ESCORTER (German Edition)
Haut. »Du bist ja ganz rot, Desoderia«, sagte er und machte eine mitleidige Miene. »Soll ich das Licht ausschalten?«
Desoderia wollte aufbegehren, ertappte sich aber dabei, wie sie nickte. Ben Nuru gab dem Aufpasser ein Zeichen, woraufhin die UV-Röhren verlöschten. Nur ein leises Glimmen blieb zurück und das Summen in Desoderias Ohr. Zugleich tauchten die Deckenleuchten den Raum in bleiches Licht. Ben Nuru nahm die Brille ab, atmete tief ein und faltete die Hände vor der Brust wie ein Priester, der ihr die Beichte abnehmen wollte. »Und nun erzähl.«
»Was willst du wissen?«, fragte Desoderia.
»Zum Beispiel wann und wo deine Tochter den Escort empfangen soll, welche Ziele der Clan mit ihr verfolgt und wie ihr gedenkt, sie unter Kontrolle zu halten.«
Darauf würde sie nicht antworten, sie wusste das, und wenn er tatsächlich ein Escorter gewesen war, wusste er es auch. Er würde sie foltern, sie vielleicht sogar töten müssen, um ihr Informationen zu entlocken, doch höchstwahrscheinlich würde er selbst dann nur Flüche und Beschimpfungen zu hören bekommen. Sie grinste, was neue Schmerzen durch ihre verbrannten Wangen trieb. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir etwas verraten werde.«
Ben Nuru seufzte theatralisch. »Diese Antwort habe ich befürchtet. Schade. Hatte ich doch auf deine Kooperation gehofft. Gewalt liegt nicht in unserer Natur, wie du sicher weißt. Nachsicht und Vergebung sind unser Ziel. Wenn wir töten müssen, tun wir das normalerweise schnell und effizient. Doch wenn es sein muss …«, er beugte sich zu ihr hinab und sah ihr geradewegs in die Augen. Fast schwarze Augen, das Weiß mit winzigen, roten Adern durchzogen. Desoderia erkannte die alte Dunkelheit in ihm. Den Escort mochte er vertrieben haben, doch die Dunkelheit haftete an ihm wie Pech. Er musste einen wahrhaft mächtigen Dämon getragen haben. Warum hatte sie nie etwas von einem hochrangigen Abtrünnigen gehört? Hatten die Clanchefs tatsächlich Geheimnisse?
»Spiel hier nicht den Barmherzigen. Ich sehe genau, was du bist, auch wenn du versuchst, es zu verbergen«, stieß sie hervor. Er mochte so tun, als wäre er ein anderer geworden, doch das war eine Lüge. Er war ein Escorter wie sie, wenn auch ein Abtrünniger. Ben Nuru stützte die Arme links und rechts von ihr ab und grinste. »Gar nichts siehst du. Du bist genauso blind wie die anderen.«
»Welchen Escort hast du getragen? Einen Läufer? Einen Kämpfer?«, fuhr Desoderia unbeirrt fort. »Nein. Dafür hat er eine zu deutliche Spur in dir hinterlassen. Ein Seher war es, vielleicht sogar ein Manipulator, hab’ ich recht? Wissen die Gideonisten, wen sie in ihrer Mitte haben?«
Ben Nuru verengte die Augen zu Schlitzen. Ihre Worte behagten ihm nicht, das war deutlich zu sehen. »Du bist stark, hast einen unbeugsamen Willen, doch ich verspreche dir, Desoderia, noch bevor die Nacht vorüber ist, wirst du am Boden liegen und um Gnade winseln.« Ruckartig richtete er sich auf und stapfte zur Tür. »Schalt die Röhren wieder ein«, befahl er dem Aufpasser.
8
»Wie konntest du sie aus den Augen lassen? Was ist, wenn sie nicht zurückkommt? Was, wenn sie etwas gemerkt hat und verschwindet?« Viola stemmte die Arme in die Hüfte und blitzte David zornig an.
»Sie ist keine Gefangene«, erwiderte David nicht minder wütend. »Und sie hat ganz sicher nichts bemerkt.«
Viola schnaubte. »Ben Nuru hat sich auf deinen idiotischen Plan eingelassen, doch wenn du sie verlierst, tritt Plan A wieder in Kraft. So oder so, sie muss ihre verdammte Jungfräulichkeit verlieren, und zwar schnell. Als Gefäß taugt sie nur noch halb so viel, wenn das endlich geschafft ist. Vielleicht verliert der Manipulator das Interesse an ihr oder sie verrottet im Garten Eden bei dem vergeblichen Versuch, ihn zu finden.«
David verzog verächtlich den Mund. »Wie kannst du nur so herzlos sein? Du weißt genau, dass sie unter einem mächtigen Bann steht, der sie panisch werden lässt, sobald sie jemand berührt. Und vergiss nicht, dass sie ein ganz normales Mädchen ist und kein Escorter. Sie hat keine Ahnung was mit ihr geschehen soll.«
»Sie ist nicht normal. Ihr Vater ist ein Bote und ihre Mutter eine Escorterin. Selbst wenn der Clan sie nicht in die Finger bekommt, trägt sie ein mächtiges Erbe in sich. Und wenn es den Escortern gelingt, sie mit Gäap zu verbinden, wird sie auf dich und den Rest der Welt spucken.« David war einen halben Kopf größer als
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