ESCORTER (German Edition)
behauptete, sie sei fähig, sich mit einem Manipulator zu verbinden. Mehr noch, sie sei das Kind eines Boten, was diese Verbindung noch viel gefährlicher machen würde. Niemand wäre mehr in der Lage, sie zu kontrollieren, am allerwenigsten sie selbst. Du wirst verstehen, dass uns das beunruhigt. Keiner braucht ein zweites Drittes Reich oder gar das Ende der Welt, selbst die Escorter nicht.«
Einen Augenblick lang war Desoderia verwundert darüber, dass Philippe ihnen sogar von dem Manipulator erzählt hatte. Das Ausmaß seines Verrats schürte ihren Zorn und sie überlegte, dass sein Tod viel zu gnädig gewesen war. Sie hätte ihn leiden lassen sollen, in seinem eigenen Blut und Gedärm liegend, bis er qualvoll verendet wäre. Ihre Gedanken wanderten zu dem Manipulator, der den Ruf des Clans erhört hatte. Gäap. Ein uralter Dämon. Er kam aus einer Zeit, als die Erde nichts war als ein von Hominiden und riesigen Säugetieren bevölkerter Planet. Mit dem passenden Gefäß gepaart, einem wie Doreé, könnte er die Menschen begeistern, sie bezwingen und zu willenlosen Sklaven machen. Er könnte die Menschheit in den Abgrund reißen, wenn er es denn wirklich wollte.
»Was euch Sorgen bereitet oder nicht, ist mir scheißegal«, stieß Desoderia hervor. »Ebenso die Lügen, die der Verräter euch aufgetischt hat.«
Ben Nuru richtete sich seufzend auf, gab den Weg frei für das UV-Licht, das nun wieder in voller Stärke auf Desoderias Körper brannte. Feine Schweißperlen sammelten sich auf ihrer Stirn. Zärtlich tupfte Ben Nuru sie mit einem Taschentuch ab. »Also gut«, sagte er, »ich gebe dir eine halbe Stunde Zeit, um über mein Ansinnen nachzudenken. Um dir die Entscheidungsfindung zu erleichtern, werden wir das Licht anlassen.«
Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging davon. Viola und Kurt folgten ihm. Der Aufpasser verzog sich in den Schatten vor der Eingangstür und beobachtete sie schweigend durch seine Schutzbrille hindurch. Den Fingerhut hatte er in seinen Gürtel gesteckt. Desoderia sah die Spitze aus dem Leder blitzen. Sie kniff die Augen zu und versuchte, die Hitze und das Brennen ihrer Haut zu ignorieren. Schweiß rann über ihr Schlüsselbein und verfing sich im Ausschnitt ihrer Bluse. Die Sekunden flossen dahin, die Hitze lähmte ihr Denken. Der Escort versteckte sich tief in ihr. Durst brannte in ihrer Kehle. Wie lange würde sie durchhalten, bevor sie kollabierte?
Alle paar Minuten wendete sie ihren Kopf, damit ihre Gesichtshaut nicht verbrannte, doch das Brennen wurde bald unerträglich, egal zu welcher Seite sie ihr Gesicht drehte. Die Bluse klebte an ihrer verschwitzen Haut, ebenso die Hose. Sie dachte an den Clan und fragte sich, ob sie nach ihr suchen würden. War sie wichtig genug? Oder würden sie einfach nur Doreé holen und die Mutter ihrem Schicksal überlassen? Doch wer sollte das Mädchen auf seine Aufgabe vorbereiten, wenn es starb? Doreé war eine zurückhaltende junge Frau, eine verschrobene Einzelgängerin. Sicher würde sie nicht freiwillig mit ihnen kommen, egal was sie ihr erzählten. Hoffentlich konnte Ophelia helfen. Doreé vertraute ihr.
Der Aufpasser kicherte. Desoderia öffnete die Lider einen Spalt breit und betrachtete ihn. Er hatte sich zurückgelehnt und lässig einen Arm über die Stuhllehne gelegt. »Schön warm, was?«, spottete er.
»Fick dich, du Wichser«, zischte Desoderia. Es tat gut, zu fluchen, es lenkte sie von ihren Schmerzen ab. Gerade weil sie nicht so aussah wie ein Mensch, der Schimpfworte in den Mund nahm, liebte sie es. Fick dich würden ihre letzten Worte sein, hatte Philippe prophezeit und angesichts der Lage, in der sie sich befand, war das nicht einmal abwegig. Der Escort machte sie stärker, schneller und kräftiger als einen gewöhnlichen Menschen, doch würde sie trotzdem nicht ewig durchhalten. Sie spürte bereits einen leichten Schwindel und in ihren Ohren summte es. Da ihre Wange brannte, schloss sie die Augen und drehte ihren Kopf zur Wand. Die Minuten krochen dahin.
»Hast du dich entschieden?« Die Stimme schreckte sie auf. Durch das Summen im Ohr hatte sie Ben Nuru nicht kommen gehört. Sie wandte sich ihm zu und öffnete die Augen, gerade genug, um seine Umrisse zu erkennen. Er war allein. Wie zuvor trug er die Schutzbrille und wieder beugte er sich über sie, gewährte ihr einen kurzen Moment erholsamen Schattens. Langsam hob er die Hand und strich über ihre Wange. Seine Berührung brannte und stach auf ihrer geschundenen
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