Eselsmilch
steinigen Acker hin abgrenzte, hockte
Otto.
Also
gut, dachte Fanni, wenn ich im Moment schon nicht an Melanie herankomme, dann
rede ich halt mit Otto.
Mal
sehen, was er sagt! Womöglich hat ja auch er sich ein paar Gedanken zu den
Missgeschicken gemacht, die Fanni Rot in letzter Zeit so beharrlich heimsuchen!
Fanni
setzte sich neben ihn.
Otto
schwieg und kaute auf einem Halm.
Es
gäbe ja wirklich angenehmere Zeitvertreibe, dachte Fanni, als eine Unterhaltung
mit diesem Stoffel, den ich von Tag zu Tag weniger ausstehen kann. Ob ich ihn
wohl auch schon auf dem Gymnasium so schrecklich fand?
Immer
wieder hatte sie sich in den letzten Tagen daran zu erinnern versucht, ob sie
jemals näheren Kontakt zu einem der Burschen aus den unteren Jahrgängen des
Zwieseler Gymnasiums gehabt hatte. Es war ihr nichts eingefallen, immerhin lag
ihre Schulzeit schon etliche Jahrzehnte zurück. Und sollte Otto damals schon so
ein Ekel gewesen sein und sie jemals mit ihm zu tun gehabt haben, dann hatte
sie es vermutlich einfach verdrängt.
Außerdem
kannst du auch gleich zugeben, dass du das längst fällige Gespräch mit Otto
Brügge entschlusslos vor dir hergeschoben hast. Wie willst du auf solche Weise
Recherchen anstellen, Fanni Rot?
»Das
blonde Gift«, murmelte Otto plötzlich.
Fanni
sah ihn verdattert an.
»So
haben wir dich genannt«, klärte er sie auf. »Damals am Gymnasium in Zwiesel.«
Fanni
schluckte. Otto hatte also im Gegensatz zu ihr nicht vergessen, dass sie vor
ewigen Zeiten dieselbe Schule besucht hatten. »Das blonde Gift!« Hatte sie ihm
damals, ohne es zu wissen, einen Grund gegeben, sie zu hassen?
Was
nicht alles ans Tageslicht kommt, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt und über
den eigenen Schatten springt!
Es
ist ein Fehler gewesen, dachte Fanni, ein grober Fehler, Lenis Information über
Otto Brügge so wenig Bedeutung beizumessen.
Zumal
er sich oft genug verdächtig gemacht hat!
Ja,
gab Fanni zu. Ich hätte schon viel früher auf ihn zugehen müssen. Aber noch ist
es nicht zu spät.
»Du
erinnerst dich nicht an mich, stimmt’s?«, sagte Otto spöttisch. »An keinen von
uns Fanni-Fans erinnerst du dich, nehme ich an. Wir waren ja bloß die lästigen
kleinen Buben aus den unteren Klassen – zwei Jahrgangsstufen tiefer. Die
aus der Abiturklasse haben uns wie Luft behandelt – allen voran die fesche
Fanni«, schloss er bitter.
Trägt
dir dieser ungehobelte Kerl etwa bis heute nach, dass du dich mit achtzehn
nicht für ihn interessiert hast?
Offensichtlich,
dachte Fanni.
Otto
Brügges Stimme klang höhnisch. »Fanni Böhm, zierlich, blond, blauäugig und die
Nase ganz weit oben. Wir Idioten haben sie ein ganzes Jahr lang angehimmelt.«
Sprudel,
der sich neben Fanni niedergelassen hatte, gab ein ärgerliches Brummen von
sich.
Fanni
warf ihm einen warnenden Blick zu.
Soll
Otto nur ruhig beleidigend werden, dachte sie. Soll er sich doch in Rage reden.
Vielleicht lässt er dabei etwas entschlüpfen, das er lieber für sich behalten
möchte.
»Wie
schade«, sagte sie provozierend, »dass ich damals von der Existenz meines
Fanclubs so gar nichts mitbekommen habe. Ich wäre irrsinnig stolz drauf
gewesen.«
Otto
lachte gehässig. »Du warst auch so stolz genug. Hast kein Fünkchen
Freundlichkeit übrig gehabt fürs Fußvolk.« Er schaute sie verschlagen an. »Hast
du eigentlich den Macker, der dich damals jeden Tag von der Schule abgeholt
hat, später geheiratet?«
»Hans
Rot? Ja«, antwortete Fanni. »Viel später.«
Was
dazwischen geschehen war, hatte Otto nicht zu interessieren.
Es
wurde für ein paar Augenblicke still.
Warum
packst du nicht einfach den Stier bei den Hörnern?
Das
werde ich, dachte Fanni.
»Und
jetzt, nach all den Jahren«, sagte sie herausfordernd, »hast du dich –
weil die Gelegenheit gerade so günstig ist – entschlossen, es mir
heimzuzahlen. Du hast uns in Marrakesch aufgelauert, um mir eins zu verpassen.
Tags darauf wolltest du mich im Restaurant die Treppe hinunterstürzen lassen,
und auf dem Zeltplatz am Toubkal hast du das Muli auf mich gehetzt.«
Otto
lachte laut, anhaltend und hämisch. »Da irrst du dich, kleine Fanni. Da muss es
noch einen anderen geben, den du gegen dich aufgebracht hast. Obwohl ich
zugeben muss, dass es mir eine gewisse Befriedigung verschafft hat, dich so in
Kalamitäten zu sehen.«
Fanni
blickte ihn eisig an. »Und wer, glaubst du, gibt was auf deine Beteuerungen,
solange du nicht den kleinsten Beweis für deine Unschuld
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