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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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stellte Sprudel fest.
    »Nein …
ja … nein«, antwortete Fanni und begann zu erklären: »Natürlich war –
bin – ich darüber im Bilde, dass Hans ein Patenkind hat. Aber ich bin kein
einziges Mal mit dem Mädel zusammengekommen. Hans hat sie nie mit zu uns
gebracht, und wenn er einen Besuch bei ihr machen wollte, hat er nicht gefragt,
ob ich mitkomme.« Sie warf Sprudel einen etwas beschämten Blick zu. »Du kannst
dir ja wohl denken, dass es mir sehr recht war, so wie Hans das handhabte. Ich
hatte es schon in jungen Jahren nicht so mit Höflichkeitsbesuchen. Und damals,
als Hans Patenonkel wurde, sind Leni und Leo noch Säuglinge gewesen. Das war
eine schwierige Zeit für mich.«
    Sprudel
nahm ihre Hand in die seine. Er wusste inzwischen ganz genau, wie schwierig es
damals gewesen war. Fanni hatte ihm eines Abends ihr großes Geheimnis verraten
und ihm gestanden, dass nicht Hans Rot der leibliche Vater von Leni und Leo
war. Sprudel hatte daraufhin so befriedigt genickt, als wäre endlich eine
Ungereimtheit geklärt.
    »Ich
habe allerdings immer die Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke für sein
Patenkind besorgt«, fuhr Fanni fort. »Nur deswegen weiß ich, dass es sich um
ein Mädchen handelt, ihren Namen hat Hans nämlich nie erwähnt. Er nannte sie
immer nur ›das Bogenbergkind‹.«
    »Melanies
Mutter scheint der Überzeugung zu sein, dass du dich gegen den Kontakt mit
ihrer Tochter gesträubt hast«, sagte Sprudel.
    »Kann
es sein, dass mich Melanie dafür hasst?«, fragte Fanni grüblerisch. »Hasst sie
mich mehr, als mich Dieter Horn hasst, dessen Schwester durch meine Schuld ums
Leben kam?«
    Sprudel
seufzte tief.
    Mit
Recht, mit vollem Recht! Sprudel täte wohl gut daran, einen Therapeuten
hinzuzuziehen, der ihm dabei hilft, Fanni Rot eine nüchterne, realistische
Sicht auf diese weit in der Vergangenheit liegenden Geschehnisse zu vermitteln!
    Mehr
oder weniger gut schaffte Sprudel das auch allein, brauchte jedoch einige Zeit
dazu.
    Letztendlich
sah Fanni zumindest ein, dass selbst ein gewisses Maß an Fehlverhalten
ihrerseits weder Melanie noch Dieter Horn dazu berechtigte, sie zu ermorden.
    Sie
stand entschlossen auf. »Wir reden als Erstes mit Dieter. Über das, was damals
geschehen ist, muss gesprochen werden – so oder so. Und dabei sehen wir
ja, wie er sich verhält.«
    Sprudel
nickte. »Wir klopfen einfach an die Zimmertür der Horns und bitten sie, sich
noch vor dem Abendessen mit uns im Innenhof zu treffen.«
    »Warum
sprichst du mich erst heute darauf an?«, fragte Dieter.
    Fanni
erklärte es ihm.
    Sie
hatten in einer Ecke des Innenhofs auf Korbstühlen Platz genommen, die um einen
kleinen, runden Tisch herumstanden, dessen Oberfläche aus winzigen
Mosaiksteinchen zusammengesetzt war.
    »Du
hattest also bis heute Nachmittag nicht die geringste Ahnung«, stellte Dieter
fest.
    Fanni
nickte unglücklich.
    »Und
Martha, die alles wusste, hat sich nicht erinnert«, fügte er nach einer Pause
leise hinzu.
    Am
Tisch breitete sich Schweigen aus.
    Schließlich
sagte Antje: »Es war geradezu gespenstisch, Fanni. Dieter und ich saßen am
Panoramafenster in diesem Hotel in Marrakesch und haben von Martha gesprochen.
Dieter war ziemlich aufgebracht …«
    »Ich
habe es nicht fassen können«, fiel er ihr ins Wort. »Martha kannte meinen Namen
von der Teilnehmerliste, hatte ihn in den vergangenen Tagen mehrmals gehört,
und bei der Ankunft im Hotel hat sie sich sogar eine ganze Weile mit mir
unterhalten. Bloß erinnert hat sie sich nicht.«
    Als
er verstummte, fuhr Antje fort: »An dem Morgen im Hotelcafé habe ich Dieter
zugeredet, mit Martha reinen Tisch zu machen. ›Sprich sie drauf an‹, habe ich
gesagt. ›Mach ihr meinetwegen Vorhaltungen, aber schaff die Sache jetzt
endgültig aus der Welt.‹ Eine Minute später war Martha tot.«
    Fanni
schluckte. »Aber ihr habt nicht gesehen, wie sie …?«
    Die
Horns schüttelten den Kopf.
    »Wir
waren zu diesem Zeitpunkt völlig auf unser Gespräch fixiert«, antwortete Antje.
»Und hatte ich dir nicht schon erzählt, dass für uns die Unglücksstelle gar
nicht einsehbar gewesen ist?«
    »Gibst
du nach wie vor Martha und Fanni die Schuld am Tod deiner Schwester?«, fragte
Sprudel an Dieter gewandt.
    Der
verbarg das Gesicht in den Handflächen und rieb sich mit den Fingerspitzen über
die Stirn.
    Antje
legte ihre Hand auf den Arm ihres Mannes. »Er hat längst eingesehen, dass es
falsch ist.«
    »Trotzdem
sprang mir der Name Stolzer sofort ins Auge,

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