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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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könnten zum Hafen fahren, schlägt Eskandar vor. Ich will die Schiffe der Farangi sehen, in die das iranische Erdöl verladen und dann durch den Persischen Golf in die Welt hinausgefahren wird. Und ich will mir den Hafen ansehen, sagt er. Diesmal hatten wir großes Glück, und der Zufall hat uns geholfen, auf einen Schlag genügend Waren für den Verkauf zu finden. Aber das nächste Mal werden wir zu den Schiffen gehen und dort unsere Waren kaufen müssen.
    Allerdings hatte Eskandar-Agha sich sowohl den Hafen als auch die Schiffe vollkommen anders vorgestellt. Er dachte, die Waren würden ausgeladen, jeder könnte sie sich an Ort und Stelle ansehen, das eine oder andere aussuchen, es bezahlen und gehen. Aber schon die Größe der Schiffe übertrifft alles, was er sich jemals ausgemalt hatte.
    Trotzdem gefällt Eskandar-Agha und Aftab-Khanum das Treiben am Hafen. Jungen und Männer schleppen alle möglichen Kisten und Pakete auf dem Rücken. Andere balancieren Bündel und Körbe mit Fisch, Gemüse, Obst, Eimer mit gekühltem Wasser, das sie becherweise verkaufen. Entlang der Anlegestelle haben Händler Kohlepfannen aufgestellt und bieten gegrilltes Lammfleisch, Fischspieße, Brot, Reis, Fischsud, gegrillte Tomaten und Mais an.
    Lassen Sie uns in das Farangi-Kaffeehaus gehen und einen frischen Granatapfelsaft trinken, schlägt Eskandar vor. Das wird uns guttun.
    Granatapfelsaft können wir überall trinken sagt Aftab-Khanum, auch in unserem eigenen Haus. Lassen Sie uns ein Farangi-Getränk kaufen, bittet sie. Und obwohl sie sich im Kaffeehaus sichtlich unwohl fühlt, bleibt sie. Zwar mit gesenktem Haupt, aber sie lächelt.
    Die Farangi-Frauen sitzen zusammen mit Männern und unterhalten sich in aller Öffentlichkeit, flüstert Aftab-Khanum. Sie benehmen sich, als wären sie in ihren Privaträumen. Sehen Sie, flüstert sie. Haben Sie gesehen? Gerade hat die Madam die Hand von dem Agha berührt, und zwar mit voller Absicht.
    Eine der Farangi-Frauen bemerkt Aftab-Khanum und macht die anderen auf sie aufmerksam, und alle sehen neugierig zu ihr hinüber und tuscheln.
    Sie sind es nicht gewöhnt, eine persische Frau in der Öffentlichkeit und schon gar nicht in einem Kaffeehaus zu sehen, klärt Eskandar seine Frau auf.
    Also bin ich nicht die Einzige, die etwas Neues dazulernen muss, sagt Aftab-Khanum noch immer lächelnd und versucht so aufrecht wie möglich zu sitzen, um selbstbewusster zu wirken. Der einzige Ort, an dem ich bisher die nackte Haut von anderen Frauen gesehen habe, ist nämlich das Hamman, flüstert sie. Ich schäme mich. Die Augen ihrer Männer sehen ihre eigenen halbnackten Frauen, dann schauen sie mich an und werden sich vorstellen, wie mein Körper, meine Haut und mein Haar unter dem Schleier und Kopftuch wohl aussehen mögen. Ich wünschte, ich hätte mein Gesichtstuch dabei.
    Glauben Sie mir, sagt Eskandar-Agha, hat allerdings selbst die größten Zweifel an dem, was er sagt, diese Männer haben alles, was sie sich wünschen. Mit ihrem Geld kaufen sie sich jede Frau und jedes Mädchen, das sie haben möchten. Sie haben es doch mit eigenen Augen gesehen, waggonweise lassen sie sich Frauen kommen.
    Auch wenn ich noch nicht viel gesehen habe, weil es mir als Frau nicht vergönnt ist, in die Welt hinauszugehen, kann ich doch unterscheiden zwischen einem lüsternen Blick und einem interessierten oder neugierigen. Aftab-Khanum hält sich die Hand vor den Mund, während sie spricht. Aber wie Sie selbst stets sagen, die Zeiten und die Welt ändern sich, und mit ihnen sollten auch wir uns ändern. Also werde ich mich fügen, meine Scheu und Scham überwinden und versuchen, von diesen Frauen zu lernen.
    Eskandar-Agha hört endlich auf, das gelbe, offene Haar, die nackten Arme und Beine der Farangi-Frauen anzustarren. Von ihnen zu lernen?, wiederholt er, sieht seine Aftab-Khanum an und stellt fest, dass er schon lange nicht mehr bemerkt hat, wie aufregend ihre Schönheit ist. Ihre Mandelaugen funkeln, mit ihrem dunklen Teint und den vollen Lippen wirkt sie sinnlich, und nun wünscht auch er sich, sie hätte ihr Gesichtstuch dabei.
    Hier ist Ihr Getränk, sagt der Kellner herablassend und stellt eine Flasche vor Aftab-Khanum.
    Als das gelbe, schäumende Getränk ihre Kehle hinabrinnt, kichert Aftab-Khanum. Es ist etwas bitter, schwärmt sie, aber es schmeckt herrlich. Es erfrischt nicht nur Mund und Nase, sondern auch den Geist und macht gute Laune.
    Das zweite Getränk bringt der Kellner auf Wunsch mit einem

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