Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross

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wieder vertraut hat?«
    »Im weitesten Sinne. Es war aber allen klar, dass jetzt nichts mehr schiefgehen durfte. Übrigens glaube ich, dass es die Aufgabe seiner Haushälterin Marie Dénarnaud war, dafür zu sorgen. Sie hat mir das nie so direkt bestätigt – es sind eigentlich immer nur Andeutungen gewesen –, aber ich bin sicher, dass sie und ihre Familie bewusst bei Saunière eingeschleust wurden, um ihm zur Seite zu stehen.«
    »Verstehe! Und dann hat er seinen Auftrag erfüllt?« »Weitestgehend ja«, nickte Jean. »Es hat aber einige Zeit gedauert.
    Saunière hat sich alle Mühe gegeben, aber er blieb erfolglos. Es hat also wieder lange Gespräche gegeben, in denen man beriet, wie weiterverfahren werden sollte. Es war gewissen Kreisen ja bekannt, dass Abbé Bigou die Hinweise tatsächlich in der Kirche hinterlassen hatte – in greifbarer Nähe! Sie mussten also irgendwo dort sein! Schlussendlich kam man also auf die Idee, die Kirche komplett renovieren zu lassen, um auch in den Wänden und unter dem Boden nachsehen zu können.«
    »Ja, aber ist das niemandem aufgefallen?«, fragte Mike.
    »Nein, wieso auch? Bei einer Renovierung ist es völlig normal, dass Dinge verändert werden, junger Freund! Niemand im Dorf ahnte auch nur im Geringsten, welchen Zweck die Renovierung in Wahrheit hatte! Im Gegenteil: Die Dorfbewohner haben sich gefreut, dass sie bald wieder eine intakte Kirche für ihre Heiligen Messen haben.«
    Mike erinnerte sich an Jeans Schilderung über den desolaten Zustand des Gotteshauses, dessen Sanierung ohne finanzielle Hilfe ein quasi hoffnungsloses Unterfangen gewesen wäre.
    »Mich würde interessieren, woher das Geld so plötzlich kam«, erkundigte er sich deshalb.
    »Es gab Spenden von den Vertretern der Monarchie und aus der Gemeinde. Das war eine hohe Summe, mit der der Abbé einiges in die Hand nehmen und bewegen konnte. Sie haben die Kirche ja gesehen!«
    »Ja, das habe ich.«
    »Es hat allerdings Jahre gebraucht, bis der Abbé mit allem fertig war«, setzte der alte Mann seine Ausführungen fort. »Nachdem er gefunden hatte, wonach er suchte, war er sehr damit beschäftigt, nun seinerseits überall Hinweise für die Nachwelt zu hinterlassen. Zunächst hat er sich aber nur um das Wichtigste gekümmert: den Altar und das Fenster im Chorraum. Das Fenster hat er neu gestalten lassen, was im Vergleich zu allem anderen keine wirkliche Aufgabe war.«
    »Und der Altar?« Mike erinnerte sich an seine extravagante, sicherlich teure Ausführung mit dem Kelch im Zentrum.
    »Nun, da fängt es langsam an, spannend zu werden. Der Altar bestand früher nur aus einer einfachen Steinplatte. Er befand sich auf der rechten Seite und nicht – wie heute – zentral in der Mitte. Das alleine war schon ziemlich ungewöhnlich, aber es ging noch weiter: Die Steinplatte wurde von zwei Pfeilern getragen, von denen einer das sogenannte Kreuz des Schweigens der Goten zeigt. Diesen Pfeiler hat Abbé Saunière komplett entfernen und in den Garten verlegen lassen. Er dient dort seither als Sockel für die Statue der Maria von Lourdes, die Ihnen vielleicht aufgefallen ist.«

    »Das ist sie tatsächlich«, nickte Mike.
    »Gut«, sagte Jean zufrieden. »Es wird Sie vielleicht interessieren, dass Saunière ein großes Faible für Lourdes hatte. Vieles in seinem Pfarrgarten darf als Hommage an die Vision der Bernadette Soubirous verstanden werden, der sich Saunière immer verbunden fühlte: die Grotte in seinem Pfarrgarten, die Statue und – wenn Sie so wollen – auch der glückliche Zufall der gleichen Initialen.«
    »Bernadette Soubirous - Bérenger Saunière«, wiederholte Mike andächtig die beiden Namen und glaubte zu verstehen, worauf der alte Mann anspielen wollte: »BS«, die Buchstabenkombination, der er auf rotem Untergrund in Form eines Kreises gebettet schon in der Kirche begegnet war – als Emblem zwischen dem Asmodeus und den vier Engeln, die über ihn wachten.
    »Dann ist ›BS‹ ein Hinweis auf Lourdes?«
    »Es gibt auch andere Interpretationen«, lächelte Jean. »Die Absonderlichste, mit der ich in meinem Leben konfrontiert wurde, lautete: Bullshit.«
    Mike musste laut lachen.
    »Auf gut deutsch also: Blödsinn.«
    »Sehen Sie?«, bemerkte Jean gleichfalls spöttelnd: »Und schon haben Sie ein weiteres ›BS‹ kreiert.«
    »Sie wollen damit also andeuten, dass diese beiden Buchstaben keinen Sinn ergeben, richtig?«
    »Au contraire – ganz im Gegenteil! Alles hat immer einen Sinn«, widersprach der