine große Liebe war. Und so ein Mensch ist nunmal kein Gegenstand, den man nach Gebrauch wegwirft, kein Gerät, das man aussortiert, wenn es kaputt ist. Die große Liebe ist etwas ganz Besonderes, ohne das man nicht mehr leben will – besser gesagt: man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie es sein müsste, ohne sie zu leben.«
»Ehrlich?«
Sie sah ihn staunend an. Vielleicht war sie auch nur ein wenig über die vermeintlich konservative Weltanschauung amüsiert, mit der Feline so gar nichts anfangen konnte.
»Warst du noch nie verliebt?«, fragte er sie.
»Was für eine blöde Frage! Natürlich! Sehr oft sogar schon!«
»Sehr oft?«, wunderte er sich. »In deinem Alter?«
»Ja, klar! Warte mal ... Also: da waren Pascal, Jean, Charles, …« Feline murmelte, für Mike unverständlich, noch ein gutes Dutzend weiterer Namen vor sich hin, während sie ihre Liebschaften gleichzeitig an den Fingern abzählte.
»Siebzehn Mal!«, rief sie schließlich stolz aus. »Es waren genau siebzehn Mal!«
»Du hast in deinem Alter schon mit 17 Männern eine Beziehung gehabt?« Mike traute seinen Ohren kaum. »Dann kann die echte große Liebe aber noch nicht dabei gewesen sein …«
Feline lachte über seine scheinbar dusselige Bemerkung.
»Aber sicher war sie das!«, erklärte sie mit dem Brustton der Überzeugung. »Was denkst du denn? Drei oder vier Mal war ich mindestens ganz toll verliebt!«
»Der wahren
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