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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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meine Mutter, wie sie auf dem Feld hinter dem Farmhaus stand, der Wind spielte mit ihren Haaren und teilte das hohe Gras um sie herum. Sie rannte fort. Fort von mir.
    Wieso hat sie mich verlassen?
    »Anna?«
    Ich zuckte beim Klang von Sams Stimme zusammen. Ich hatte nicht mal gehört, dass er hereingekommen war. Manchmal schaltete das Zeichnen alle meine Sinne aus. Es war, als würde meine Hand von selbst malen.
    »Hey.« Ich winkelte meine Beine an und setzte mich darauf. »Was gibt's?«
    Während ich gezeichnet hatte, war die Sonne untergegangen und hatte den Wald hinter dem Haus in den verschiedensten Grautönen hinterlassen. Meine Hände waren ganz steif geworden, die Fingerspitzen taub von der Kälte, die sich durchs Fenster stahl.
    Sam setzte sich zu mir auf die Fensterbank, den Blick ins Zimmer gerichtet, seine Hände auf die Kante gestützt. Weil er erst mal nichts weiter sagte, versuchte ich zu erraten, wieso er hergekommen war.
    »Die ganze Nick-Sache von heute Morgen tut mir leid«, sagte ich. »Ich hätte ihn nicht anschreien sollen -«
    »Ich bin nicht hier, um über Nick zu sprechen.«
    Ich drückte mit dem Daumen auf den Radiergummi am Ende des Bleistifts. »Nein? Worüber dann?«
    »Weißt du, welche Medikamente dein Vater uns gegeben hat? Mit was wir behandelt worden sind? Dosierungen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Zu den Informationen hatte ich keinen Zugang. Ich war ja nur für die Tests und Protokolle zuständig. Warum?«
    Er seufzte und rieb sich die Augen. »Ach, kein bestimmter Grund. Es hätte mich einfach interessiert.«
    Er stand auf und ging. Ich ließ Moms Tagebuch fallen, rannte ihm nach und konnte ihn noch an der Tür einholen. »Sag es mir, Sam. Bitte.«
    Ich sah ihn aufmerksam an und bemerkte die dunklen Ringe unter seinen Augen, den leichten Schweißfilm auf seiner Stirn. »Du hast Entzugserscheinungen, oder?« Ich hob meine Hand und redete mir ein, dass ich nur fühlen wollte, ob er Fieber hatte, dabei wusste ich allzu gut, dass ich ihn berühren wollte, jetzt, da die Scheibe endlich weg war.
    Er erstarrte. Ich erstarrte.
    Nur weil ich ihn jetzt berühren konnte, hieß das ja noch lange nicht, dass es auch richtig war. Ich zog meine Hand zurück.
    »Wie geht's den anderen?«, fragte ich.
    »Kopfschmerzen. Kurze Flashbacks. Ich vermute, bei ihnen sind sie nicht so extrem wie bei mir. Noch nicht.«
    »Woran erinnern sie sich? Sind es Erinnerungen an die Sektion? Oder an die Zeit davor?«
    »Nein, nichts dergleichen.«
    Ich wollte nachfragen, woran denn dann? Doch Nicks Warnung, dass ich kein Recht darauf hatte, mehr zu erfahren, ließ mich innehalten. Es ging mich nichts an, und wenn mich die Jungs einweihen wollten, würden sie es tun, sobald sie von selbst dazu bereit waren.
    Ich stemmte die Hände in die Hüften, während ich laut überlegte. »Dass die Entzugserscheinungen bei dir schlimmer sind, kann eine Reihe von Gründen haben. Vielleicht hast du andere Mittel bekommen oder in höherer Dosierung. Vielleicht wirst du schon länger damit behandelt als die anderen.«
    Er nickte. »Mir würde es ja schon helfen, wenn ich wüsste, was die Medikamente bewirken sollten. Ich glaube nicht, dass sie unsere Leistungsfähigkeit steigern sollten, also unsere Stärke, Selbstheilungskräfte oder Sinne. Wir haben jeden Tag unsere eigenen Tests durchgeführt. All unsere besonderen Fähigkeiten hatten wir vom ersten Tag an und sie haben sich nicht verändert.«
    Etwas schepperte in der Küche. Einen Moment später rief Cas: »Alles in Ordnung! Nichts passiert!«
    »Du meinst also, ihr seid nur einmal genetisch verändert worden. Bevor ihr ins Farmhaus umgesiedelt wurdet«, sagte ich. »Weshalb die weitere Behandlung etwas anderes bewirkt haben muss?«
    In der ersten Nacht nach der Flucht aus dem Labor hatte er etwas ganz Ähnliches gesagt: Wenn du die ultimative Waffe entwickeln willst, sperrst du sie nicht fünf Jahre lang in einen Keller.
    Ein neuerliches Scheppern. Nun brüllte Nick: »Was ist denn da los, verdammt?«
    Sam ging an mir vorbei. »Ich sollte mal nach Cas sehen.«
    »Sagst du mir Bescheid, wenn du noch etwas entdeckst? Oder wenn sich noch weitere Symptome zeigen?«
    »Sicher«, rief er, während er schon die Treppe hinuntereilte.
    Ich krabbelte wieder unter die Wolldecke auf dem Fensterbrett und wünschte insgeheim, ich hätte mehr Informationen gesammelt, als das noch möglich war. Hätte ich mehr über die Behandlung gewusst, hätte ich ihm jetzt Antworten bieten können. Ach,

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