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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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zog an einem losen Faden, der aus der Bettdecke lugte. »Was hast du vor, wenn das alles hier vorbei ist?«
    »Wenn ich eine Wahl habe, meinst du?«
    »Ja, wenn du machen kannst, was du willst.«
    Er dachte über die Frage nach. »Ich würde gern nach New York City ziehen und Literatur studieren. Obwohl das vermutlich schwierig wird, so ganz ohne Zeugnisse und Ausweis.«
    Ich war so auf Sam fixiert gewesen und auf den Gedanken, wie mein Leben ohne ihn aussehen würde, dass ich gar nicht darüber nachgedacht hatte, wie es wohl wäre, auch Trev zu verlieren. Der Schmerz kam sofort und mit Nachdruck. »Du wirst mir fehlen.«
    Er winkte ab. »Ich gehe ja nicht weg. Ganz egal, wie gerne ich das auch tun würde.«
    »Na, komm schon. Irgendwann bist du frei. Versprichst du mir, dass du mich dann nicht vergisst?«
    Eine lange Pause entstand und ich rechnete schon gar nicht mehr mit einer Antwort. Seine Augen glänzten, als hätte ein unerwarteter Gedanke vergessene Gefühle heraufbeschworen. Doch er blinzelte, bevor ich ihn danach fragen konnte, und schon war verschwunden, was immer sich da gezeigt hatte. »Ich versprech's.«
    Ich ließ mich wieder auf den Rücken sinken. »Ich schätze, so würde sich das anfühlen, wenn wir normale Teenager wären, die zusammen auf der Schule waren und jetzt auf unterschiedliche Unis gehen.«
    »Vermutlich.«
    »Fällt dir dazu ein Zitat ein?«
    Er seufzte und schloss die Augen. »Nein, leider nicht.«
    *** 
    Am Morgen des vierten Tages nahm Sam mich mit nach draußen und gab mir eine der Glocks, die er den Agenten abgenommen hatte. Er wollte mir beibringen, wie man sie benutzte, für den Fall, dass wir getrennt wurden.
    Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht und ehrlich gesagt, wollte ich darüber auch lieber gar nicht nachdenken. Wenn Connor mich erwischen und dann versuchen würde, Informationen aus mir herauszuquetschen, würde es sicher nicht lange dauern, bis ich einbrach und plauderte. Prinzipiell war es bestimmt gut zu wissen, wie man mit einer Waffe umging, aber würde ich je den Mut aufbringen, sie auch wirklich zu benutzen? Ganz egal wie wenig ich Connor leiden konnte, umbringen könnte ich ihn sicher nicht. Wenn ich darüber nachdachte, konnte ich eigentlich niemanden umbringen. Noch immer nagten Schuldgefühle an mir, weil ich Sam dabei geholfen hatte, den Mann im Garten hinter dem Farmhaus zu töten.
    »Hast du je eine Pistole benutzt?«, fragte Sam. Er trug den alten Mantel, den er am Vortag in einem der Schränke gefunden hatte. Er passte ihm wie angegossen und hatte die Farbe von rindenlosem Holz. Je länger wir uns außerhalb des Labors befanden, desto mehr sah er aus wie ein normaler Mensch. Ich dachte nur noch selten daran, dass er mal Teil eines Experiments gewesen war. Noch dazu stand er unheimlich nah bei mir - so nah, dass es nach jedem seiner Atemzüge überall bei mir kribbelte.
    »Das ist das erste Mal, dass ich so ein Ding in der Hand halte«, antwortete ich. Sie war gar nicht so schwer, wie ich gedacht hatte.
    »Hier.« Er nahm mir die Waffe wieder ab und zeigte auf einen Knopf an der Seite. »Mit diesem Knopf entriegelst du das Magazin.« Er machte es vor und schon rutschte das Magazin aus dem Griff. »Das hier ist der Schlitten«, fuhr er fort und deutete auf den oberen Teil der Waffe. »Wenn du ihn zurückziehst, kannst du prüfen, ob die Pistole wirklich leer ist, oder die erste Patrone in den Lauf befördern. Weil es eine halbautomatische Waffe ist, musst du das aber nur einmal machen. Verstanden?«
    Nein. Aber das wollte ich natürlich nicht zugeben.
    Die Sonne strahlte über die Baumkronen und ich musste blinzeln, weil es so hell war. Ich stellte mich anders hin, sobald ich die Waffe und ein volles Magazin in den Händen hielt.
    »Steck das Magazin in die Waffe«, wies Sam mich an.
    Ich schob es in den Griff, bis ich ein Klicken hörte. Erst fummelte ich ein wenig unbeholfen an dem Schlitten, bekam es dann aber doch hin und eine Patrone landete im Lauf.
    »Und jetzt schieß.« Die Worte blieben in der spannungsgeladenen Luft hängen.
    Ich hielt die Pistole vor mich und drückte, ohne zu zögern, den Abzug. Ich wollte nicht so wirken, als hätte ich Angst davor. Der Rückstoß fuhr mir durch die Arme und brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich stellte mich gleich darauf aufrechter hin, um diesmal auf den Rückstoß vorbereitet zu sein, und feuerte noch einmal. Und noch einmal. Ich traf nichts, aber das war egal. Ich zielte ja auch auf nichts. Noch

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