ESCORTER (German Edition)
schlimmer werden als ihre Mutter es je sein würde. Unvermittelt löste er sich von ihr. Konnte ein Dämon Erregung empfinden? Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, ja.
»Beweis es mir«, forderte er erneut, ein abfälliges Grinsen im Gesicht, das nur eines sagte: Ich durchschaue dich!
Sie hielt den Atem an, wagte nicht, die Luft aus ihren Lungen zu entlassen aus Angst, sich endgültig zu verraten. Sie war nur ein Mädchen, das einen Dämonenfürsten täuschen wollte. Niemals konnte das gelingen. Seine Finger lösten sich von ihr und sie tat nichts, um es zu verhindern. Weder suchte sie Halt noch flehte sie ihn an, sie nicht fallenzulassen. Sie ließ es einfach geschehen, half sogar nach, indem sie die Arme hängen ließ und sich nach hinten lehnte. Wie in Zeitlupe stürzte sie in die Tiefe.
29
Doreé spürte einen Lufthauch, roch Gäaps wilden Geruch. Dunkelheit hüllte sie ein. Federgleich landete sie auf etwas Weichem und zugleich Festem. Es fing sie auf, hob sie bis über den Rand des Beckens.
Es dauerte einen Augenblick, bis ihr bewusst wurde, dass sie nicht in das Becken gestürzt war, dass Gäap sich verwandelt und sie mit seinen Schwingen aufgefangen hatte. Sie hielt die Augen geschlossen und bewegte sich nicht. Wärme floss durch ihren Körper und eine seltsame Kraft. Das Kribbeln auf ihrer Haut wurde fast unerträglich. Etwas in ihr erwachte. Sie spürte es. Eine Macht, die ihren Ursprung in ihrem Herzen nahm, breitete sich in ihr aus. Wie Lava floss sie durch ihre Adern. Ohne die Augen zu öffnen, wusste sie, dass sie schimmerte, heller als je zuvor.
Ein Rauschen und Knacken drang an ihr Ohr. Gäaps Hufe klapperten über den Stein, die Schwingen peitschten durch die Luft, erzeugten einen wahren Sturm. Doreé verstand. Ein letztes Mal noch wollte Gäap er selbst sein, wollte die Kraft seines mächtigen Leibes spüren, bevor er sich für viele Jahre nur noch über ihren Körper wahrnehmen konnte.
Bald sind wir eins .
Doch ihre Entscheidung stand fest. Sie wollte sich nicht mit ihm verbinden und sie würde es auch nicht. Nicht heute und auch nicht später. Niemals.
»Doreé. Tu es nicht!«
Die Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Das konnte nicht sein!
»David?« Seinen Namen laut auszusprechen, erschien ihr wie Blasphemie. Zaghaft öffnete sie die Augen. Er stand nur wenige Schritte von ihr entfernt und blickte sie flehend an. Alle Gefühle der Welt brachen über Doreé herein. Entsetzen, Wut, Verzweiflung, Liebe, Sehnsucht, Angst.
Gäap stieg empor, schlug mit den Vorderhufen nach dem Eindringling. Was willst du hier? Verschwinde!
Er sprach nicht laut, dennoch dröhnten seine Worte durch den Raum, hallten von den Wänden wider wie ein unendliches Echo.
David winkte sie zu sich. »Lass uns verschwinden. Schnell.«
Unschlüssig stand Doreé da, zwischen Gäap und David hin und her blickend. Was sollte sie jetzt tun? Gäap würde nicht zulassen, dass sie floh.
»David, wie kommst du hierher? Du musst gehen.«
Gäap schritt auf David zu. Mit einem Hieb seiner Schwingen riss er ihn von den Füßen.
»Nein«, schrie Doreé.
Gäap lachte höhnisch. Du elender Wicht. Was denkst du, wer du bist, einen Fürsten bezwingen zu wollen?
»Bitte, lass ihn in Ruhe«, flehte Doreé. »Ich tue, was du willst. Bitte.«
Gäaps Augen glühten vor Zorn. Aus seinen Nüstern strömte Hitze, die in der kalten Luft kondensierte.
Ich werde euch beide vernichten. Menschengesindel.
Er bäumte sich auf, riss die Vorderbeine hoch, um sie David in die Brust zu rammen. Doreé fixierte ihn mit ihrem Blick, konzentrierte sich auf die Kraft, die sie durchströmte. Der goldene Schimmer verdichtete sich, kribbelte auf ihrer Haut, als würden elektrische Impulse über ihren Körper gleiten. Während Gäap noch in die Luft stieg, begann er sich plötzlich zu verwandeln. Haut blitzte zwischen dem Fell hervor, die Schnauze verkürzte sich. Hinterläufe wurden zu Beinen. Gäap brüllte vor Zorn. Er wehrte sich, wollte sich nicht verwandeln, das war deutlich zu sehen. David nutzte die Gelegenheit und schob sich rückwärts aus der Gefahrenzone.
In menschlicher Gestalt fiel Gäap zu Boden. Wutentbrannt sprang er auf die Beine und funkelte Doreé an. »Was hast du mit mir gemacht? Verräterin!«
Ängstlich wich Doreé zurück. Sie hatte keine Erklärung für seine Verwandlung, wusste nur, dass es ihr Wille gewesen war. Mit geballten Fäusten kam er auf sie zu.
Reflexartig hob sie ihren Arm,
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