Es wird Dich rufen (German Edition)
durch nichts zu unterschätzen!«
»Sofern es ihn tatsächlich gibt«, schränkte Mike ein.
»Oh, es gibt ihn tatsächlich«, betonte Jean nachdrücklich. »Ob innerhalb der Kirche oder nicht, das steht natürlich auf einem anderen Blatt.«
»Es gibt einen Fluch?«, runzelte Mike zweifelnd die Stirn. »Das glaube ich nicht!«
»Das ist Ihre Sache. Ich werde Ihnen Ihren Glauben nicht nehmen«, sagte Jean. »Aber ich sage es gerne noch einmal ausdrücklich: Er existiert. Und er ist da, um das Geheimnis vor Unbefugten zu schützen. Denken Sie nur an meine alte Freundin Marie Dénarnaud! Was glauben Sie, weshalb sie sich mehr und mehr zurückgezogen hat, je älter sie wurde?«
»Weil das viele ältere Menschen so machen!«, sagte Mike herausfordernd.
»Sie tat es nur deshalb«, fuhr Jean unbekümmert fort, »weil Maries Angst vor dem Teufel und dessen Machenschaften immer größer wurde!«
»Das kann ich trotzdem nicht nachvollziehen«, zuckte Mike mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass es den Teufel wirklich gibt.«
»Nun, es wird natürlich von den Leuten gerne übertrieben, wenn sie davon erzählen. Richtigerweise hätte man vielleicht sagen müssen, dass sie Angst hatte, der Fluch würde nun auch sie treffen, weil sie manches verraten hat, was sie nicht hätte tun dürfen – im Glauben, dass es für eine gute Sache sei.«
»Was hat sie denn wem verraten?«
»Das ist ein dunkles Kapitel in dieser Geschichte, junger Freund. Es hat mit einem jungen deutschen Gralsforscher namens Otto Rahn zu tun, der sie gelegentlich aufsuchte und dem sie einiges über den Fund des Abbés Saunière erzählt hat. Sie empfing sogar die Nazis in der Villa Bethania, weil sie fälschlicherweise davon ausging, dass es sich bei ihnen um gute Menschen handelte.«
»Die Nazis?« Abgesehen davon, dass Mike nicht nachzuvollziehen in der Lage war, wie man ihnen überhaupt gute Absichten unterstellen konnte, stutzte er hinsichtlich ihrer Anwesenheit in dem Pyrenäendorf. Was sollten Hitlers Schergen ausgerechnet in diesem gottverlassenen Nest gewollt haben?
»Sie waren auf der Suche nach dem Gral, weil sie ihn für ihre Zwecke missbrauchen wollten. Aber das ist eine unangenehme Geschichte, die jetzt zu weit führen würde«, versuchte Jean dieses Thema zu beenden.
17
»Er fängt an, sich mit den Papieren zu beschäftigen«, bemerkte Pierre, als er das Fax studierte, das er zuvor aus Mike Dornbachs Hotelzimmer entwendet hatte. »Die Übersetzung hat er sich offensichtlich schon besorgt.«
»Ist das schlimm?«, erkundigte sich seine Begleiterin, während sie an einem frischen Baguette knabberte, das Pierre für sie gekauft hatte.
»Das kann ich noch nicht sagen. Wir werden Ihren Vater allerdings informieren müssen.«
Der Butler griff zu seinem Handy und wählte die geheime Nummer seines Arbeitgebers. Es dauerte nicht lange, bis sich dieser erwartungsvoll am anderen Ende meldete.
»Und?«, fragte der General. »Wie weit sind Sie vorangeschritten?« »Wir sind sehr dicht dran«, antwortete Pierre.
»Haben Sie sie?«
»Noch nicht ganz«, bekannte der Butler. »Aber es wird nicht mehr lange dauern. Ich kann die Originale schon sehen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Der Journalist hat sie bei sich.«
Von der Haltebucht aus, nur wenige Meter von dem Hotel entfernt, in dem Mike Dornbach momentan wohnte, hatte Pierre dank eines Feldstechers alles bestens im Visier. Ohne dass die beiden Männer es bemerkt hatten, war er dem Journalisten und Jean gefolgt, als sie Rennes-le-Château verließen.
Seinen Wagen parkte er unweit des großen Eingangstores, das die Zufahrt zum weitläufigen Hotelgelände ermöglichte.
Gemeinsam mit der Tochter des Generals versteckte er sich hinter einigen Bäumen. Von hier aus hatten sie freie Sicht auf die Veranda, sie selbst blieben jedoch verborgen.
»Da ist ein alter Mann bei ihm«, fuhr Pierre fort. »Er scheint sich ebenfalls für die Papiere zu interessieren.«
»Sind Sie sicher, Pierre?«
»Nicht absolut«, räumte der Butler ein. »Aber er hat sie sich zumindest angesehen. Sie scheinen darüber zu reden.«
»Er hat die Übersetzung der Texte!«, rief eine weibliche Stimme aufgeregt von hinten dazwischen.
»War das meine Tochter?«
»Ja, General!«
»Dann ist sie im Moment bei Ihnen?«
»In der Tat, General!«
»Geben Sie sie mir bitte, Pierre!«
Der Butler reichte das Handy weiter.
»Ihr Vater möchte gerne ein paar Worte mit Ihnen wechseln.« »Mein kleiner Engel«, sagte der General,
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