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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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sie: »Und du? Wie siehst du die … ganze Sache?«
    Melanie
lächelte ihr zu. »Ich bin dir dankbar. Deshalb habe ich auch versucht, auf dich
aufzupassen, sobald mir klar war, dass dir jemand übelwill.«
    Fanni
starrte sie mit offenem Mund an.
    Melanie
tätschelte ihr den Arm. »Schau, Fanni, ich bin am Bogenberg geboren und in
Bogen zur Schule gegangen. Da hatte ich meine Freunde, mein Zuhause. Als Kind
war ich immer froh darüber, dass es eine Fanni Rot gab, die angeblich
verhindert hat, dass ich ganze Nachmittage bei einer fremden Familie in
Erlenweiler verbringen musste.«
    Sie
kickte einen Stein in den Bach. »Mit der Zeit ist mir dann aufgegangen, wie es
sich wirklich verhielt. Meine Mutter wollte Hans Rot an sich binden, notfalls
mitsamt seinem Anhang. Aber er hat sich dagegen gesträubt, nicht Fanni Rot und auch sonst
niemand. Hans hat seine Pflicht gegenüber dem Patenkind erfüllt, mehr nicht. Er
war immer freundlich, aber er hat zu mir keine engere Beziehung aufgebaut als
zu dem Stuhl, auf dem er bei seinen Besuchen saß.«
    Sie
sah Fanni schelmisch an. »Die Frage war allerdings, wie er es schaffte, mir zum
Geburtstag und zu Weihnachten immer Dinge mitzubringen, die ich mir sehnlichst
gewünscht hatte. Wie kam Hans Rot beispielsweise darauf, mir eine Barbiepuppe
mit Rollschuhen zu schenken?«
    Fanni
erinnerte sich daran, dass sie die Puppe damals für Melanie gekauft hatte, weil
Vera und ihre Freundinnen so dafür schwärmten.
    »Eigentlich
weiß ich gar nicht, warum, aber ich schrieb die Geschenke jener geheimnisvollen
Fanni Rot zu – und hatte recht, oder?«, sagte Melanie.
    Fanni
brachte bloß wieder ein Nicken zustande. Welch eine Konfusion.
    Sapperlot,
was wie ein Rachemotiv aussah, entpuppt sich als lautere Dankbarkeit!
    Falls
uns Melanie nicht meisterhaft etwas vorspielt, dachte Fanni zweiflerisch.
    »Du
warst also deshalb so oft in unserer Nähe, weil du Fanni beschützen wolltest?«,
fragte Sprudel ungläubig.
    »Ja«,
antwortete Melanie ernst, begann jedoch gleich darauf zu schmunzeln. »Ich
konnte doch meine Wohltäterin nicht ins Verderben laufen lassen, die Frau, die
mir diese Reise ermöglicht hat.«
    Sprudel
und auch Fanni blieben stehen und schauten Melanie verdattert an.
    Die
nahm sie beide an der Hand und zog sie weiter. »Du weißt ja selbst am besten«,
sagte sie zu Fanni, »dass irgendwann Schluss war mit den Barbiepuppen und den Legovillen.
Ab meinem fünfzehnten Geburtstag gab es nur noch Kleinigkeiten: ein Buch, einen
bunten Schal, eine hübsche Tasse. Aber immer war ein Kuvert mit einer netten
Karte dabei, und das Kuvert war großzügig bestückt. Ich habe Jahr für Jahr den
Rat befolgt, der die jeweiligen Glückwünsche begleitet hat, und nie den ganzen
Betrag ausgegeben, sondern einen Teil davon gespart – für ein ganz großes
Geschenk. Als vergangenes Jahr meine Ehe in die Brüche ging und ich vor einem
Haufen Scherben stand, habe ich mir gesagt: Melanie, da musst du jetzt durch.
Und wenn du wieder ein bisschen Boden unter den Füßen hast, dann bekommst du
das große Fanni-Rot-Geschenk.«
    Sie
waren inzwischen – als Letzte – bei der Brücke angelangt, wo sie der
Bus wieder abholen sollte. Sogar Elke hatte sie kurz vor dem Ziel noch
überholt.
    Hubert
eilte ihnen entgegen. »Der Bus steckt fest. Hassan sagt, bei Straßenbauarbeiten
ist ein Bagger umgekippt. Es wird eine Weile dauern, bis die Strecke wieder fei
ist. Rechnet mal lieber mit ein paar Stündchen.« Er deutete auf das an dieser
Stelle fast ausgetrocknete Bachbett, wo Dora, die Horns, Gisela, Olga und Bernd
auf flachen, glatt gespülten Steinen saßen. »Olga hat eine ganze Tüte voll
Datteln gesammelt – zuckersüß und weich wie …« Er flüsterte Sprudel
grinsend etwas ins Ohr, der jedoch keine Miene verzog.
    »Wir
laufen lieber noch ein Stück«, antwortete er stattdessen abweisend und schien
mit »wir« nicht nur Fanni, sondern auch Melanie zu meinen. Die stiefelte
bereits voran.
    Doch
Fanni war nun fest entschlossen, bei der Suche nach dem Motiv für die Anschläge
auf sie keine Zeit mehr zu vergeuden und jedem kleinen Hinweis nachzugehen.
    Sie
grinste Hubert verschmitzt an. »Ein frisches Lüftchen hat mir neulich
geflüstert, dass ihr bis vor Kurzem in Deggendorf gewohnt habt. Ich hatte ja
vom ersten Augenblick an das Gefühl, dass ich mit Dora schon einmal
zusammengetroffen bin. Jetzt ist mir klar, wieso.«
    Bevor
Hubert etwas sagen konnte, trat Dora heran, die offenbar alles gehört

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