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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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mal weiß, wer man ist, geschweige denn, wieso man überhaupt Teil dieses Projekts war.«
    Nick stieß sich mit einem Fuß von dem Baum ab und fixierte mich mit seinen stahlblauen Augen. »Ich weiß vielleicht nicht mehr, wer ich früher war, aber ich wette, mir hat nicht immer die verdammte Sonne aus dem Arsch geschienen.«
    Sein finsterer Blick hellte sich ein winziges bisschen auf. Diese seltene Gelegenheit nutzte ich. »Kann doch sein, dass es deine Eltern noch gibt und sie nach dir suchen.«
    »Oder auch nicht. Kann doch sein, dass sie sich nie einen Scheiß gekümmert haben.« Er ging mit strammen Schritten davon. Während ich auf die anderen wartete, fragte ich mich, ob er vielleicht recht hatte. War die Wahrheit am Ende sogar schlimmer, als gar nichts zu wissen?

13
    Nachdem wir Lancaster hinter uns gelassen hatten, blockierten dunkle Wolken jeden Sonnenstrahl und spuckten uns stattdessen dicke Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Dad hatte die Angewohnheit, jeden Morgen die Wettervorhersage anzuschauen. Wenn ich früh genug wach war, machte ich mir einen Kaffee und leistete ihm Gesellschaft. Aber egal, ob ich die Vorhersage sah oder nicht, ich wusste immer, wie die Wetteraussichten waren. Denn Dad warnte mich stets ausdrücklich, wenn er es für wichtig hielt.
    Es störte mich, dass ich mich auf dieses Wetter nicht hatte einstellen können, mal ganz abgesehen davon, dass wir uns ja nicht mal mehr in New York befanden. Ich war einfach daran gewöhnt, mich vorzubereiten. Informiert zu sein. Über das Wetter. Über den Stundenplan. Über meine Aufgaben im Labor. Jetzt gerade wusste ich nichts mehr. Nicht einmal, wann ich das nächste Mal etwas essen würde.
    Mithilfe einer Karte, die Sam an einer Tankstelle gekauft hatte, fanden wir unseren Weg durch Whittier - eine Kleinstadt, deren ländlicher Charme perfekt für eine nostalgische Postkarte geeignet gewesen wäre. Ein großes Banner war über die Hauptstraße gespannt und kündigte das große Kürbisfest an, das am kommenden Wochenende stattfinden würde. Vogelscheuchen standen wie Wachpersonal vor den Geschäften.
    Das kleine Stadtzentrum verschwand hinter uns, während wir weiter und weiter nach Norden fuhren. Als wir auf der Straße angelangten, die auf dem Eigentumsnachweis eingetragen war, griff Sam nach dem Lautstärkeregler und brachte den Popsong zum Verstummen, der gerade im Radio lief. Stille breitete sich mit solcher Wucht im Wagen aus wie ein sich selbst aufblasendes Rettungsboot. Ich spielte nervös mit den Fingern. Was würden wir machen, wenn sich das Haus als Sackgasse entpuppte?
    Wir fuhren die lange Straße auf und ab, prüften die Hausnummern an den Briefkästen. Doch keine stimmte mit der auf dem Eigentumsnachweis überein. Irgendwann entdeckten wir einen grasüberwachsenen Weg, der in ein Waldstück führte. Er befand sich zwischen Nummer 2156 und 2223, also dort, wo die von uns gesuchte Hausnummer liegen musste.
    Sam bog in die Zufahrt ein und schon überprüfte Nick die Patronen in einer der Waffen. Cas und Trev folgten seinem Beispiel, sie waren perfekt aufeinander abgestimmt.
    Nach vielleicht anderthalb Kilometern erreichten wir eine Lichtung, in deren Mitte ein kleines Haus stand. Obwohl es auf den ersten Blick sehr baufällig wirkte und im Schatten der vielen Unwetterwolken lag, hatte das Häuschen etwas sehr Heimeliges an sich. Die Wände waren mit Schindeln versehen und zu einem perfekten Rotton verblichen. Ein paar verrostete Gartenstühle standen auf der schiefen Veranda, ein leerer Blumentopf verloren zwischen ihnen. Ein großer Ast hing von ihr hinunter auf die Erde, so als hätte ein Sturm ihn vor langer Zeit dorthin getragen und niemand sich die Mühe gemacht, ihn wegzuräumen.
    Die Fenster waren von einer feinen Staub- und Schmutzschicht bedeckt, dahinter war es dunkel. Das einzige Auto in der Nähe war unseres. Das Haus sah nicht nur verlassen aus, es fühlte sich sogar verlassen an. Einsamkeit hing in der Luft wie alter Zigarettenqualm, der nur darauf wartete, vertrieben zu werden.
    »Und jetzt?«, fragte ich. Es regnete unverändert, die Tropfen, die auf der Windschutzscheibe landeten, waren jedoch größer geworden und kamen in kürzeren Abständen.
    »Nick und Cas, ihr übernehmt die Rückseite«, sagte Sam. »Ich geh vorne rein. Trev, du bleibst hier bei Anna.«
    Ich wollte nicht untätig im Jeep sitzen, aber genauso wenig wollte ich das Haus durchsuchen. Weil ich befürchtete, dort mehr Hinweise auf meine Mutter

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