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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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als ich die Teilnehmerliste in die
Hand bekam«, drang Dieters Stimme gepresst hinter seinen Handflächen hervor.
    »Er
wollte die Reise auf der Stelle stornieren«, sagte Antje und fügte, wie um
Verständnis bittend, hinzu: »Tatsachen zu akzeptieren ist eine Sache, Emotionen
auszulöschen eine andere. Deshalb konnte sich Dieter im ersten Augenblick nicht
vorstellen, mit den Stolzers zu verreisen.« Sie streichelte Dieters Arm, der
endlich die Hände vom Gesicht nahm. »Zum Glück ist uns die Teilnehmerliste so
frühzeitig zugeschickt worden, dass es mit dem Stornieren keine so große Eile
hatte. Und nach und nach hat sich Dieter auf die Begegnung eingestellt.« Sie
warf ihrem Mann einen anerkennenden Blick zu. »Er hat nicht mit der Wimper
gezuckt, als ihm Martha und Gisela vorgestellt wurden.«
    »Gisela?«,
wiederholte Fanni fragend.
    »Ich
kannte doch nur den Namen ›Stolzer‹«, antwortete Dieter. »Willi Stolzer stand
damals mitsamt Adresse als Führer der Gruppe im Hüttenbuch.«
    Einleuchtend,
dachte Fanni, Willi hat sich ja immer als Verantwortlicher eingetragen.
    »Und
aus dem Kutscher bekam ich heraus, dass ihn zwei Frauen aus Stolzers Gruppe
beschwatzt hatten«, fuhr Dieter fort. »Ihre Namen wusste er natürlich nicht.
Aber als ich dann in der Teilnehmerliste ›Martha und Gisela Stolzer‹ las,
dachte ich, das müssten die beiden sein.«
    »Du
dachtest, Gisela …« Fannis Stimme versandete.
    Das
änderte alles. Dieter konnte wohl kaum hinter den Anschlägen auf ihr Leben
stecken, wenn er bis vor ein paar Minuten nicht sie, sondern Gisela für
mitschuldig am Tod seiner Schwester gehalten hatte.
    »Dieter
hat Martha nicht angerührt«, sagte Antje entschieden. »Er nicht.«
    Fanni
schreckte hoch. »Ihr glaubt, dass Marthas Tod kein Unfall war?«
    Die
Horns sahen sich abwägend an, dann entschloss sich Dieter zu antworten.
»Seltsam erschien uns die Sache von Anfang an. Aber ursprünglich haben wir es
uns so erklärt, dass Martha den Männern, die vor dem Hotel Kisten abgeladen
haben, in die Quere kam und dabei versehentlich gestoßen wurde. Als dir dann
freilich ein Unglück nach dem andern zustieß, Fanni, hat uns das zu denken
gegeben.«
    Fanni
lachte trocken. »Ihr meint also auch, dass mir jemand ans Leder will?«
    Sie
bekam ein Nicken als Antwort.
    Da
fragte Sprudel: »Habt ihr irgendwelche Beobachtungen gemacht, die uns
weiterhelfen könnten – die dazu beitragen könnten, denjenigen ausfindig zu
machen, der hinter all dem steckt?«
    »Es
ist eine Frau«, sagte Dieter überzeugt.
    Sprudel
sah ihn erstaunt an.
    »Schuhsohlen
mit einem Gleitspray einzusprühen, das ist eindeutig weibliche Handschrift«,
erklärte Dieter.
    »Woher
wisst ihr denn …«, begann Fanni.
    Dieter
ließ sie gar nicht ausreden. »Ich hatte ja zugesehen, wie du in dem Restaurant
in Marrakesch über den Marmorboden geschlittert bist. Antje und ich und noch
ein paar andere haben gerade das Entree verlassen, als du am anderen Ende des
Flurs auf die Treppe zugehalten hast. Mir ist das recht komisch vorgekommen,
deshalb habe ich nach deinem Sturz einen Blick auf deine Sohlen geworfen. Na
ja, eigentlich hatte ich erwartet, irgendeine Schmiere zu sehen, in die du
getreten warst – Eiercreme oder so. Aber die Sohlen waren blitzblank und
haben geglänzt wie frisch gewienert, da habe ich mich gefragt …«
    Jetzt
unterbrach Fanni ihn. »Hast du auch beobachtet, wer hinter mir stand, als ich
auf dem Treppenabsatz war?«
    Dieter
schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich hatte mich gerade zu Hubert umgedreht, weil
der am Verschluss von meinem Rucksack herumzerrte und wieder einmal einen
seiner blöden Witze zum Besten gab.«
    »Ihr
seid zusammen in Regen stationiert gewesen«, warf Sprudel ein.
    Dieter
bejahte. »Aber da hat sich Hubert noch einigermaßen vernünftig verhalten –
soviel ich weiß jedenfalls.« Versonnen fügte er nach einer kleinen Pause hinzu:
»Wie er nur derart kindisch werden konnte?«
    Antje
brachte das Gespräch wieder zu den Anschlägen auf Fanni zurück. »Mag ja sein,
dass Dieter recht hat, wenn er sagt, die Sache mit den Schuhsohlen sieht ganz
nach weiblicher Handschrift aus. Aber was ist mit dem Angriff in Marrakesch
oder mit dem Messerstich in die Flanke des Mulis?«
    Dieter
hob die Schultern. »Antje und ich haben darüber schon ein paarmal diskutiert,
und ich muss zugeben, es ist kaum zu glauben, dass eine Frau allein es wagen
sollte, in einer dunklen Gasse ein Paar zu überfallen. Obwohl …«

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