Es wird Tote geben
Medikamente dabei, die schon vor zwanzig Jahren wegen gesundheitlicher Bedenken vom Markt genommen worden sind … unter anderem diverse Appetitzügler, da sie Methylamphetamine enthalten haben.“
„Hm … wie kommt man in den Keller? Durch die Praxis?“
„Auch, aber dazwischen ist vorschriftsmäßig eine Sicherheitstür … In den Keller kommt man aber ganz leicht über den Schuppen hinten im Garten, nur eine alte Holztür mit Buntbartschloss.“
„Ein einfacher Dietrich und hereinspaziert … Haben Sie den Keller gereinigt?“
„Nein … ich wollte nur das Zeugs weghaben.“
Nach seinem Besuch bei Doktor Lind ging Schäfer nach Hause, um die Schachtel mit den Medikamenten zu überprüfen, die er von Frau Raab bekommen hatte. Abgelaufen im November 1989 – warum hatte sie das MDMA nicht einfach bei einem Dealer in Wels oder Linz gekauft? Weil sie es geschenkt bekommen hatte? Er machte sich auf den Weg zur Arbeit, wo fünf Minuten nach seiner Ankunft eine gut gelaunte Auer im Büro stand, in der linken Hand eine Akte.
„Wie machen wir denn jetzt weiter?“ Sie setzte sich und schaute Schäfer erwartungsfroh an.
„Womit? Und wer ist wir?“
„Na mit diesen Mädchen … da ist doch …“
„Haben Sie den Bericht aus Freikirchen, von dieser …?“
„Jasmin Eder, ja … hier.“ Sie legte die Akte auf den Schreibtisch.
„Gut, geben Sie sie mir.“ Schäfer stützte sich auf die Tischplatte. „Ich will, dass Sie sich in den nächsten Tagen um alles andere als um diese beiden Fälle kümmern … Wenn Sie Informationen dazu bekommen, dann zuerst zu mir.“
„Aber warum … wir …“
„Das habe ich Ihnen doch gestern schon zu erklären versucht … Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich schätze Ihr Engagement und Ihren Scharfsinn … aber Sie haben keine kriminalpolizeiliche Erfahrung und ich habe schon oft genug erlebt, dass junge Kollegen plötzlich übereifrig werden, andere Aufgaben vernachlässigen oder sich sogar in Gefahr bringen … Wenn wir es hier mit einer Straftat zu tun haben – und noch nicht einmal das ist geklärt –, brauchen wir wesentlich mehr, als wir momentan haben … Beweise, Tatverdächtige … Dabei muss uns früher oder später ohnehin das LKA unterstützen.“
„Ach, so ist das“, Auers Nasenflügel begannen zu zittern, „ich komme drauf, dass an diesen Selbstmorden etwas faul ist und jetzt, wo Sie merken, dass da vielleicht wirklich mehr dahintersteckt, übernehmen Sie und …“
„Und was?“, fuhr Schäfer sie an, „hole mir einen Orden vom Innenminister für besondere Verdienste um die selbstmordgefährdete Landjugend? Hier geht es nicht um Egotrips, wer welchen Fall vor wem aufklärt …“
„Sagen ausgerechnet Sie“, murmelte Auer, laut genug, dass Schäfer es hören konnte.
„Richtig, ich sage das: Major Schäfer … der nicht Ihr Kumpel auf Augenhöhe ist, nur weil Sie in seinem Garten ein Glas Wein zu viel getrunken haben, sondern Ihr Vorgesetzter … und wenn Sie meine Anweisungen nicht befolgen, suspendiere ich Sie, verstanden!?“
„Ja … verstanden.“
„Heiliger Antonius!“, stieß er mit einem Seufzen aus, nachdem die Inspektorin sein Büro verlassen hatte. Danke, dass du mich der gestrigen Versuchung hast widersagen lassen! Nicht auszudenken, wenn er auf die Idee gekommen wäre, sie noch ein bisschen abzufüllen und dann ins Bett zu kriegen. Mit Kollegen von anderen Einheiten, ja, soll schon vorgekommen sein, aber in der eigenen Dienststelle: Teufels Küche. So war wenigstens nur das übliche Konfliktpotenzial am Brodeln – das allerdings auf engem Raum und ohne Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen.
Wird sich schon eine Lösung finden, sagte sich Schäfer, nachdem er ein paar Minuten seinen Gummiball zwischen Boden und rechter Hand hatte oszillieren lassen. Am besten mit gutem Beispiel vorangehen und mit einer überragenden Aufklärungsquote den Ruhm des Postens über ganz Österreich erstrahlen lassen. Also: ein Unfallbericht, dem zufolge ein 26-jähriger Mann beim Sturz von einem Rohbau multiple Brüche erlitten hatte. Nachbarschaftshilfe, hatte der Bauherr angegeben, das Unfallopfer war allerdings in einer polnischen Kleinstadt gemeldet. Dann ein Einbruch, bei dem unbekannte Täter zwischen Mitternacht und vier Uhr früh in eine Fleischerei eingedrungen waren. Im Büro hatten sie den Tresor aus der Wand gestemmt und samt allen weiteren verfügbaren Wertsachen abtransportiert. Schäfer sah sich die Bilder des verwüsteten
Weitere Kostenlose Bücher