Es wird Dich rufen (German Edition)
zugehört. Er war jetzt sehr nachdenklich.
»Von dem toten Priester in Rennes habe ich bereits gehört«, sagte Stein. »Das lief sogar bei uns in den Nachrichten.«
»Der Mann war ein Priester?«
»Ja, das war er«, bestätigte Stein. »Und noch dazu in Frankreich nicht ganz unbekannt. Er lehrte an der Universität in Paris und hatte – vor allem im Norden – einen ausgesprochen guten Ruf. Es hieß, dass er sich privat vor allem um Drogenopfer und Obdachlose kümmerte.«
Endlich erfuhr Mike etwas mehr über den toten Mann. Es half ihm, besser einschätzen zu können, was er damit beabsichtigt hatte, Mike unbekannterweise den Briefumschlag anzuvertrauen.
»Ich glaube, er wollte mir etwas mitteilen«, vermutete Mike. »Wobei ich nicht genau weiß, was. Und vor allem: Woher kannte er mich?«
»Das ist in der Tat äußerst seltsam«, sagte Stein. »Du bist dir sicher, dass du ihn nie zuvor gesehen hast?«
»Das könnte ich sogar schwören!«, war Mike überzeugt.
»Und dieser andere Mann – wie hieß er noch gleich …?«
»Du meinst Jean?«
»Genau! Was meinst du, Mike, wie ist er einzuschätzen? Was ist mit der Geschichte, die er erzählt? Ist sie glaubwürdig?«
»Bisher klang alles sehr überzeugend. Ich glaube, er möchte, dass ich seine Geschichte veröffentliche.«
Stein dachte nach.
»Das ist eine interessante Überlegung!«
Er schien auf dieselbe Idee gekommen zu sein, die Mike bereits gehabt hatte. Dass sich diese Geschichte sicherlich nicht schlecht machte.
»Ich musste eben an die Hitler-Tagebücher denken – und an den immensen Rummel, den sie verursacht haben. Möglicherweise bist du auf eine Geschichte mit ähnlichem Kaliber gestoßen!«
»Wobei die Tagebücher gefälscht waren!«
»Sicher!, betonte Stein. »Das ist mir klar! Umso besser könnte diese Story werden, wenn wir mit handfesten Beweisen arbeiten. Ich denke da alleine schon an diese merkwürdige Kirche in dem Dorf, deren Existenz ja nicht wegzudiskutieren ist …«
»Allerdings nicht!«
»Hör zu, Mike! Wenn du magst, dann machen wir da etwas Großes draus!«, schlug Stein seinem Redakteur vor. »Ich fürchte, das wird viel zu umfangreich für einen Artikel! Vielleicht kann man die Geschichte ja aufteilen?«
»Du meinst, als eine Art Serie?«, fragte Mike.
»Genau!«
Mike überlegte nicht lange.
»Einverstanden! Ich bin dabei«, versprach er. »Wunderbar!«, freute sich Stein am anderen Ende der Leitung.
»Aber ich brauche noch etwas Zeit, um die Sache besser zu recherchieren!«
»Du hast alle Zeit der Welt, Mike! Hauptsache, es wird eine runde Geschichte!«
»Das wird es!«
Nachdem damit die allgemeinen Grundlagen ausgetauscht waren, nahm Mike das Fax in die Hand, das er während des langen Gesprächs auf die Bettdecke gelegt hatte.
Es gab da schließlich noch etwas zu klären.
»Sag mal, Walter, was ist eigentlich mit den überflüssigen Buchstaben in dem Text. Ich sollte dich doch deswegen anrufen.«
»Stimmt!«, bestätigte Stein. »Fast hätten wir uns verquatscht. Ich sprach mit meinem Freund, einem Pfarrer, und er war der Meinung, dass es sich – solltest du dich wirklich nicht verschrieben haben …«
»Ich habe mich nicht verschrieben!«
»Dass es sich um eine im Text versteckte Botschaft handeln könnte. Er sagte mir, dass das angesichts der Häufigkeit der falschen Buchstaben durchaus möglich sei, zumal es früher eine beliebte Art der Übermittlung gewesen ist. Das Problem war nur die Anordnung! Die einzelnen Buchstaben ergaben im Kontext gelesen überhaupt keinen Sinn. Selbst wenn man sie ein wenig durcheinanderwürfelt, es lässt sich nur schwerlich ein vernünftiger Satz bilden. Das riecht also sehr stark nach einer geheimen Mitteilung.«
»Ich werde sehen, was ich herausfinden kann«, versprach Mike. »Vielleicht kann Jean etwas damit anfangen!«
»Ich bin sehr gespannt«, sagte Stein. »Du hältst mich auf dem Laufenden?«
»Klar, Chef!«, versicherte Mike.
»Schön! Dann freue ich mich, wieder von dir zu hören«, verabschiedete sich der Redaktionsleiter.
»Das wird bestimmt nicht lange auf sich warten lassen, Walter!«, sagte Mike und legte zufrieden auf.
Sein erster Verdacht hatte ihn also nicht getäuscht. Auch Stein vermutete hinter dem Kauderwelsch an überflüssigen Buchstaben tatsächlich eine Botschaft, die nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich gemacht werden sollte. Jene auffällige Feststellung auf dem kleineren Manuskript – »SOLIS SACERDOTIBUS« – schien die
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