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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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das übersetzt, dass ich meine sexuelle Energie auf Bereiche verwende, die unterschwellig, also irgendwie unbewusst doch mit Ficken zu tun haben … Pyromanie: ein Klassiker, aber nur einer von vielen. Verstümmelungen post mortem … ja, ich höre schon auf“, meinte Schäfer, als die Katze ihre Krallen in seinen Unterschenkel bohrte. Er wartete, bis das Feuer in Fahrt gekommen war, zog seinen Liegestuhl heran und holte den Laptop aus seinem Schlafzimmer, um Schreyers Mail abzurufen. Sich mit den autistischen Manien seines ehemaligen Untergebenen zu beschäftigen war immer noch würdiger, als sich zu den Bildern irgendwelcher retuschierter Pornoqueens einen herunterzuholen. (Das konnte er ja später im Schlafzimmer immer noch tun.)

22.
    Am späten Vormittag hatte er einen Termin bei Doktor Lind, um seinen Finger kontrollieren und gegebenenfalls die Fäden ziehen zu lassen. Anders als bei seinem ersten Besuch war das Wartezimmer diesmal besetzt bis auf zwei freie Stühle. Nachdem Schäfer der Arzthelferin seine Sozialversicherungskarte gegeben hatte, grüßte er in die Runde, nahm sich eine Illustrierte und setzte sich neben einen alten Mann, der das Kinn auf der Brust liegen hatte und schnurrte wie Schäfers Katze. So so, die ehemalige Geliebte von Roy Black hatte also zu einem späten Lebensglück gefunden. Die gemeinsame Tochter – sie hatte ihn Papa genannt! – machte gerade Abi. Und Mutter entspannte sich am besten, wenn sie mit der Motorsäge Skulpturen aus mannshohen Baumstämmen fräste. Kollegen!, habt ein Auge auf die Frau, murmelte Schäfer in sich hinein, blätterte weiter und begann einen Bericht über das schwere Leben der Prinzessin von Monaco im Schatten der neuen Ehefrau ihres Bruders.
    „Wie geht es Ihnen?“ Der Arzt stand auf, ging um seinen Schreibtisch herum und gab Schäfer die Hand. „Noch Schmerzen?“
    „Gut … manchmal zwickt es, aber nicht weiter schlimm.“
    „Kommen Sie bitte mit … dann nehmen wir den Verband ab.“
    Schäfer folgte dem Arzt in ein Nebenzimmer, in dem sich eine Behandlungsliege, ein verschließbarer Medikamentenschrank mit Glastür, Nirostazeilen … und anderes Zeug befand, das man aus den Praxen von Allgemeinmedizinern kennt.
    „Schön.“ Der Arzt nahm Schäfers Finger und übte leichten Druck auf die Stellen neben der Naht aus. „Wenn man jung ist, heilt so was ja im Normalfall eh schnell.“
    „Danke“, meinte Schäfer, „für das jung.“
    „Na ja, wir sind vom selben Jahrgang“, der Arzt schmunzelte, „ich würde sagen, wir lassen die Nähte noch eine Woche drin … aber ich mache Ihnen einen einfacheren Pflasterverband, der Ihnen nicht so im Weg umgeht … Haben Sie eigentlich schon gehört, dass sie bald Konkurrenz bekommen?“
    „Ich? Wieso?“
    „Diese Filmfirma …“
    „Ja … ich hab das Drehbuch zu lesen bekommen.“
    „Und?“
    „Das Übliche: kriminalistisch völliger Schwachsinn, aber wenigstens passiert alle paar Minuten was.“
    Wieder im Sprechzimmer, fiel Schäfers Blick auf eine Skulptur, die im Regal hinter dem Schreibtisch als Bücherstütze diente: ein grob gehauener weißer Stein, auf der Oberseite eine dünne Metallplatte, aus der eine silberne Stimmgabel ragte.
    „Spielen Sie ein Instrument?“ Schäfer deutete mit dem gesunden Zeigefinger auf die Skulptur.
    „Ich?“, der Arzt drehte sich zum Regal hin, „ach, das da … nein, das ist noch von Doktor Kettner … Ich habe es behalten, weil … ich wollte etwas hier haben, das an ihn erinnert … und für einen Pokal ist es ja geradezu ästhetisch.“
    „Wofür hat er den bekommen?“, wollte Schäfer wissen, worauf der Arzt den Stein in die Hand nahm und die Inschrift auf der silbernen Platte vorlas: „Jeunesse Musikpreis 1977, 2. Platz.“
    „Hm … und dann hat er sich doch für die Medizin entschieden.“
    „Apollon ist der Gott der Künste, also auch der Heilkunst.“ Der Doktor lächelte und reichte Schäfer die Hand. „Also bis in einer Woche … Ich schaue, dass Sie nicht zu lange warten müssen.“
    „Danke.“
    „Ah“, rief Lind, als Schäfer schon die Türschnalle in der Hand hatte, „ich wollte Sie ja anrufen …“
    „Weswegen?“
    „Diese Sache mit den Tranquilizern und Appetitzüglern, die Yvonne Raab genommen hat … Haben Sie aufs Ablaufdatum geschaut?“
    „Nein, warum?“
    „Ich hab Ihnen doch erzählt, dass im Keller sicher zehn Müllsäcke mit alten Ärztemustern waren, die ich entsorgt habe …“
    „Und?“
    „Da waren

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